Der Pate der Schönheit

06.08.2008 | Stand 03.12.2020, 5:42 Uhr

Von der Hobbitinszenierung zum Mahnmal: Ludwig Angerer der Ältere feiert heute seine 70. Geburtstag. Von Ruhestand will der Künstler aus Biburg allerdings noch lange nichts wissen. - Foto: kx

Biburg (rog) Architekt und Kunstmaler Ludwig Angerer der Ältere vollendet sein 70. Lebensjahr. Er hat Arbeiten in verschiedenen Genres veröffentlich und will "dem kulturellen Verfall entgegen wirken".

Ludwig Angerer d. Ä. ist Architekt, Kunstmaler, Bildhauer und Autor. Der international bekannte Künstler vollendet heute sein 70. Lebensjahr. Da er sich durch sein Werk große Verdienste um das kulturelle Leben im Landkreis erworben hatte, erhielt er im Frühjahr die Kunst- und Kulturpreis 2008. Der gebürtige Oberbayer lebt seit 19 Jahren mit seiner Ehefrau Margit in Biburg.

Der vielseitige Künstler wurde am 7. August 1938 in Bad Reichenhall geboren. Von 1957 bis 1961 studierte er Architektur in München und besuchte dann weitere vier Jahre die dortige Akademie der Bildenden Künste. Nach seiner Zeit als Entwurfsarchitekt bei Alexander Freiherr von Branca arbeitet er seit dem Jahre 1975 in freischaffender Tätigkeit.

Zu seinen populärsten Arbeiten in verschiedenen Genres zählt die künstlerische Ausstattung des Films "Die unendliche Geschichte II", nach einem Roman von Michael Ende, für den er mit dem Bayerischen Filmpreis ausgezeichnet wurde. Der Künstler gestaltete im Jahre 1996 auf Wunsch seines langjährigen Freundes Ende dessen Grabmal auf dem Waldfriedhof in München.

Gegossener Marmor

Für die Theateraufführung von "Der kleine Hobbit" nach J. R. R. Tolkien in Hamburg entwarf Angerer d. Ä. 1994 Bühnenbild und Kostüme. Im gleichen Jahr veröffentlichte er seine Schrift: "Kulturpause: Streitschrift wider den Zeitgeist". Im Jahre 1996 gründete er das "Zentrum für Phantastische Kunst" mit.

Im Jahre 1997 erbaute Ludwig Angerer d. Ä. in Eigeninitiative unmittelbar vor seinem denkmalgeschützten Bauernhaus in seinem Wohnort Biburg die Erlöserkapelle. Gerade in der Region wird er vor allem mit diesem Bauwerk verbunden. Drei Bischöfe kamen im August 2000 nach Biburg um die Kapelle in einer ökumenischen Zeremonie gemeinsam einzuweihen. Sie ist mit Figuren aus Gussmarmor geschmückt – einer Verbindung von Carrara-Marmorstaub und Kunstharz, die gegossen wird und schließlich zu Marmor aushärtet. Das Kreuz in der Erlöserkapelle ist einem Lebensbaum mit Wurzeln und Ästen nachempfunden.

Die von Angerer d. Ä. dargestellten Menschen, junge und alte, streben zum Licht, zur Erlösung hin. Es gelingt dem Künstler dabei, durch das Zusammenspiel von Licht und Farbe dem Innenraum der Erlöserkapelle eine besondere Strahlkraft zu verleihen.

Religiöses Bewusstsein

Die farbige Kuppel aus mundgeblasenen Gläsern taucht den Sakralbau in ein magisches Licht. Dass seine künstlerische Gestaltungskraft ihre Wirkung nicht verfehlt, wird an den zahlreichen Besuchern deutlich "Ich besuche Ihre Kapelle immer wieder, obwohl ich eigentlich nicht religiös bin, aber ich kann mir gut vorstellen, dass ich durch sie religiös werden könnte", versichert einer von ihnen. Auch der ausführende Künstler meint, dass sich mit der umfangreichen Arbeit an diesem Werk sein religiöses Bewusstsein vertieft habe.

