Ingolstadt
"Die Beschäftigung ist sicher"

Audi-Betriebsratschef Peter Mosch über den VW-Abgas-Skandal und die Folgen für die Arbeitnehmer

01.10.2015 | Stand 14.07.2016, 20:20 Uhr

Audi-Betriebsratschef Peter Mosch macht sich für eine rasche Aufklärung des Abgas-Skandals stark. Arbeitsplätze und finanzielle Folgen für die Beschäftigten sieht er gegenwärtig nicht - Foto: Hofsommer/Audi

Ingolstadt (DK) Die Affäre um manipulierte Abgas-Messwerte erschüttert VW. Auf den Konzern und seine Tochterfirmen kommen milliardenschwere Belastungen zu. Viele Beschäftigte bangen bereits um ihre Arbeitsplätze. Peter Mosch, Vorsitzender des Gesamtbetriebsrates der Audi AG sowie Aufsichtsratsmitglied bei VW, Audi und Porsche, fordert eine umfassende Aufklärung des Skandals, sieht aber die Jobs bei Audi derzeit nicht in Gefahr.

 

Herr Mosch, fühlen Sie als VW-Aufsichtsrat sich wie viele Kunden eigentlich auch von ihrem Unternehmen betrogen?

Peter Mosch: Ich kann mich nicht vom Unternehmen betrogen fühlen, weil es einige wenige waren, und nicht der ganze Konzern. Ich bin aber fest davon überzeugt, dass der Sachverhalt jetzt sauber aufgeklärt wird und Transparenz geschaffen werden muss, was passiert ist. Gerade die Arbeitnehmerseite hat sich dafür stark gemacht, dass der Sachverhalt schnell und konsequent aufgeklärt wird. Es ist für mich ganz wichtig, dass wir jetzt offen an die Aufklärung herangehen. Wir werden als Betriebsrat alles dafür tun.

 

Nun ermitteln bereits Staatsanwälte. Sehen Sie sich und ihre Kollegen in den Aufsichtsgremien vielleicht auch bald im Visier der Ermittlungsbehörden?

Mosch: Das sehe ich nicht so. Wir haben unsere Pflichten und Aufgaben erfüllt.

 

Die Affäre wird massive finanzielle Auswirkungen auf den VW-Konzern und seine Töchter haben. Was wird dabei auf die Beschäftigten – insbesondere hier bei Audi – zukommen?

Mosch: Derzeit sehe ich keine Auswirkungen auf die Beschäftigung. Die darf es auch nicht geben. Es kann doch nicht sein, dass dieser Vorfall auf dem Rücken der Arbeitnehmer ausgetragen wird. Wir als Audi-Betriebsrat haben daher ganz klar vom Unternehmen gefordert, dass die Beschäftigung sicher sein muss. Ich sehe auch keinen Anlass, daran zu zweifeln. Wenn wir nach vorne schauen – wir sind ja bei Audi dabei, eine neue Modellpalette auszurollen – blicken wir sehr zuversichtlich in die Zukunft. Deswegen können die Beschäftigten zuversichtlich nach vorne schauen.

 

Sie haben gegenüber dem Vorstand bereits deutlich gemacht, dass der Skandal „keine Auswirkungen auf die Beschäftigung“ haben darf. Sind Sie sich absolut sicher, dass die Sache letzten Endes nicht doch Jobs kosten wird?

Mosch: Nach den heutigen Erkenntnissen gehe ich davon aus, dass die Beschäftigung bei Audi auch in Zukunft sicher sein wird.

 

Die VW-Finanzsparte hat bereits einen Einstellungsstopp verfügt. In Salzgitter wird jetzt eine Sonderschicht nicht gefahren. Wie sieht das hier bei Audi aus – ist auch ein Einstellungsstopp in Sicht?

Mosch: Nein. Wie gesagt: beschäftigungsmäßig wird das aktuell keine Auswirkungen haben. Wir sind mitten im Hochlauf unseres neuen Modells, des neuen Audi A 4. Der muss zum Kunden. Deswegen haben wir alle Hände voll zu tun.

 

Es waren bei Audi in diesem Jahr um die 3000 bis 4000 Neueinstellungen geplant. Die werden demnach auch so kommen?

