Pfaffenhofen
Der Landrat bekommt mehr Zeit

Wahlleiter will ärztliches Gutachten über die Geschäftsfähigkeit von Martin Wolf erstellen lassen

12.05.2017 | Stand 02.12.2020, 18:09 Uhr
Martin Wolf −Foto: Kraus (Archiv)

Pfaffenhofen (PK) Wie soll man über die politische Zukunft eines Menschen entscheiden, der nach einem schweren Unfall im Krankenhaus um seine Gesundheit und um sein Erinnerungsvermögen kämpft? Seit Tagen befassen sich hochrangige Juristen mit der Causa Martin Wolf – jetzt gibt es eine Art Fahrplan.

Einen Tag nach einer kryptisch formulierten Pressemitteilung des Landratsamtes, die im Landkreis für erhebliche Irritationen gesorgt hat, meldete sich gestern Wahlleiter Heinz Taglieber zu Wort. Der 61-Jährige ist für die korrekte Abwicklung der Landratswahl verantwortlich und dabei an keinerlei Weisungen „von oben“ gebunden. Zusammen mit Stellvertretendem Landrat Anton Westner und einem Juristen des Landratsamtes hatte Taglieber am Donnerstag den Landkreischef, der nach einem schweren Motorradunfall im Krankenhaus liegt und an einer Gedächtnisstörung leidet, besucht: „Martin Wolf war ansprechbar.“ Bevor es allerdings zu der im Wahlgesetz vorgeschriebenen Verständigung über seinen Wahlsieg gekommen sei, habe man den Besuch wegen einer medizinischen Behandlung beenden müssen.

Wie sehr seine Sätze nach bestem Juristendeutsch klingen, ist Taglieber völlig bewusst – angesichts der Umstände dieser Ausnahmesituation, für die es wohl keinerlei Präzedenzfälle gibt, kann der Wahlleiter aber vermutlich gar nicht anders. Seit Tagen wird um die weitere – vor allem rechtssichere – Vorgehensweise gerungen. Nach eingehender juristischer Beratung mit der Regierung von Oberbayern, die sich wiederum mit dem Bayerischen Innenministerium kurzgeschlossen hat, sieht man vor allem in einer wesentlichen Detailfrage klar. Einen möglicherweise im juristischen Sinne geschäftsunfähigen Landrat kann man nicht formell gemäß Artikel 47 Wahlgesetz über seinen Wahlerfolg informieren. Und solange diese offizielle „Verständigung“ nicht erfolgt ist, kann die Sieben-Tages-Frist, binnen derer Wolf die Wahl annehmen müsste, auch nicht anlaufen.

Aus Gründen der Rechtssicherheit hat nun das Landratsamt ein gerichtliches Verfahren angestoßen, mit dem Ziel, ein amtsärztliches Gutachten über die Geschäftsfähigkeit des Landrats erstellen zu lassen. Taglieber: „Aus dem daraus resultierenden Ergebnis ergeben sich dann die weiteren Verfahrensschritte.“

Was passiert, wenn Martin Wolf geschäftsfähig ist? Läuft dann die Sieben-Tages-Frist sofort an? Und wenn nicht? Wird dann ein gesetzlicher Vertreter eingesetzt, und kann der dann die formelle „Verständigung“ anstelle des Landrats entgegen nehmen? Zu anschließend möglichen Szenarien wollte Taglieber keine Stellung nehmen: „Wir werden jetzt Schritt für Schritt vorgehen und uns an keinen Spekulationen beteiligen – zumal weitergehende Rechtsfolgen derzeit noch gar nicht absehbar sind“.
 

Kommentar von Rudi Gegger

Vertuschen und Zeit schinden: Genau diesen Eindruck hat am Donnerstag das Pfaffenhofener Landratsamt mit seiner – gelinde ausgedrückt – verunglückten Pressemitteilung in schwammigem Juristendeutsch hinterlassen. Gut, dass die Landkreisbehörde wieder zu einer vernünftigen Informationspolitik gegenüber der Öffentlichkeit zurückgefunden hat, die ohnehin durch die vielen ins Kraut schießenden Spekulationen genug verunsichert ist.
Dass sich Wahlleiter Heinz Taglieber mit Details über den Krankenhausbesuch bei Martin Wolf zurückhält, ist indes mehr als verständlich. Auch bei einem Landrat als öffentliche Person gibt es Grenzen. Hier geht es um den intimsten Privatbereich, der nur die Familie etwas angeht – mit der derzeit wohl niemand tauschen möchte.

Der juristische Weg, den der Wahlleiter nun beschreiten will, klingt plausibel und ist auch für einen juristischen Laien nachvollziehbar. Und auch wenn jetzt manche wieder eine Verzögerungstaktik wittern: Die Vorgehensweise hat eine erfreulich menschliche Komponente. Sie verschafft Martin Wolf mehr Zeit. Zeit, die man dem Landrat, der – geringe Wahlbeteiligung hin oder her – mit 75 Prozent der Stimmen in seinem Amt bestätigt wurde, auch gönnen sollte.