Der Kult um "Mosi" ist verblasst

13.01.2010 | Stand 03.12.2020, 4:20 Uhr

München (DK) Der Meister der Selbstvermarktung liebte den königlichen Auftritt à la Ludwig II.: In der Öffentlichkeit zeigte sich Rudolph Moshammer stets in feinem Zwirn, mit schwarzer Volumenfrisur, in Form getrimmtem Oberlippenbärchen und mit Yorkshireterrier Daisy im Arm – ebenso adrett geschmückt mit stets farblich wechselnden Schleifchen im hellbraunen Hundehaar.

Auch wenn "Mosi" bei seinen schrillen Auftritten von den meisten Zuschauern mehr belächelt als bewundert wurde: Sein tragischer Tod vor fünf Jahren schockierte nicht nur die Münchner Bussi-Bussi-Gesellschaft, sondern ging weit über Bayerns Grenzen hinaus. Tagelang belagerten Fans sein Haus und sein Geschäft, legten Blumen nieder und zündeten Kerzen an. Tausende Menschen kamen zusammen, als Moshammers Sarg durch die Innenstadt getragen wurde. Der Fernsehsender Sat.1 hatte sich die Exklusivrechte für die Übertragung der Feierlichkeiten gesichert.

"Promi des Jahres"

Doch heute erinnert kaum mehr etwas an den einstigen "Promi des Jahres". Keine Straße wurde nach ihm benannt, keine Moshammer-Figur aufgestellt. Auch die Fans pilgern nicht mehr zu seinem Grab. Der Modezar scheint vergessen zu sein.

In der Nacht zum 14. Januar 2005 wurde Moshammer in seiner Villa in Grünwald ermordet. Ein 25-jähriger Stricher hatte ihn mit einem Kabel erdrosselt, als es nach intimen Stunden zum Streit um die Bezahlung des jungen Mannes kam. Nach Aussagen des verschuldeten Täters hatte ihn Moshammer in der Nähe des Münchner Hauptbahnhofes angesprochen und ihm 2000 Euro für sexuelle Gefälligkeiten geboten.

Moshammers Chauffeur Andreas Kaplan, ein enger Vertrauter des Modeschöpfers, fand am nächsten Morgen die Leiche seines Chefs und rief umgehend die Polizei. Bei der Testamentseröffnung am 18. Januar ging der Großteil von Moshammers Vermögen an Walter Käßmeyer, einen langjährigen Geschäftspartner. Kaplan erhält eine monatliche Leibrente, erbte eine Wohnung und das Sorgerecht für Hündchen Daisy, die er bei sich aufgenommen hatte. 2006 starb die Hundedame an einer Luftröhrenverengung.

Geboren am 27. September 1940 wuchs Rudolph Hans Albert Moshammer in München auf. Sein Vater war Direktor einer Versicherung, seine Mutter Else Hausfrau. Bereits in jungen Jahren soll er bereits sein gestalterisches Talent entdeckt und Bademäntel, Kleider und Hüte für die Freundinnen seiner Mutter entworfen haben. Später begann er eine Ausbildung als Einzelhandelskaufmann in einer Stoffgroßhandlung. Von da an stand sein Berufswunsch fest: Er wollte in die Modebranche.

Als der Vater seine Arbeit verlor, nahm Moshammers behütete Kindheit ein jähes Ende: Die Ersparnisse der Familie waren schnell aufgebraucht, nicht einmal die Stromrechnung konnte sie noch bezahlen. Der Vater ertränkte seine Sorgen im Alkohol und landete – als Else und ihr Sohn aus Furcht vor ihm in eine eigene Wohnung gezogen waren – auf der Straße. Er starb einige Jahre darauf.

Doch Moshammer ließ sich dadurch nicht von seinem Weg abbringen: Nach einer befristeten Anstellung bei Christian Dior in Paris eröffnete er 1968 in München sein eigenes Geschäft "Carnaval de Venise" in der Maximiliansstraße. Die Boutique leitete er zusammen mit seiner Mutter, die ihm später mit ihren lila Haaren und pink geschminkten Lippen in Sachen Exzentrik in nichts nachstand. Bis zu ihrem Tod im August 1993 hatten die beiden ein inniges Verhältnis.

Moshammers Fleiß zahlte sich aus: Immer mehr und immer prominentere Kunden kauften sich seine Designermode – vom damaligen Hollywoodstar Arnold Schwarzenegger über Adelige wie König Karl Gustaf von Schweden bis hin zu Tenor José Carreras. Besonders für seine Seidenkrawattenkollektion erlangte er internationalen Ruhm, auch wenn sein Modehaus nie zur Haute Couture gehörte. Daneben schaffte sich Moshammer noch ein zweites Standbein und wurde Eigentümer des ältesten Restaurants Münchens, der "Hundskugel".

Aber auch an seiner Präsenz in den Medien arbeitete Moshammer hart: "Mosi" wurde zur Marke. Er ließ keine Schickeria-Party aus, trat bei Fernsehshows und in der Werbung auf und schrieb sich mit Büchern wie "Mama und ich" in die Bestsellerlisten. Auch eine Pflegeserie für Hunde gab er heraus. Es folgten CD-Aufnahmen und Rollen in deutschen Filmen, Serien und am Theater. 2001 trat er mit der Band Zwietracht und dem Titel "Teilt Freud und Leid" sogar bei der Vorentscheidung zum Eurovision Song Contest an. Als Liebling der Boulevardpresse wurde er 2004 zum "Promi des Jahres" gewählt.

Soziales Engagement

Moshammer setzte sich allerdings auch für soziale Belange ein. Er gründete die Stiftung "Licht für Obdachlose", unterstützte die Obdachloseninitiative "Biss", verteilte im Advent Spenden für die Tafel und übernahm eine aktive Patenschaft für ein Suchtentwöhnungszentrum für Alkoholkranke.

Und heute? In Moshammers früherem Geschäft werden mittlerweile keine Klamotten mehr, sondern Schweizer Luxusuhren verkauft, sein Gasthaus gehört einer Erbengemeinschaft. Um die Pflege von Moshammers Grab, ein riesiges Mausoleum auf dem Münchner Ostfriedhof, kümmert sich "Biss". Selbst der ehemalige Chauffeur Kaplan sagte in einem Interview, dass er die letzte Ruhestätte seines Chefs nur sporadisch besuche.

Ein "Mosi"-Musical und eine Oper über den Modeschöpfer waren Flops. Bei eBay findet man zwar noch einige Moshammer-Artikel – diese erzielten aber lediglich einen Durchschnittswert von 16,79 Euro, wie die "Süddeutsche Zeitung" berichtet. Der Kult um eine der schillerndsten Figuren Bayerns ist abgeebbt.