Mosch: Aus heutiger Sicht wird der Plan so umgesetzt. Dafür setzt sich der Betriebsrat ein. Denn die Beschäftigungssicherheit unserer Kolleginnen und Kollegen steht für uns an erster Stelle.

 

Wie sieht das mit den Verträgen von Werkstudenten und Zeitarbeitern aus?

Mosch: Wir haben Ferienarbeiter eigentlich nur in der Urlaubszeit. Der Urlaub ist vorbei, wir gehen nun ins nächste Jahr. Deswegen ist das jetzt kein Thema. Unsere Personalziele verfolgen wir aber wie geplant weiter.

 

Was passiert aber, wenn der Absatz von Diesel-Fahrzeugen nun massiv einbricht?

Mosch: Ich sehe nicht ein, warum wir jetzt den Diesel schlechtreden müssen. Das hat für mich den faden Beigeschmack einer schlechten Story made in USA. Wir müssen sowieso aufpassen, dass der Industriestandort Deutschland hier nicht schlechtgeredet wird und dadurch Arbeitsplätze in Gefahr geraten. Man darf auch nicht 600 000 Menschen beim VW-Konzern, darunter 80 000 Audianer, unter Generalverdacht stellen. Wir stellen uns unserer Verantwortung, die wir gegenüber dem Kunden haben. Sie werden letztlich entscheiden, ob sie die Autos kaufen. Ich bin sehr zuversichtlich, dass sie das tun werden.

 

Viele fürchten bereits um ihre Erfolgsbeteiligung beziehungsweise Tantiemen. Wird hier der Rotstift angesetzt?

Mosch: Aktuell sehe ich keine Gefahr und wir sollten jetzt auch nicht wieder neue Ängste schüren. Es kann nicht sein, dass die Beschäftigten die Suppe auslöffeln müssen, die wenige andere kräftig versalzen haben.

 

Denken Sie nicht, dass sich Audi zumindest an den 6,5 Milliarden Euro, die der VW-Konzern jetzt erst einmal für die Abgas-Affäre zurückgestellt hat, beteiligen muss?

Mosch: Für mich ist jetzt erst einmal wichtig, dass wir einen Schritt nach dem anderen gehen. Wir sind jetzt dabei, die Aufklärung des Vorfalls bei Volkswagen schnell voranzutreiben. Wir sind außerdem dabei, volle Transparenz zu schaffen und das Vertrauen der Kunden wiederzugewinnen. Und ich sehe uns da auf einem guten Weg.

 

Sie haben, wie der neue VW-Konzernchef Matthias Müller und VW-Betriebsratschef Bernd Osterloh, einen Neuanfang und eine Änderung der Unternehmenskultur gefordert. Wie soll das denn ganz konkret aussehen?

Mosch: Offenheit, Transparenz und Vertrauen stehen für uns dabei ganz oben. Bei Audi treiben wir das Thema als Betriebsrat zusammen mit dem Unternehmen schon längere Zeit voran. Dazu veranstalten wir Workshops und Foren, die den Beschäftigten die Möglichkeit bieten, ihre Ideen einzubringen, wie eine offenere Unternehmenskultur zu einem Erfolg von uns allen beitragen kann. Das geht aber nicht von heute auf morgen. Trotzdem drängen wir als Betriebsrat darauf, den Weg zu noch mehr Vertrauen und noch mehr Offenheit konsequent weiterzugehen.

 

Wie verträgt sich ein solcher geplanter Neuanfang dann mit dem Vorhaben, VW-Finanzvorstand Hans Dieter Pötsch nun in den VW-Aufsichtsrat zu hieven und auch noch gleich zum Vorsitzenden des Kontrollgremiums zu machen?

Mosch: An öffentlichen Personalspekulationen beteilige ich mich grundsätzlich nicht.

 

Wie fühlen Sie sich eigentlich als Arbeitnehmervertreter, der ja in gleich drei Aufsichtsgremien Verantwortung trägt, in diesen turbulenten Tagen? Schlafen Sie noch gut?

Mosch: Klar ist das aktuell ein Ausnahmezustand für mich. Doch gerade jetzt heißt es mehr denn je für die Beschäftigten da zu sein.