Ingolstadt
Der Zauber der Weihnacht

200 Jahre "Stille Nacht, heilige Nacht": Enrico de Paruta und sein Ensemble begeistern im Ingolstädter Festsaal

21.12.2017 | Stand 02.12.2020, 17:02 Uhr

Foto: Lorenz Erl

Ingolstadt (DK) Was mag wohl das Geheimnis des Zaubers sein, mit dem Enrico de Paruta in seinem Weihnachtssingen die Menschen berührt? Selbst im vierten Jahr seines Gastspiels in Ingolstadt waren die Karten für das erneut vom DONAUKURIER organisierte Doppelkonzert schon im März innerhalb weniger Stunden ausverkauft.

Erwartungsfroh sitzen die Menschen auch am Mittwochabend dicht an dicht im Ingolstädter Festsaal, um von ihm wieder dieselbe Ludwig-Thoma-Erzählung zu hören, die auch in den Jahren zuvor das Grundgerüst für seine Weihnachtsgeschichte war. Und doch ist es heuer nicht das Gleiche. Nicht die melancholisch-trüben Nachkriegserinnerungen an Ludwig Thoma und seine wundervolle Mundartpoesie um die Heilige Nacht werden als gespielte Erzählung vorangestellt. Diesmal nimmt Paruta das Jubiläum um die Uraufführung des schönsten aller Weihnachtslieder zum Anlass, um die Geschichte von "Stille Nacht, heilige Nacht" an Heiligabend des Jahres 1818 zu erzählen. Natürlich als Teil seines symphonischen Weihnachtsspiels.

Doch vor dem denkwürdigen Aufeinandertreffen des Hilfspfarrers Joseph Mohr als Texter und des Schullehrers Franz Xaver Gruber als Komponist hat Enrico de Paruta noch eine andere Aufgabe. Zusammen mit DONAUKURIER-Geschäftsführerin Lydia Nißl bitten sie den diesjährigen Engelsstimmenpreisträger Robin Gramüller aus Ingolstadt auf die Bühne. In einem bayernweit ausgeschriebenen Wettbewerb war er - von einer Fachjury unter dem Vorsitz der TV-Moderatorin Carolin Reiber - zusammen mit fünf anderen Kindern als Engelsstimme gekürt worden. Über den Sonderpreis des DONAUKURIER in Höhe von 500 Euro und den aufbrandenden Applaus ist der achtjährige Grundschüler mit den knappen, aber sympathischen Antworten fast ein wenig sprachlos.

Enrico de Paruta hat in seiner Suche nach dem Ursprung des in mehr als 300 Sprachen übersetzten Liedes "Stille Nacht", dem Inbegriff des abendländischen Weihnachtsbrauchtums, in alten Archiven geforscht und die im Jahr 1854 von Gruber geschriebenen Erinnerungen als Rahmen für sein berührendes Singspiel gewählt. Wie schon in der Thoma-Erzählung der Vorjahre gelingt es ihm und seinem Ensemble, dabei den Geist der damaligen Napoleonischen Nachkriegszeit und die Mystik, die dieses "Weyhnachts-Lied" verströmt, bildhaft zu formen.

Die Faszination des Weihnachtstraums, den Enrico de Paruta und sein Ensemble schaffen, liegt ganz besonders im Glanz der Gesangsstimmen und der Instrumentaltöne. Bassbariton Clemens Joswig ist schon seit letztem Jahr mit dabei, er verkörpert den Komponisten Gruber und den Hirten Hias. Seit sechs Jahren begeistert der Tenor Manuel Ried bereits als Handwerksbursch Hansei, nun ist er auch als Hilfspfarrer Mohr zu erleben.

Ihr Debüt beim Weihnachtssingen gibt die Sopranistin Elisabeth Birgmeier in der Rolle der Gruberin und später als Solistin mit der Arie "Alleluja" zur Geburt des Herrn. Ihre glockenhelle und zugleich seidig-warmherzige Stimme einschließlich traumhafter Koloraturen reizt die Menschen in der sonst über zwei Stunden währenden faszinierenden Stille zu spontanem, begeistertem Applaus.

Verantwortlich für diese andauernde gefesselte Aufmerksamkeit ist wieder einmal der Erzähler Enrico de Paruta selbst. Auch wenn er in diesen Weihnachtstagen fast täglich auf den Bühnen steht und Ingolstadt nun schon zum vierten Mal besucht, ist seine Interpretation des Thoma-Gedichtes doch wieder wie eine neue Offenbarung. Kaum eine andere Dichtung erreicht die Herzen so unmittelbar wie die Mundartverse von Ludwig Thoma in der Interpretation dieses Weihnachtssingens. Es ist die hohe Kunst der Arrangeure und der Regie, dieses feinsinnige Band aus Andacht, Poesie und großartiger Musik nicht zu überzeichnen.

Nicht wenige der Besucher sitzen zum wiederholten Mal in den Stuhlreihen und lassen sich durch Parutas Gestik, Mimik und pantomimische Dramaturgie verzaubern. Er ist die Seele dieses immer wieder fesselnden Weihnachtswunders. Ganz besonders dann, wenn er mit mühsamem Schritt die hochschwangere Maria im tiefen Winterwald mimt oder - sein Glanzstück - die Frau des Josua gibt. Für diese geizig-dümmliche Frauenrolle mit zänkischer Fistelstimme und tapsigen Tippelschritten hat er ein humorvolles Couplet geschrieben, für das auch er neben vielen Lachern spontanen Applaus bekommt.

Erst zum Finale entlässt Paruta sein Publikum mit sanften Worten und guten Weihnachtswünschen aus der Anspannung. Die Begeisterung der Zuschauer schwappt danach mit Bravo-Rufen, prasselndem Applaus und Standing Ovations als minutenlang brausende Welle über ihn und sein gesamtes Ensemble hinweg.