Eichstätt
"Der hundertprozentig richtige Weg"

Emmeran Hollweck zieht Bilanz

28.06.2018 | Stand 02.12.2020, 16:10 Uhr
Nach 19 Jahren bei der Sparkasse Eichstätt und zuletzt Ingolstadt-Eichstätt geht Emmeran Hollweck in den Ruhestand. −Foto: Redl

Eichstätt (DK) 17,5 Jahre stand er an der Spitze der Sparkasse Eichstätt. Nach der Fusion mit Ingolstadt war er stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Gesamtsparkasse mit einer Bilanzsumme von 5,4 Milliarden Euro. Nach insgesamt 43 Jahren bei der Bank hat er heute seinen letzten Arbeitstag. Im Gespräch mit unserer Zeitung zieht Emmeran Hollweck Bilanz.

Haben Sie die letzten Tage vor dem Eintritt in Ihren Ruhestand gezählt?

Emmeran Hollweck: Nein. Dazu blieb auch keine Zeit. Am 1. Januar 2017 war die Fusion, und da denkst du nach vorne und glaubst, noch eine ganze Menge Zeit zu haben, die anstehenden Prozesse zusammenzuführen, andere abzuwickeln, vor allem die Mitarbeiter mitzunehmen, und bis du schaust, ist die Zeit um. Ich hoffe, jetzt habe ich dann mehr Gelegenheit, durchzuschnaufen.

Welches Ereignis war für Sie die größte Herausforderung, der größte Meilenstein in Ihrer Sparkassenzeit?

Hollweck: Das war zweifelsohne die Fusion. Die vergangenen drei Jahre waren die absolut größte Herausforderung. Niemand kann sich vorstellen, was das für ein Kraftakt war. Da gab es das normale Geschäft, die Fusion, die Politik im Rahmen der Fusion, die Kunden. Die mussten alle mitgenommen werden. Und: Wer spricht heute noch von der Fusion? Viele Zweifler und Bedenkenträger sind zwar eventuell noch nicht ganz davon überzeugt, aber Nachteile hatte bislang niemand von dem Zusammenschluss: weder Mitarbeiter, noch Kunden, noch Politik. Im Gegenteil: Wir können unseren Kunden heute schneller und umfangreicher zur Seite stehen als zuvor, und die Bank an sich geht in eine sicherere Zukunft als im Alleingang.

Würden Sie wieder fusionieren?

Hollweck: Ja, morgen. Weil ich nach wie vor hundertprozentig davon überzeugt bin, dass dies der richtige Weg ist. Das Umfeld gibt uns ja auch recht, wie die gerade vollzogene Fusion der Volksbank-Raiffeisenbank Bayern Mitte mit der Hallertauer Volksbank zeigt. Die ging völlig geräuschlos über die Bühne.

Warum war von Geräuschlosigkeit beim Zusammenschluss mit Ingolstadt keine Rede?

Hollweck: Da müssen Sie andere fragen. Die ersten Gespräche mit Ingolstadt und damals noch Pfaffenhofen fanden im März 2015 statt, und dann kamen die Querschüsse.

Dass Pfaffenhofen dann letztendlich nicht mitgemacht hat und damit auch gut fährt, lässt Sie an der Fusion mit Ingolstadt nicht zweifeln?

Hollweck: Nein. Das war auch keine Entscheidung der Bank, sondern der Pfaffenhofener Rathauspolitik.

Wieder zurück zu Ihrem Haus. Wäre die Fusion auch notwendig geworden, wenn die Europäische Zentralbank ihre rigide Niedrigszinspolitik nicht so lange betrieben hätte?

Hollweck: Vielleicht noch nicht gleich, aber mittelfristig auf jeden Fall. Sicherlich wäre ohne die Niedrigzinsphase eine Belastung für unser Haus weggefallen, aber beim Thema Regulatorik wären wir genauso gefordert gewesen. Wir sind mit der Fusion stärker geworden und können uns am Markt besser behaupten. Das gibt den Mitarbeitern Sicherheit und den Kunden ebenso. Auch die Kommunen profitieren davon. Wir haben im vergangenen Jahr mehr Gewerbesteuer an die Stadt Eichstätt bezahlt als im Jahr davor als eigenständige Sparkasse. Wären wir alleine geblieben, wäre diese Zahl deutlich geringer ausgefallen mit weiter fallender Tendenz. Eichstätt bekommt jetzt zudem noch Gewinnausschüttung. Die Stadt profitiert also in doppeltem Maße von dem Zusammenschluss.

Hat es nach der Fusion einen Stellenabbau gegeben?

Hollweck: Es gab keinen. Im Gesamthaus bei einem Personalstand von etwa 900 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern haben wir im ersten Jahr nach der Fusion etwa 25 sogenannte Mitarbeiterkapazitäten verloren. Dabei aber war keine einzige Kündigung von unserer Seite. Es handelt sich also nur um Abgänge aus eigenem Antrieb. Natürlich waren auch Fusionsgegner darunter. Aber noch einmal: Wir haben keinem einzigen Mitarbeiter gekündigt.

Wie stark hat Sie persönlich das Gezerre um die Fusion emotional belastet?

