Schrobenhausen
Die andere Seite der Altstadtsanierung

Modehaus Boniberger hört in Schrobenhausen im Frühjahr 2019 auf - Ein Grund ist die Baustelle

20.12.2018 | Stand 23.09.2023, 5:27 Uhr
Fast 240 Jahre lang gehörte der Name Boniberger zur Schrobenhausener Stadtgeschichte. Alles begann 1779 in der Nagelschmiedgasse. Jetzt geht eine Ära zu Ende. −Foto: Archiv

Schrobenhausen (SZ) Ein Kapitel der Schrobenhausener Stadtgeschichte schließt sich: Stephanie Boniberger, die das gleichnamige Modehaus in der Lenbachstraße betreibt, kündigte jetzt ihren Rückzug an. Die unternehmerische Entscheidung basierte wohl auf mehreren Faktoren. Einer ist die Baustelle.

"Wir wissen, was bei der Baustelle auf uns zukommt", sagt Stephanie Boniberger, die - noch - insgesamt fünf Modehäuser betreibt, neben Schrobenhausen in Pfaffenhofen, in Planegg, in Pasing und in Freising. Bei den ersten Bauabschnitten habe sich deutlich gezeigt, wie sehr die Stadt abgeschnitten ist, sagt sie, "und jetzt kommen wir direkt dran. Das muss man sich nicht antun."

Zumal es für den Einzelhandel insgesamt schwieriger geworden sei. "Der Online-Handel nimmt ganz einfach zu. Man muss sich tatsächlich überlegen, ob man nicht lieber selbst eine online-Filiale gründet", sagt die Unternehmerin. Wobei das natürlich kein Schrobenhausen-Problem ist, sondern ein allgemeines. "Man muss sich nur anschauen, was in einem Versandshop wie Hermes jeden Tag an Retouren kommt, und wo das hingeht - das Kundenverhalten verändert sich."

Stephanie Boniberger ist nicht die erste Einzelhändlerin, die eine Filiale schließt. In Schrobenhausen hat schon vor einer Weile schräg gegenüber das "haus & hof"-Geschäft aufgegeben. "In Pfaffenhofen haben jetzt auch schon drei Läden zugemacht, und wenn ich mit Kollegen rede, weiß ich, dass ich sicher nicht die einzige bin."

Trotzdem, sagt sie, sei es gerade in Schrobenhausen ein großer Schritt: "Wir haben lange daran festgehalten, wegen der Tradition." Seit 1779 sind die Bonibergers in Schrobenhausen Geschäftsleute - und auch gesellschaftlich in der Stadt engagiert. In einem kleinen Häuschen in der Nagelschmiedgasse begann eine über 200-jährige Erfolgsgeschichte mit dem Verlauf selbst hergestellter Lodenstoffe. Bartholomäus Boniberger hatte die Hohenwarterin Bäckermeisterstochter Annamaria Widmann geheiratet, und sie verfügte über entsprechende Kenntnisse und Fertigkeiten.

1934 zog die Familie in die Lenbachstraße, 1972 entstand der Neubau, der aktuell den Stab der Schrobenhausener Stadtverwaltung beherbergt. Es war die Zeit von Sigmund Boniberger. 25 Jahre lang war er Mitglied des Schrobenhausener Stadtrats, viele Jahre als zweiter, und ein Jahr auch als amtierender erster Bürgermeister. Er und seine Gattin Therese - übrigens eine geborene Grimm, dem gleichnamigen Modehaus am Lenbachplatz entstammend - waren bedeutende Mitglieder der Schrobenhausener Gesellschaft jener Zeit.

Stephanie Boniberger könnte die halbe Familiengeschichte aus dem Stegreif referieren. Ihr ist wohl bewusst, dass sich ihr Geschäft im Elternhaus des Vaters befindet. "Meine Großmutter stand noch mit 80 Jahren hinter der Kasse." Bilder der Großeltern zieren bis heute den Verkaufsraum.

Als Großvater Sigmund starb, erbte ihr Onkel Siegfried das Haus, Stephanie Bonibergers Vater Hermann wurde Inhaber des Geschäftshauses am Pfaffenhofener Hauptplatz. "In den 90ern hatte mein Onkel darüber nachgedacht, aufzugeben, dann haben wir das Geschäft übernommen." Kurz vor der Jahrtausendwende war das.

Jetzt passiert es also doch. Immerhin: Entlassen werden muss niemand, die verbliebenen Teilzeitkräfte werden allesamt in Pfaffenhofen übernommen. Auch das war ein Faktor, der bei der Entscheidung eine Rolle spielte: Elisabeth Petz, die 50 Jahre im Haus gearbeitet hat, ging vergangenes Jahr in Rente. Und geschultes Verkaufspersonal zu finden, ist in Zeiten der Vollbeschäftigung alles andere als einfach.

Wie es mit dem Haus weitergeht? "Das ist noch offen", sagt Stephanie Boniberger, "das regeln mein Onkel und mein Cousin, ich bin ja hier in Miete." Eine kleine Hintertür lässt sich die Pfaffenhofener Geschäftsfrau dann aber doch auf: "Wer weiß, vielleicht kommen wir ja auch eines Tages wieder zurück, es gibt viele unternehmerische Gedanken." Vorerst sei das kein Thema, aber womöglich dann, wenn die Baustelle fertig ist ...

Mathias Petry