Augsburg
Der Traum von drei WM-Gürteln lebt

Tina Rupprecht könnte am 12. Dezember in Berlin ihren Marktwert nochmals um ein Vielfaches steigern

06.11.2020 | Stand 23.09.2023, 15:16 Uhr
Auge in Auge: Tina Rupprecht (l.) und Yokasta Valle (r.) aus Costa Rica werden in Berlin um insgesamt drei WM-Gürtel im Minimumgewicht boxen. −Foto: Ellironium Photography Elli Roj

Augsburg - Gleich drei WM-Gürtel auf einmal zu tragen - geht das denn?

 

"Weshalb denn nicht? ", fragt Tina Rupprecht sofort zurück - natürlich mit ihrem gewohnt sympathischen Lächeln im Gesicht: "Ich bin zwar nicht die Größte, aber ich würde sie trotzdem allesamt locker unterbringen. Und zu schwer würde mir das Ganze ebenfalls nicht werden. "

Einmal ist die Augsburgerin ja schon stolze Box-Weltmeisterin im Minimumgewicht - nämlich beim World Boxing Council (WBC). Und sollte sie nun, am 12. Dezember in Berlin, Yokasta Valle schlagen, kämen definitiv zwei weitere Gürtel hinzu - denn mit einem Sieg würde Rupprecht ihre Kontrahentin aus Costa Rica als amtierende Championesse der International Boxing Federation (IBF) ablösen, und der aktuell noch vakante WM-Titel der International Boxing Organization (IBO) würde quasi als schöne Zugabe ebenfalls in ihren Besitz übergehen.

Das sind zweifellos tolle Aussichten für die Blondine - vorausgesetzt, sie setzt sich in diesem bislang größten Fight ihrer Karriere tatsächlich durch. Und vorausgesetzt, die Veranstaltung im Hotel Maritim in der Bundeshauptstadt darf überhaupt wie geplant stattfinden. Das Damoklesschwert "Corona-Pandemie" schwebt natürlich auch noch über diesen Abend. Jedoch ist Rupprecht sehr zuversichtlich, dass trotz aller Kompliziertheiten der jetzigen Zeit nichts mehr dazwischenkommt: "Mein neuer Manager Peter Schulze, der dieses Dinner-Boxing organisiert, befindet sich in einem engen Austausch mit den zuständigen Behörden. Stand jetzt haben wir weiterhin die Zusage, dass nach dem aktuellen ?Lockdown light' der Abend wie geplant durchgeführt werden kann. "

"Rund 500 bis 600 Besucher" sollen dann laut der 28-Jährigen live dabei sein, wenn sie sich zur Dreifach-Weltmeisterin im Minimumgewicht kürt. Aber nicht nur das, zudem steht eine Vielzahl an weiteren Kämpfen auf dem Programm. So fightet beispielsweise Ali El Saleh um einen Kickbox-Weltmeistertitel der WBU, und Andrei Pisari wird es um einen Europameistertitel des gleichen Verbandes tun. Zwischen dem Kämpfen gibt es dann ein Fünf-Gänge-Menü für das Publikum - ehe das Hauptevent zwischen Rupprecht und Valle den Abend in der Bundeshauptstadt abschließen wird. "Quasi als Dessert nach dem Dessert", wie Rupprecht lachend hinzufügt.

Aber Valle? War da nicht schon mal was? Die Augsburgerin nickt: "Stimmt. Durch einen Sieg gegen sie in Unterschleißheim bin ich am 16. Juni 2018 erstmals WBC-Weltmeisterin geworden. " Sogar einstimmig nach Punkten hatte sich die Blondine damals gegen die Costa Ricanerin durchgesetzt - was allerdings nicht bedeutet, dass sie in Berlin nun einen Spaziergang zu den drei WM-Gürteln erwartet. "Selbstverständlich bin ich megaheiß auf diesen Fight - und ich werde definitiv auch hundertprozentig fit in den Ring steigen. Aber Yokasta hat sich in den vergangenen zweieinhalb Jahren ebenfalls super entwickelt, ist superstark geworden", so Rupprecht.

Folgerichtig erwartet sie eine "regelrechte Schlacht" gegen die ebenfalls 28-jährige Zentralamerikanerin. Ob es hierbei ein Vorteil ist, dass sie Valle bereits vom Kampf in Unterschleißheim her kennt? Kopfschütteln bei der Augsburgerin: "Nein, denn genauso kennt sie ja mich. Ich muss also höllisch aufpassen - aber ich werde auch höllisch aufpassen und mir diese Megachance gewiss nicht nehmen lassen. "

Rupprecht weiß nur zu gut: So schön ihr aktueller WBC-Titel bereits ist - sollten ihr in Bälde gleich drei Weltmeistergürtel im Minimumgewicht gehören, würde das ihren Marktwert nochmals um ein Vielfaches steigern. Aber selbst, wenn das passieren würde - die Blondine dürfte trotzdem weiterhin eine Championesse zum Anfassen bleiben. Eine, die sich betont volksnah gibt. Die es liebt, sich mit Menschen zu umgeben, ihnen Rede und Antwort zu stehen - und bitte schön keinesfalls abgehoben zu wirken.

Dementsprechend beliebt ist sie inzwischen - nicht nur in ihrer Heimatstadt. Natürlich: Rupprecht ist offiziell eine Augsburgerin, eine Schwäbin. Aber dadurch, dass sie schon seit ein paar Jahren als Botschafterin der Aktion "Discofieber" fungiert, gilt die 28-Jährige auch bereits ein bisschen als Schrobenhausenerin - zumal sie sich immer wieder gerne an der Paar sehen lässt. Unvergessen hierbei ihre bisherigen Auftritte bei der Freiwilligen Feuerwehr, wo sie auch schnell mal ihre Talente in Sachen Löscharbeiten unter Beweis stellte, oder bei der Kochshow "Biss um Biss" in der Alten Schweißerei - als unerschütterliche Herrin über Töpfe und Pfannen. Ja Rupprecht sammelte in Schrobenhausen schon viele Sympathiepunkte. Weil ihr stets anzumerken war, dass sie all diese PR-Termine nicht deswegen wahrnahm, weil sie sie wahrnehmen musste - sondern weil sie das immens gerne tat.

Aktuell allerdings hat Rupprecht nur mehr eines im Sinn, nämlich zu trainieren. Gemeinsam mit ihrem Chefcoach Alexander Haan im Gym in Augsburg - hart, nimmermüde, mit einem Riesenehrgeiz. Denn die Blondine möchte am 12. Dezember hundertprozentig fit in den Boxring steigen, möchte sich dort unbedingt die drei WM-Gürtel abholen. Aber spätestens, wenn diese dann im Berliner Hotel Maritim um ihren Körper hängen sollten, wird sie auch wieder ihr gewohnt sympathisches Lächeln im Gesicht haben.

SZ

Roland Kaufmann