Schrobenhausen
"Der Zweck eines Baugebiets ist, dass es bebaut wird"

Grundsteuer C könnte für Kommunen eine Möglichkeit sein, an schon lange brachliegende Parzellen in den Ortschaften heranzukommen

12.04.2021 | Stand 23.09.2023, 17:55 Uhr
Große Lücken in Baugebieten: So wie hier in Hohenwart sieht es in vielen Gemeinden aus. −Foto: Haßfurter

Schrobenhausen - "Wir haben uns da der Meinung des Gemeindetags angeschlossen - die wir aber selbst schon lange haben, diese Meinung", sagt der Gachenbacher Bürgermeister Alfred Lengler (CSU) und spricht damit als VG-Vorsitzender auch für seine Kollegen Helmut Roßkopf (Berg im Gau, FW), Thomas Wagner (Brunnen, CSU), Mathilde Ahle (Langenmosen, CSU) und Josef Fuchs (Waidhofen, CSU).

Die fünf Bürgermeister hätten auch schon einen gemeinsamen Brief an die beiden Stimmkreisabgeordneten Matthias Enghuber (CSU) und Roland Weigert (FW), den bayerischen Wirtschaftsstaatssekretär, geschrieben - "die sollen sich drum kümmern", verlangt Lengler. Es könne ja nicht sein, dass in ganz Deutschland eine Grundsteuer C eingeführt werden soll, nur in Bayern nicht, weil die Freien Wähler sie verhindern wollten, obwohl sie die CSU in den Koalitionsvertrag geschrieben habe.

Doch ganz abgesehen von der politischen Debatte: Eine Grundsteuer C wäre auch für die VG-Gemeinden ein wertvolles Werkzeug, um Zugriff auf schon lange brachliegende Baugrundstücke zu bekommen, die sich in privater Hand befinden. Aus der Praxis in Gachenbach weiß Lengler, dass es wenig bringt, immer wieder die Eigentümer dieser Grundstücke anzuschreiben und sie zu bitten, doch über eine Bebauung nachzudenken. "Wir machen grad wieder ein Baugebiet mit 60 Plätzen, und allein in der Siedlung Gachenbach-Nord haben wir 24 freie Baugrundstücke", sagt Lengler. Diese 24 Grundstücke seien in privater Hand und lägen seit Jahrzehnten brach. In der Gemeinde habe man nun eine Vorkaufsrechtssatzung erlassen, um eventuell auf diese Weise an das eine oder andere Baugrundstück heranzukommen, aber viel mehr Möglichkeiten gebe es nicht. Stattdessen baue die Staatsregierung beim Flächensparen eine "Drohkulisse" auf und den Gemeinden werde es immer schwerer gemacht, neuen Baugebiete auszuweisen: "Wir haben einen solchen Druck", sagt Lengler, "dann sollen die uns auch ein Werkzeug in die Hand geben. " Die, das sind in diesem Fall die Entscheidungsträger in München, über die Lengler immer mal gerne wettert und denen er auch diesmal attestiert: "Die haben doch keine Ahnung, diese. . . " Wie eine Grundsteuer C konkret aussehen soll, kann Lengler zwar nicht sagen, nur so viel: "Da müssen 500 Euro oder 1000 Euro rauskommen im Jahr, sonst macht's ja keinen Sinn. " Und: "Jedes Jahr muss das wehtun. "

Der Schrobenhausener Bürgermeister Harald Reisner (FW) formuliert das fast genauso, allerdings ein wenig vorsichtiger: "Es müsste schon ein bisserl wehtun", anders werde man die Grundstückseigentümer nicht dazu bewegen können, über eine Bebauung ihrer freien Plätze nachzudenken. Allerdings müsse man das Ganze auch von der anderen Seite sehen: "Eigentum ist ein hohes Gut", gibt Reisner zu bedenken. In Zeiten, da man bei der Bank Strafzinsen zahlen müsse, sei es verständlich, wenn Grundbesitz nicht zu Geld gemacht wird. "Die Leute haben das Eigentum und die Leute haben das Recht, so zu handeln. Aber die Stadt ist in der Bredouille", sagt Reisner. Denn dort fehle dieser Baugrund. Rund 240 innerörtliche Grundstücke gebe es wohl, die sofort bebaut werden könnten, aber noch immer brachliegen. Die Bürger sähen sie als Kapitalanlage mit Wertsteigerungspotenzial - und an dieser Wertsteigerung solle auch die Stadt partizipieren können. Was mit der Grundsteuer C bewirkt werden könne.

