Hilpoltstein
Der Schäferwagen als Gotteshaus

Matthias Knoch ist einer von vier Tourismusseelsorgern im Fränkischen Seenland

14.08.2020 | Stand 23.09.2023, 13:32 Uhr
Ein Mikrofon, eine Bibel und eine Gitarre: Mehr braucht der Touristenpfarrer Matthias Knoch nicht für seine Gottesdienste unter freiem Himmel im Fränkischen Seenland. −Foto: Fischer

Hilpoltstein/Haundorf - Pfarrer Matthias Knoch ist einer von vier Tourismusseelsorgern im Fränkischen Seenland.

Mit seiner rollenden Schäferwagenkirche lädt er im Sommer regelmäßig zum Gottesdienst unter freiem Himmel. Vielen Urlaubern schenkt er zudem ein offenes Ohr für Sorgen und Ängste.

In strahlend weißem Talar steht Matthias Knoch vor seiner gelben Schäferwagenkirche. Ein Mikrofon, eine Bibel und eine Gitarre. Mehr braucht der Touristenpfarrer nicht für seinen Gottesdienst unter freiem Himmel. Auf Bierbänken im Schatten unter großen Bäumen haben sich rund 30 Besucher eingefunden. Vom Brombachsee einige hundert Meter weiter ist das Plätschern des Wassers zu hören. Den Gottesdienst unter freiem Himmel lässt Pfarrer Knoch in den Sommermonaten jede Woche stattfinden. Normalerweise ist Knoch rund um den Altmühlsee unterwegs, an diesem Tag steht er ausnahmsweise am Brombachsee unterhalb des großen Waldcampingplatzes.

Die Idee für die Kirche auf Rädern kam den Dekanverantwortlichen vor rund zwölf Jahren. Als sich das Fränkische Seenland immer mehr zur Urlauberregion entwickelte, wollte die evangelische Kirche eine Möglichkeit finden, um zu den Gästen zu kommen. Als dann Pfarrer Knoch im Jahr 2008 von Auhausen im schwäbischen Landkreis Donau-Ries ins Fränkische Seenland kam, brachte er die Idee dafür praktisch schon mit. "Als Abschiedsgeschenk haben mir die Auhausener einen Schäferwagen gebaut", sagt er. Daraus entstand schnell die Idee, eine Schäferwagenkirche zu bauen und damit umherzuziehen. Seit zwölf Jahren sind nun gleich drei rollende Gotteshäuser am Altmühlsee und Brombachsee unterwegs. Sie alle sind geweihte Kirchen und Anlaufstelle für Einheimische wie Touristen.

Knoch legt bei seinem Gottesdienst viel Wert auf Menschlichkeit und direkten Kontakt. Starre Vorgaben gibt es bei ihm nicht. Eigentlich sieht das Kirchenjahr aktuell eine grüne Stola als Geistlichenkleidung vor. "Ich hatte aber keine grüne da, also habe ich die violette genommen", sagt er und lacht. Diese sei zwar eigentlich für Ostern gedacht, aber die Farbe sei ja immerhin passend für die evangelische Kirche, so der Pfarrer. Auch eine klassische Sonntagspredigt hält der 61-Jährige nicht. Stattdessen sind die Besucher eingeladen, ihn an ihren Gedanken teilhaben zu lassen. "Die Menschen kommen hierher und tanken auf", sagt Matthias Knoch. Das sei es, was Kirche ausmache.

Inzwischen haben einige vorbeilaufende Badegäste Halt gemacht und sich ebenfalls auf den aufgestellten Bänken niedergelassen. Auch ein junger Rollstuhlfahrer ist unter ihnen. Urlaubsseelsorger Knoch unterbricht seine Predigt. "Also das muss ich jetzt loswerden, ich finde es super cool, dass Sie jetzt mit dem Rollstuhl extra über den tiefen Graben zu uns gefahren sind. Herzlich willkommen", spricht Knoch ins Mikrofon.

Verschiedene Menschen aus verschiedenen Orten ein Ohr schenken. Das ist es, was Knoch an seiner Aufgabe als Tourismusseelsorger im Fränkischen Seenland schätzt. Zu seinen Gottesdiensten am Altmühlsee kommen schon mal bis zu 200 Besucher. Darunter sind viele Urlauber, weiß Knoch. Nach dem Gottesdienst sind die Besucher zu einem Gespräch eingeladen. Wer etwas auf dem Herzen hat, einen persönlichen Segen wünscht oder gemeinsam beten möchte, kann jederzeit vorbeikommen. "Das wird ganz regelmäßig angenommen", sagt der 61-Jährige. Oft sind es Sorgen vor einer anstehenden Operation oder Zweifel im persönlichen Alltag. "Ich nehme mir einfach die Zeit, das ist wirklich wichtig. "

Die rollende Kirche ist in der Region längst zu einem echten Markenzeichen geworden. Matthias Knoch sieht darin vor allem eine Möglichkeit, Menschen wieder zur Kirche zurückzuholen. "Hier kann jeder kommen und bleiben so lange er will. " Ob man sich den ganzen Gottesdienst anhört oder hier nur ein paar Minuten verweilt, sei egal. Die ungezwungene und lockere Art schätzen die Gäste. Für Knoch hat sich die damalige Idee mit den rollenden Kirchen voll ausgezahlt. "Und da ist auf jeden Fall auch noch viel Potenzial,um das auszubauen", sagt er.

HK

Simon Fischer