Ingolstadt
Der Staat rüffelt den Staat

Rechnungshof kritisiert das Schutterhofprojekt der Bayerischen Immobilienverwaltung

19.03.2013 | Stand 03.12.2020, 0:22 Uhr

Sie hoffen auf den Frühling: Die Wirtsleute Harald und Andrea Mödl (hier vor der Neueröffnung des Schutterhofs im vergangenen April) sind nicht glücklich darüber, dass ihr Biergarten im neuen Bericht des Obersten Bayerischen Rechnungshofs groß rauskommt. Sie erwidern: „Die Ingolstädter haben ein Stück Geschichte zurückbekommen!“ Arch - foto: Strisch

Ingolstadt (DK) Der Schutterhof ist zurück. Zumindest zurück im Gespräch, denn das Projekt des Freistaats hat es in den Bericht des Obersten Rechnungshofs geschafft. Er findet, dass es keine staatliche Aufgabe sei, Biergärten zu bauen, erst recht nicht für 2,4 Millionen Euro. Die Investition erhält aber auch Lob.

Ein Gütesiegel ist es nicht direkt, ein Stigma aber auch nicht. Der Biergarten im Schutterhof, der nach mehrjähriger Bauzeit im vergangenen Frühling eröffnet worden ist, kommt im neuesten Bericht des Obersten Bayerischen Rechnungshofs ganz groß raus. Gestern hat die Aufsichtsbehörde die gefürchtete Mängelliste veröffentlicht; dass der Ingolstädter Biergarten darauf steht, ist schon einen Tag zuvor bekannt geworden. Eine echte Überraschung war es auch nicht, schließlich hat das vom Freistaat geplante und finanzierte 2,4-Millionen-Euro-Projekt in der alten Festungsanlage schon viel Kritik abbekommen. Das neue Ausschankgebäude mit seinem ästhetisch ambivalenten Reiz garantierte dabei die größte Aufmerksamkeit.

Der Rechnungshof rügt auch nicht in erster Linie die Kosten, sondern die Art und Weise, wie der Gastronomiebetrieb in dem historischen Ziegelmauerambiente zustande gekommen ist. Bauherren waren die Immobilienverwalter des Freistaats, dem die Liegenschaften der einstigen Landesfestung gehören. Einen Biergarten zu bauen sei jedoch keine staatliche Aufgabe, kritisiert der Rechnungshof. Er wirft der Immobilien Freistaat Bayern außerdem vor, den Bayerischen Landtag umgangen zu haben. Schließlich: Die Verdienste der Biergartengründer um den Denkmalschutz seien auch nicht berühmt (siehe Kasten). Die Immobilienverwalter wollten gestern nichts zum Bericht des Rechnungshofs sagen und verwiesen auf ihre Angaben zur Sache, auf deren Basis die Finanzkontrolleure zu ihrer Einschätzung gelangt sind.

Dafür äußerte sich im Staatlichen Bauamt Ingolstadt die Baudirektorin Regina Gerken. Ihre Behörde hat den Schutterhof im Auftrag der Immobilienverwaltung saniert und das Schankgebäude errichtet. Auch sie betont, dass sich die Kritik „nicht auf die absoluten Kosten des Projekts bezieht“. Vielmehr gehe es darum, dass es sich hier um keine Aufgabe des Staates handle. Aber das habe sie nicht zu bewerten, sagte Gerken. Sie weist auf die guten Seiten hin: „Der Schutterhof ist wieder einer Nutzung zugeführt worden, von der jeder Bürger etwas hat.“

Laut Gerken entfielen von den rund 2,2 Millionen Euro Gesamtkosten (der Rechnungshof spricht indes von 2,4 Millionen) 650 000 Euro auf die Außenanlagen samt Beleuchtung. Für die beiden Fußgängerbrücken, die den Schutterhof mit dem Festungsrundweg verbinden, habe der Freistaat 160 000 Euro ausgegeben. Das Schankhaus kostete 650 000 Euro, die Erschließung taucht mit 350 000 Euro in der Bilanz auf.

Auch Stadtheimatpfleger Tobias Schönauer sieht die Sache insgesamt positiv: „Ich finde es gut, dass ein Denkmal zugänglich geworden ist, auch wenn es nicht ganz dem ursprünglichen Charakter entspricht.“ Er spielt damit auf den klobigen Betonbau an. Aber: „Lieber ein Biergarten im Schutterhof als Parkplätze.“ Das meint Schönauer nicht etwa ironisch, diese Überlegung gab es wirklich einmal.

Harry Mödl, der Schutterhof-Wirt, ist gestern erschrocken, als er seinen Biergarten im Bayernteil des DK entdeckte; die Geschichte vom staatlichen Biergartenbau hat es auch in einige Münchner Zeitungen geschafft. „Dabei haben wir seit der Eröffnung des Schutterhofs so viel Positives gehört! Die erste Saison war ein großer Erfolg.“ Mit der Anbindung des Hofs an den Festungsrundweg sei „den Ingolstädtern auch ein Teil ihrer Geschichte, der ihnen lang vorenthalten wurde, zurückgegeben worden“. Und noch ein Wort zu den Kosten: „Ich zahle nicht nur eine Grund-, sondern auch eine Umsatzpacht.“ Der Staat bekomme also Geld zurück.

Jetzt hofft Mödl, „dass amal a Rua is mit dera Gschicht!“. Und es endlich Frühling wird.