Hinterkaifeck
Der wohl bekannteste "Cold Case"

EIN LANDKREIS - 50 ERLEBNISSE (Teil 1): Der ungelöste Mordfall "Hinterkaifeck" beschäftigt seit Jahrzehnten Ermittler und Hobbykriminalisten

21.03.2022 | Stand 25.03.2022, 3:35 Uhr
Gedenken am Marterl: An die Blutnacht in Hinterkaifeck erinnert ein Bildstock. −Foto: Landkreisgästeführer

Gottloser Mörderhand fiel am 31. März 1922 die Familie Gabriel-Gruber von hier zum Opfer" - diese Inschrift ziert ein Marterl ganz in der Nähe des Tatorts beim Waidhofener Ortsteil Gröbern.

Zum Gedenken an eines der schrecklichsten und aufsehenerregendsten Verbrechen, das sich im Freistaat Bayern je abgespielt hat, wurde der Bildstock errichtet. Zum Auftakt unserer Serie anlässlich der Gebietsreform stellt Gästeführerin Maria Weibl (Foto) den Ort vor.

Sechs Menschen sind in der Nacht auf den 1. April 1922 auf dem Einödhof Hinterkaifeck ermordet worden. Um diesen Mordfall ranken sich seit vielen Jahrzehnten unzählige Mythen und Theorien, die versuchen, das Geschehene zu rekonstruieren. Die Tat selbst bleibt jedoch bis zum heutigen Tag ungeklärt. Das Anwesen wurde ein Jahr danach abgerissen.

In der fraglichen Nacht kamen alle sechs Bewohner - Familie Gruber und die Magd - ums Leben. Die Familie Gabriel/Gruber lebte damals sehr zurückgezogen und galt in der Gemeinde Gröbern als eigenbrötlerisch und geizig, jedoch als sehr wohlhabend. Das Zusammenleben auf dem Hof war alles andere als idyllisch. Andreas Gruber war als extrem dominant, herrschsüchtig und jähzornig bekannt. Zudem bestand zwischen ihm und seiner Tochter Viktoria eine inzestuöse Beziehung, die mehrere Personen bezeugten, und für die auch beide im Jahr 1915 verurteilt wurden. Es kann daher nicht ausgeschlossen werden, dass Gruber sowohl Vater als auch Großvater der beiden getöteten Kinder war. Die Magd Maria Baumgartner kam erst an dem Abend an den Hof, an dem sich das schreckliche Verbrechen ereignen sollte. Sie hätte am darauffolgenden Tag ihren Dienst antreten sollen.

Das genaue Tatgeschehen ließ sich niemals zweifelsfrei rekonstruieren, lediglich Vermutungen lassen sich aufgrund der Auffindsituation anstellen. Entdeckt wurden die Leichen erst am Dienstag, 4. April, als der Monteur Albert Hofner auf dem Hof in Abwesenheit der Bewohner den Motor einer landwirtschaftlichen Maschine reparierte. Er bemerkte den Hofhund angeleint am Handlauf der Haustür und das offenstehende Stadeltor. Ansonsten war es gespenstisch still auf dem Anwesen. Hofner informierte den Ortsvorsteher Lorenz Schlittenbauer, dieser kam darauf mit den Nachbarn Pöll und Siegl sowie zwei Söhnen auf das Anwesen. Sie fanden die Toten.

Neben Schlittenbauer gab es eine Reihe von Verdächtigen - Hausierer, entflohene Geisteskranke, ehemalige Knechte der Grubers und verschiedene bekannte Kriminelle der Gegend. In der Summe sind mehr als 100 Verdächtige erfasst. In keinem einzigen Fall wurde aber irgendjemand des Mordes an der Familie Gruber-Gabriel angeklagt.

Die Hofstelle Hinterkaifeck wurde 1923 abgerissen, es wollte keiner mehr dort wohnen. Die sechs Toten wurden ohne die Köpfe im Waidhofener Friedhof von drei Priestern beigesetzt. Die Grabstelle befindet sich rechts im Friedhof, ein schwarzer Obelisk weist den Weg.

Gästeführerin Maria Weibl ist seit ihrer Kindheit von dem Mysterium fasziniert und bietet seit 16 Jahren zu allen Jahreszeiten Führungen und Wanderungen zum schaurigen Tatort an. Dieses Jahr finden Führungen statt am 27. März um 13.45 Uhr, am 31. März zum 100. Jahrestag um 16.15 Uhr samt Gottesdienst um 19 Uhr für die Mordopfer, am 3., 8. und 10. April jeweils um 17.45 Uhr, am 12. Juni, am 9. Juli, 13. August jeweils um 19.45 Uhr. Anmeldungen nimmt Weibl unter Telefon (08252) 3422 entgegen.

SZ