Hollweck: Meine Gelassenheit ist da oft an ihre Grenzen gekommen, das gebe ich gerne zu. Denn ich hatte, und habe immer noch, eine starke Verbindung zu Eichstätt und zum Landkreis. Mich interessiert sehr, was hier noch vor sich geht. Ich habe ja wirklich mit Herzblut für diese Fusion gekämpft. Ein großer Faktor in dieser Auseinandersetzung war das Gewerbesteueraufkommen jetzt und künftig. Und wenn wir heute sagen können, dass wir nach dem ersten Jahr nach der Fusion deutlich mehr an Gewerbesteuer an die Stadtkasse zahlen, dann interessiert dies kaum noch jemanden. Auch die Beratung ist nach wie vor an Ort und Stelle vorhanden. Die Reduzierung und Zusammenlegung einiger kleiner Geschäftsstellen hat diesem Service nichts weggenommen.

Was geschieht mit den nun leer stehenden Räumen in der Hauptstelle an der Gabrielistraße in Eichstätt?

Hollweck: Es gibt keine leer stehenden Räume. Alle sind von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern belegt. Zudem haben wir das neue zentrale Kundenservicecenter hier installiert. Die Räume sind bereits voll eingerichtet, klimatisiert und aufwendig renoviert. Dass wir von hier aus noch nicht arbeiten, liegt einzig und alleine daran, dass unser Telefonanbieter die Leitungen noch nicht freigeschaltet hat. Deshalb müssen wir noch von Ingolstadt aus arbeiten. Und an diese Servicestelle kann sich jeder Kunde 24 Stunden die Woche wenden. So gesehen bauen wir den Service aus.

Lassen wir die Fusion, auch wenn sie Sie die letzten drei Jahre intensiv beschäftigt hat, mal beiseite. Die Bankenwelt hat sich in Ihrer aktiven Zeit gehörig gewandelt. Aufsicht, Risiko, Regeln, Regulierung. . . Alles notwendig?

Hollweck: Das Problem ist doch, dass nicht wir als kleinere Geldinstitute die Bankenkrisen verursacht haben, sondern die großen Geldhäuser. Aber die Regulatorik betrifft alle gleichermaßen. Und die ist immens und mit einem riesigen Personal- und Kostenaufwand verbunden. Neben Kontrollverfahren von außen haben wir selbst ja auch unsere Kontroll- und Prüfsysteme. Ich gehe zudem davon aus, dass diese Regulatorik noch ausgebaut wird.

Mit welchem Ziel?

Hollweck: Letztlich geht es wohl auch darum, die Zahl der eigenständigen Geldhäuser in Deutschland von derzeit etwa 1600 deutlich zu reduzieren. Und kleinere Einrichtungen werden diesen Aufwand nicht mehr leisten können.

Besteht dann nicht die Gefahr, dass diese großen Häuser "systemrelevant" werden und bei einer Krise wieder vom Steuerzahler gerettet werden müssen?

Hollweck: Ich erwarte jedenfalls nichts Gutes von dieser Entwicklung. Aber die Reduzierung der Anzahl der Geldinstitute in Deutschland (übrigens auch in Österreich) scheint Ziel der Europäischen Zentralbank zu sein. Die Absicht der Aufsicht, die Zahl der selbstständigen Geldhäuser in Deutschland dem europäischen Standard anzugleichen, ist nicht von der Hand zu weisen.

Halten Sie somit die Regulatorik für übertrieben?

Hollweck: Eine Regulatorik, die der Größe und dem Risiko der jeweiligen Bank angepasst ist, ist sicherlich sinnvoll. Aber wenn kleinere Institute die gleichen Auflagen erfüllen müssen wie die größten, dann führt dies zu einer Schieflage.

Was werden Sie jetzt am meisten vermissen?

Hollweck: Die Zusammenarbeit mit den Mitarbeitern, mit den Kollegen aus den anderen Häuser - in erster Linie innerhalb der Sparkassenorganisation, aber auch beispielsweise mit den Genossenschaften. Um von Erfolgen und Misserfolgen der Kollegen zu lernen. Ansonsten: Ich habe jetzt 45 Berufsjahre hinter mir und es gibt auch ein Leben danach.

Haben Sie schon Pläne für eine Beschäftigung im Ruhestand?

Hollweck: Nein, ich bin kein Mensch, der schon seit zwei Jahren überlegt, was mache ich, wenn die Zeit des Ruhestandes kommt. Wir haben noch ein kleines, von meiner Mutter ererbtes Anwesen im Allgäu mitten in der Pampa- mit großen Wiesen drumherum, eine kleine Scheune mit einem Bulldog drin. Das haben wir wieder hergerichtet, und dort werden meine Frau und ich uns sicherlich jetzt öfter aufhalten.

Gibt es eine Abschiedsfeier?

Hollweck: Nein. Das wollte ich nicht. Es gibt eine kleine Feier in der Sparkasse Ingolstadt, zu der jeder Mitarbeiter, jede Mitarbeiterin kommen kann, der oder die möchte. Große Feiern, wie es sie in der Vergangenheit gegeben hat, passen nicht in unsere Zeit, und ich selber bin auch nicht der Typ für so etwas.

Das Gespräch führte Hermann Redl.