Greding
Der tiefe Fall des Ex-Bürgermeisters

30.12.2009 | Stand 03.12.2020, 4:22 Uhr

Die Pension ist weg: Das Verwaltungsgericht Ansbach spricht Gredings Ex-Bürgermeister Franz Josef Lerzer schuldig. Weil er sich aus der Stadtkasse bereichert hat, verliert er seine gesamten Altersbezüge, die er als Bürgermeister erworben hat. - Foto: Luff

Greding (luf) Nach zwei Jahren findet der Fall des früheren Bürgermeisters von Greding, Franz Josef Lerzer, ein Ende – wenngleich das Urteil noch immer nicht rechtskräftig ist. Gegen die Aberkennung seiner Pensionsansprüche hat Lerzer Berufung eingelegt.

Werner Hugler, der Vorsitzende Richter am Verwaltungsgericht Ansbach, urteilt ohne viel Federlesens: Lerzer habe seine Stellung als Bürgermeister missbraucht, 30 Untreuefälle hätten Schaden von gut 14 000 Euro verursacht. 5000 Euro sind laut dem Richter allerdings die Schmerzgrenze, ab dieser Marke bleibe ihm bei so genannten Zugriffsdelikten gar keine andere Wahl als die Höchststrafe. Und damit sind die Pensionsansprüche, die sich Lerzer in fast zwölfjähriger Amtszeit als Stadtchef von Greding erworben hat, perdu.

Das gute Dutzend Prozessbeobachter aus Lerzers Heimatstadt nimmt den Urteilsspruch im Disziplinarverfahren mit Genugtuung auf. Immerhin hat dieser zwei Jahre auf sich warten lassen. Ende Oktober 2007 fliegen die Machenschaften des damaligen Bürgermeisters auf, Mitarbeiter der Stadtverwaltung haben Unregelmäßigkeiten festgestellt.

Nach und nach kommt ans Licht, dass Lerzer Gebrauchsgegenstände, wie Handys, Navigationsgeräte und Laptops auf Stadtkosten angeschafft hat, aber privat nutzt. Im Januar 2008 wird er – zunächst vorläufig – vom Dienst suspendiert. Von den ersten Vorwürfen bis zum Strafprozess vor dem Amtsgericht Schwabach dauert es mehr als ein Jahr. Mitte November 2008 erst verurteilt Richterin Birgit Eckenberger den ehemaligen Bürgermeister zu einer Bewährungsstrafe von elf Monaten und einer Geldstrafe von 5000 Euro. Das Urteil ist das Ergebnis eines Handels aller Prozessbeteiligten. Lerzer hofft, durch den vergleichsweise milden Spruch vor dem Strafgericht auch im Disziplinarverfahren mit einem blauen Auge davon zu kommen, also seine Pension behalten zu dürfen. Diese Hoffnung löst sich ein weiteres Jahr später in Luft auf.

In Ansbach äußert sich der mittlerweile nervlich stark angeschlagene Ex-Bürgermeister Ende Oktober 2009 zum ersten Mal ausführlich zu all den Vorwürfen, die ihm die Staats- und Landesanwaltschaft machen. Diese seien konstruiert und beruhten auf Vermutungen, echauffiert sich Franz Josef Lerzer. Gegen ihn und seine Familie habe es "eine Hetzjagd gegeben". Er habe sich stets mit ganzer Kraft für das Wohl der Allgemeinheit eingesetzt. Dass er so schnell abserviert worden sei, habe sich "angefühlt wie ein Messerstich ins Herz".

Vor dem Verwaltungsgericht bringt Lerzers Anwalt Bernd Lippmann psychologische Gutachten vor, in denen dem früheren Bürgermeister eine depressive Störung attestiert wird, die schon während seiner Amtszeit eingetreten sei. Zum Zeitpunkt der Unterschlagungen sei er vermindert schuldfähig, wenn nicht gar schuldunfähig gewesen. Von dieser Argumentation lässt sich die Oberlandesanwältin Karin Siller, Vertreterin der Anklage, jedoch nicht beirren. Lerzer verwechsle Ursache und Wirkung, sagt sie. Seine Krankheit heute sei zwar bedauerlich, "aber sie kann nicht ins Jahr 2002 vorverlegt werden".

Etwas tiefer in die Seele ihre Ehemanns lässt Brigitte Lerzer blicken. Er sei vor allem deshalb tief getroffen, erklärt sie, weil sowohl seine engsten Vertrauten in der Stadtverwaltung als auch die Gredinger ihn fallen ließen und mit Verachtung gestraft hätten. Zwölf Jahre Stadtgeschichte unter der Führung ihres Gattens würden ausradiert, in keiner Chronik sei das Ehepaar noch zu finden: "Wir werden weggeschrieben, ausgelöscht." Lerzer hätte nicht gedacht, "dass er so unbeliebt ist".