"Besitz verpflichtet", meint Aresings Bürgermeister Klaus Angermeier (CSU), und deswegen hält er eine Grundsteuer C auch "grundsätzlich für eine gute Idee". Sie wäre ein Instrument, mit dem die Gemeinde Zugriff bekommen könnte auf private Grundstücke im Innenbereich, die zuvor eben nicht nach dem "Besitz verpflichtet"-Grundsatz einer Nutzung zugeführt wurden. "Wir weisen Baugebiete aus und haben drinnen Lücken ohne Ende", schimpft Angermeier. Eine entscheidende Frage bei einer Grundsteuer C wäre nach Ansicht des Aresinger Bürgermeisters deren Höhe: Sei sie zu niedrig, gebe es keinen Druck, das Grundstück bebauen zu lassen, aber zu hoch dürfe man sie auch nicht ansetzen. Generell sei es ein wichtiges Thema für ländliche Gemeinden, wie man mit den oft brachliegenden aufgelösten Hofstellen in den Ortskernen verfahre, meint Angermeier. Außerdem müsse man sich als Kommune mit der Frage befassen, wie weit man mit der Verdichtung gehen dürfe.

Eine ganz klare Meinung zu einer Grundsteuer C hat der Gerolsbacher Bürgermeister Martin Seitz (CSU): "Da bin ich voll dafür, dass die eingeführt wird. " Da seien früher bei der Ausweisung von Baugebieten Grundstücke gekauft und für die Kinder aufgehoben worden - und "mittlerweile haben diese Kinder schon Kinder", sagt Seitz: "Wir haben Baugrundstücke da, die sind seit 40, 50 Jahren erschlossen. " Auf neuen Baugrundstücken, die von der Gemeinde verkauft werden, liege inzwischen ein Bauzwang, damit so etwas nicht mehr passiere. Freilich gebe es dann Kritik, dass ein neues Baugebiet bald schon vollständig bebaut sei - "aber es ist der Zweck eines Baugebiets, dass das bebaut wird", meint Seitz, der befürchtet, dass eine Grundsteuer C, sollte sie irgendwann doch noch kommen, zu niedrig angesetzt würde: "Da lacht dann doch ein jeder, weil die Wertsteigerung der Grundstücke ist so hoch, da fällt das gar nicht ins Gewicht. "

Jürgen Haindl (FW), der Hohenwarter Bürgermeister, sieht die Grundsteuer C auch als "soziale Sache". Schließlich steige der Wert eines Baugrundstücks, weil sich eine Region als Ganzes positiv entwickelt, weil viele Menschen ihre Arbeit gut machen. "Es ist", sagt Haindl, "im Grunde eine gesellschaftliche Leistung, wenn der Wert eines Grundstücks steigt. " Auf der anderen Seite sei man bei einer Debatte über die Grundsteuer C auch schnell bei der Grundsatzfrage, ob Besitz besteuert werden soll oder nicht. "Und wenn man Besitz besteuert, dann ist es bloß konsequent, wenn eine Grundsteuer C kommt", meint Haindl. Wenn Eigentümer für unbebaute Bauparzellen mehr Grundsteuer bezahlen müssten, dann würden sie wohl auch eher drüber nachdenken, wie sie solche Brachen einer Nutzung zuführen könnten. Für die Gemeinden wäre eine Grundsteuer C also ein wichtiges Instrument: "Dann", sagt Haindl, "funktioniert vielleicht auch die Nachverdichtung besser. "

DK

Bernd Hofmann