Schrobenhausen
Der Nachvorndenker

Zum Tode von Altbürgermeister Josef Höllbauer

28.02.2016 | Stand 02.12.2020, 20:09 Uhr

Josef Höllbauer, wie er Zeitgenossen und Wegbegleitern immer in Erinnerung bleiben wird: als visionärer Gestalter, als ein Mann mit Ideen, die sein Umfeld bisweilen überforderten. Das Bild zeigt ihn bei der Einweihung des Thiers-Kreisels Anfang der 90er-Jahre. - Foto: Wintermair

Schrobenhausen (SZ) Es ist ziemlich genau 20 Jahre her, dass sich Josef Höllbauer weitgehend aus der Öffentlichkeit zurückzog. Damals war er Anfang 60, und was er bis dahin in seinem Berufsleben geleistet hat, könnte schon Bücher füllen. Er war seiner Zeit in vielen Dingen voraus, manchmal war er fast zu schnell für die um ihn herum. Er hat etwas bewegt. Vor wenigen Tagen starb Josef Höllbauer, im Alter von 83 Jahren.

Josef Höllbauer war ein echter Münchner. Es war eine berufliche Chance, die ihn Mitte der 50er Jahre aus seinem geliebten Untermenzing nach Schrobenhausen führte: Der junge Ingenieur leistete Spektakuläres bei der Firma Bauer, er war an den Entwicklungen beteiligt, die später den Weltruf des Spezialtiefbauunternehmens begründen sollten, zum Beispiel am Injektionsanker. Höllbauer war ein Mann mit Ideen, mit Visionen, einer, der bereit war, nicht den einfachen, den naheliegenden Weg zu gehen, sondern Pfade zu beschreiten, die womöglich Mühen mit sich brachten.

Auch in der Politik. 1978 zog Höllbauer für die Freien Wähler, die damals in Schrobenhausen noch PWG hießen, in den Stadtrat ein, und 1984 passierte etwas, womit er eigentlich selbst nicht gerechnet hatte: Plötzlich war er hauptberuflicher Bürgermeister. Weil er einen CSU-Bürgermeister aus dem Amt gedrängt hatte - im tiefsten Bayern. Eigentlich hatte er ihn nur ein wenig ärgern wollen, hatte er einmal gesagt. Dann war es passiert. Die bisherige Lebensplanung war von heute auf morgen über den Haufen geworfen, alles war anders. Für ihn, aber auch für seine Frau Martha und die vier Kinder.

Und für die Leute im Rathaus, die zunächst versuchten, Josef Höllbauer in ihr System einzunorden, weil halt alles immer schon so war, wie es war. An ihm, dem freien Geist, der es gewohnt war, Grenzen zu erweitern und der sich nicht damit beschäftigte, wie man sich innerhalb zu enger Grenzen bewegt, scheiterten sie.

Denn Josef Höllbauer ließ sich nicht einbremsen, und wenn die Aktenstapel, die er jeden Morgen auf seinem Schreibtisch fand, noch so hoch waren. Er schwamm sich frei, und machte vieles anders.

Es kam eine Phase, in der in Schrobenhausen mutige Architektur ihren Platz bekam. Parallel spann er, begleitet von seinen politischen Weggefährten Helmut Eikam, Hans Scholz und einigen anderen das Netz der Städtepartnerschaften, das damals angesichts früher historischer Verwerfungen viel beachtete europäische Städtedreieck mit Thiers und Bridgnorth. Von einer Englandreise brachte er das Konzept der Kreisverkehre mit und baute in Schrobenhausen eine Kreuzung nach der anderen um, lange bevor dieses Modell in Deutschland in Mode kam.

Unter Höllbauer beschäftigte sich die Stadt erstmals mit ihrem Image; nach Höllbauer stellte sie das wieder ein. Das Signal lautete: Man muss nicht nur Geld in Gebäude stecken, man muss auch investieren, um eine Stadt mit Leben zu erfüllen. Immer wieder kämpfte Höllbauer gegen Unverständnis an, weil die Menschen um ihn herum zu sehr in alten, festgefahrenen Strukturen verhaftet waren. Höllbauer erkannte damals schon die Kraft, die von einer Landesgartenschau für Schrobenhausen ausgehen würde; die Zweifler und Bremser gingen seinen Weg nicht mit, die Bewerbung scheiterte.

Höllbauers erste Amtszeit war sehr erfolgreich, in der zweiten mehrte sich der politische Widerstand gegen Projekte, die nach vorn gedacht waren: Höllbauer wollte Klimaschutz, regenerativen Energien Raum geben - zu viel der Weitsicht für ein teils verknöchertes politisches Umfeld. Die Leitungsbilanz Höllbauers ist lang: das Spargelmuseum, die Stadthallenerweiterung mit dem damals mutigen Foyer, der Musikschulpavillon, der Glasanbau an die Volkshochschule, der Grundschulneubau. Etliche Früchte von Josef Höllbauers vorausschauender Arbeit fuhren seine Nachfolger ein; sie mussten nur in die Schublade greifen und seine Ideen umsetzen; und das passierte auch.

Neben seiner Weitsicht zeichnete Josef Höllbauer aber etwas ganz anderes aus: Er war einer, dem man vertraute. Viele, die nicht weiter wussten, weil sie in eine persönliche Schieflage geraten waren, gingen mit ihren Nöten zu ihm; er half, wo er konnte, ohne jemals Aufhebens davon zu machen. Höllbauer hatte immer ein offenes Ohr für die Bürgerinnen und Bürger, denn er war nicht in erster Linie Ingenieur oder Politiker, schon gar nicht Bürokrat, sondern er war vor allem Mensch.

Josef Höllbauer wird am Donnerstag in München-Untermenzing beigesetzt.