Wenn in den Kunstmetropolen der Großstädte kulturelle Ratlosigkeit herrsche, so Angerer d. Ä., sei die Provinz mit ihren noch nicht so angekränkelten Menschen aufgerufen, Impulse zu setzen. Es sei an der Zeit, wieder "christliche Kunst" zu schaffen, die den einfachen Menschen gefalle und zu der sie pilgern könnten. Diese Kunst "lebendiger Christen" sei dazu angetan, den Bau einer solchen "Kapelle für alle" zu fördern und mitzufinanzieren.

Der heutige Papst Benedikt XVI. verfasste noch als Joseph Kardinal Ratzinger ein handschriftliches Grußwort, in dem er dem Künstler alle guten Wünsche für sein Schaffen entbot. "Ich beglückwünsche Sie zu dem Kunstwerk, das endlich wieder einmal wirkliche sakrale Kunst darstellt; im Gegensatz zu so vielem, das nur den Verfall der Seele im Unglauben sichtbar macht." Auf die Frage, was ihn bewege, eine neue Kapelle zu erbauen, in Zeiten, in denen solche Bauten häufig nur als Belastung für einen Kommunalahaushalt gesehen werden, bezieht der Künstler klar Stellung: "Wenn die katholische Kirche in einer Zeit des zunehmenden Werteverfalls und der zur Mode gewordenen Verhöhnung des Göttlichen keine neuen sichtbaren Zeichen setzen kann, wird sie immer mehr Einfluss im geistigen Hintergrund des täglichen Lebens verlieren", sagt er und beklagt, dass die moderne christliche Kunst die Klarheit einer Gottesdarstellung vermeide und sich in "verschwommene abstrakte Unverbindlichkeit" flüchte. Viele Künstler schafften heute nicht mehr aus dem Gesetz der "göttlichen Übereinstimmung von Harmonie, Wahrheit und Gewissheit, sondern aus dem Zweifel heraus". Ludwig Angerer d. Ä. bezieht sich dabei auf Papst Paul VI., den er mit den Worten zitiert: "Auch ich bin erschreckt, und mein Herz blutet, wie sich die heutige Kunst vom Menschlichen, vom Leben entfernt."

Noch viel vor

In den vergangenen Jahren erhielt Ludwig Angerer d. Ä. mehrere Preise und Ehrungen, Unter anderem die Ernennung zum "Botschafter Niederbayerns" (2004). Außerdem ist er offizieller Pate des Wortes "Schönheit". Der Titel wurde ihm vom Verein Deutsche Sprache 2006 verliehen. Sein Triptychon "Seele Europa" ist im vergangenen Jahr im Europäischen Parlament in Brüssel ausgestellt worden. In diesem Jahr wurde er außerdem mit der "Trophèe Apocalypse Dore" des Europäischen Phantastensalons in Le Mont-Dore ausgezeichnet.

Viele Bürger des Landkreises Kelheim und darüber hinaus kennen Angerers Mahnmal an der Einfahrt zum Bombenabwurfplatz bei Siegenburg. Ein stiller Protest gegen den dortigen Fluglärm.

Trotz seiner beachtlichen Erfolge, hat Ludwig Angerer d. Ä. noch eine Menge vor. Für den geplanten Bau der 55 Meter hohen Christusstatue, einer Aktion der "Christliche Initiative Pax" (CIP) von Harry Vossberg auf dem 1613 Meter hohen Predigtstuhl in den Berchtesgadener Alpen, hat er die Entwürfe gefertigt. Außerdem plant der Künstler eine neuen Akademie als Alternative zu den bestehenden Akademien der Bildenden Künste. Er möchte dabei vor allem die Kunst der traditionellen Lasur-Malerei wieder neu beleben.