Ingolstadt
"Deutsche Tugenden sind ein Wettbewerbsvorteil"

Zukunft Innovation: Ex-Siemens-Chef Heinrich von Pierer sprach vor Investoren im Golfclub

26.03.2014 | Stand 02.12.2020, 22:54 Uhr

Ingolstadt (mbl) In Ingolstadt sei er schon oft auf dem Platz gestanden, erzählte Heinrich von Pierer (Foto) am Dienstagabend bei seinem Gastauftritt in Ingolstadt. Er meinte damit allerdings den Tennisplatz und nicht den Golfplatz, wie es der Ort seines Vortrag nahelegen konnte.

Der aus Erlangen stammende ehemalige Vorstandsvorsitzende von Siemens sprach nämlich im Restaurant des Golfclubs, wo sich seine recht zahlreich erschienenen Zuhörer versammelt hatten.

Die Internationalen Meisterschaften seien ihm noch in guter Erinnerung, schwärmte von Pierer von alten Glanzzeiten im Tennis in der Schanz. Wie es aktuell und in der Zukunft um den Glanz deutscher Innovationen und deutschem Forscher- und Erfindergeist in einem global agierenden Weltmarkt bestellt ist und wie dessen Wertschätzung und Know-how aus Investorensicht zurück nach Deutschland gebracht werden kann, war anschließend eines der Kernthemen des Abends, zu dem Toni Wirler, Vizepräsident des Bundesverbands der Ruhestandsplaner Deutschlands und Versicherungsmakler aus Buxheim sowie die Alfred Wieder AG eingeladen hatten.

Bei Siemens habe Innovation immer die größte Rolle gespielt. „Das ganze Land lebt davon“, sagte von Pierer, der von 2006 bis 2008 auch Vorsitzender des Innovationsrates der Bundesregierung war. „Deutsche Tugenden sind ein Wettbewerbsvorteil auf dem internationalen Markt“, stellte er fest. Doch wie lange kann dieser Vorteil bestehen bleiben? So lautete eine der Fragen des Abends. Gerade unter dem Aspekt einer noch eher zurückhaltenden Bereitschaft deutscher Privatanleger, in dieses Know-how zu investieren? Immerhin besäßen die deutschen Privathaushalte ein Kapital von einer Billion Euro, sagte Toni Wirler schon in seiner Begrüßungsrede. Doch man jammere lieber über niedrige Zinsen, als auf alternative Anlageformen zu setzen. Haben andere Länder wie Israel und die USA da schon mehr gelernt? Das fragte Moderator Alfred Wieder den Ex-Siemens-Chef. Der zeigte sich besonders von Israel und seiner positiven Entwicklung bei Start-up-Firmen beeindruckt. Europa habe aber auch Gebiete, wo es den USA überlegen ist: Automobilbau, Chemie, Medizintechnik und der Maschinenbau, der 16 Prozent des Welthandels ausmache, so von Pierer. „Da sind wir Deutschen führend“, sagte er. Spannend sei für ihn jedoch die Frage, ob Deutschland diese Führungsposition beibehalten kann.

Zwischendrin fand sich auch Zeit für amüsante Anekdoten, beispielsweise, als die Rede auf den NSA-Abhörskandal kam, und von Pierer das Thema – wohl nicht ganz ohne Ironie – fast schon herabspielte, in dem er berichtete, schon Altkanzler Helmut Kohl habe für wichtige Gespräche unterwegs ausschließlich die Telefonzelle benutzt, wenn er nicht abgehört werden wollte.

Später lobte er den Innovationssinn von Audi in Sachen Weiterentwicklung des multimediafähigen Autos: „Das ist doch toll, was der Stadler macht.“