Eichstätt
Der veränderte Tod

Josef Mayinger über den Wandel in Bestattungs- und Friedhofskultur: "Wieder mehr in die Mitte der Gesellschaft rücken"

30.10.2015 | Stand 02.12.2020, 20:37 Uhr

Feierliches Begräbnis in früherer Zeit: Der Tod ist heute vielfach aus der Gesellschaft verschwunden. Arch - foto: Hager

Eichstätt (smo) 75 sei er gerade geworden und er wollte mal nachfragen, wie das so sei mit der Bestattungsvorsorge: „Über den Tod will man ja immer nie nachdenken“, sagt der Mann, der während des Gesprächs mit Josef Mayinger, Maria Rabl und Joseph Billner in das kleine Büro des Bestattungsunternehmers platzt. Ja, er hat Recht: Der Tod ist heute ein Tabu, man will ihn weg haben aus der Gesellschaft.

Erst wenn er unmittelbar da ist, wenn man damit zu tun bekommt, kann man nicht mehr ausweichen. Früher war das anders, erinnert sich Josef Mayinger, Seniorchef des gleichnamigen Bestattungsunternehmens.

Früher – als die Menschen fast ausnahmslos zu Hause gestorben sind, dort von der Leichenfrau gewaschen und angezogen und vom Schreiner dann in den Sarg gebettet wurden. „Mit dem Hochzeits- oder Festtagsgewand“, erzählt Mayinger. Dann begann die Zeit der Totenwache: Der Verstorbene wurde in der guten Stube aufgebahrt, die Nachbarn und Freunde konnten Abschied nehmen – bis zum Tag der Beisetzung. In dieser Zeit nahm auch der Totengräber seine Arbeit auf, hob die Grube auf dem Friedhof aus. „Ein hartes Brot“, erinnert sich Mayinger. Sein Mitarbeiter Joseph Billner weist auf die oftmals schwierigen Bodenbedingungen hin: „Da gab’s noch keinen Bagger.“ Bei der Überführung und Beisetzung halfen die Nachbarn mit.

„Der Tod findet heute nicht mehr in der Familie statt“, sagt Maria Rabl, Mayingers Tochter und Mitgeschäftsführerin des Unternehmens. Nicht zuletzt deshalb ist der Bestatter heute auch ein Dienstleister: „Früher haben die Angehörigen das meiste selbst gemacht.“ Noch einen Trend erleben die Mayingers, die seit fünf Generationen den Menschen den letzten Liebesdienst erweisen. Keine 25 Prozent vollenden ihren Lebensweg zuhause. „Die medizinische Versorgung, die Mobilität der Kinder, die schwierige Pflege: Der Tod verschwindet.“ Dann wäre noch der Trend zur Feuerbestattung: Fast 40 Prozent der Toten werden mittlerweile eingeäschert. In den vergangenen zehn Jahren sei das massiv gestiegen, sagt Rabl. Um diesem veränderten Bedürfnis und den leeren Grabfeldern Rechnung zu tragen, könnten sich die Mayingers auch auf dem Eichstätter Friedhof vorstellen, statt Urnenstelen ein ganzes Urnenfeld anlegen zu lassen. „Man muss den Friedhof wieder mehr in die Mitte der Gesellschaft rücken“, sagt Maria Rabl. Die Erinnerungskultur sei unverzichtbar. Vielleicht ist der Tod dann irgendwann nicht mehr der Fremde, den man nicht haben will, sondern ein Besucher – wie er es dereinst vor noch 40, 50 Jahren war.