Pfaffenhofen
"Der Einfluss der Politik wird überschätzt"

28.06.2011 | Stand 03.12.2020, 2:41 Uhr

Kennt die Region und deren wirtschaftliche Situation: Frank Pöpsel, Chefredakteur von „Focus Money“, lebt selbst im Kreis Pfaffenhofen, der beim Ranking seines Magazin so gut abgeschnitten hat.

Pfaffenhofen (PK) Im aktuellen Ranking von „Focus Money“ belegt der Landkreis Pfaffenhofen bundesweit Rang zwei in Sachen Wirtschaftskraft. Wir sprachen darüber mit dem Chefredakteur des Magazins: dem Pfaffenhofener Frank Pöpsel.

Landkreis-Ranglisten üben einen hohen Einfluss auf die öffentliche Meinungsbildung – regional und überregional – im Hinblick auf die Wettbewerbsstellung einer bestimmten Region aus. Auf der bundesweiten Rangliste von „Focus Money“ steht der Landkreis Pfaffenhofen, wie berichtet, zurzeit auf Platz zwei von 401 bewerteten und wird nur noch vom Kreis Freising übertroffen. Eine glänzende Bilanz, mit der sich freilich auch gerne die Politiker schmücken. Der Chefredakteur von „Focus Money“, Frank Pöpsel, lebt in Pfaffenhofen. Unser Mitarbeiter Alfred Raths sprach mit ihm über die Bedeutung dieses für den Landkreis so erfreulichen Rankings, den Einfluss der Politik auf die Wirtschaft und den Traum, den Landkreis Pfaffenhofen bald sogar auf Platz eins der Rangliste zu hieven.

Herr Pöpsel, „Focus Money“ misst die Wirtschaftskraft eines Landkreises anhand von sieben Faktoren. Die Daten stammen von den statistischen Landesämtern und der Bundesagentur für Arbeit und geben je nach Faktor den Datenstand von bis zu zwei vorangegangenen Jahren wider. Wie aussagekräftig und richtungsweisend ist das?

Frank Pöpsel: Das Focus-Money-Landkreis-Ranking ist eine Bestandsaufnahme. Es zeigt im Rahmen eines Benchmarkings, wie die Landkreise wirtschaftlich aktuell im Verhältnis zueinander da stehen. Auch wenn aktuell in diesem Fall heißt, dass die Daten mitunter zwei Jahre alt sind – es sind die neusten verfügbaren Zahlen. Es braucht eben seine Zeit, bis die Daten von den statistischen Landesämtern zusammengetragen und ausgewertet sind. Die Aussagekraft wird dadurch nicht geschmälert, da alle Regionen ja zum gleichen Zeitpunkt betrachtet werden.

Wenn Sie sich das Ranking der vergangenen Jahre ansehen und mit dem jüngsten vergleichen, können Sie besondere Stärken des Landkreises Pfaffenhofen herauslesen?

Pöpsel: Die Arbeitslosenquote ist extrem niedrig, in den vergangenen fünf Jahren immer Top 10, aktuell liegt sie bei 2,83 Prozent; die Bruttowertschöpfung, aktuell rund 63 400 Euro je Erwerbstätigen, ist hoch und war die vergangenen fünf Jahre unter den Top 33. Insgesamt sind die Daten recht ausgewogen in allen Faktoren, daher die dauerhaft gute Platzierung.

Gibt es ein Kriterium, bei dem sich unser Kreis über die Jahre hinweg positiv entwickelt und damit deutlich verbessert hat?

Pöpsel: Ja, seit 2006 gibt es jedes Jahr eine Verbesserung bei der Platzierung im Faktor „Investitionen im verarbeitenden Gewerbe“ – von Rang 176 im Jahr 2006 auf Rang zwei im Jahr 2010 – und bis auf ein Jahr eine stetige Verbesserung beim Platz im Faktor Veränderung der Erwerbstätigenzahl: Platz 257 im Jahr 2006 und Platz 52 im vergangenen Jahr.

Welche Verpflichtungen, etwa in sozialen Bereichen oder auch beim Umweltschutz, erwachsen Ihrer Meinung nach den Unternehmen eines Kreises bei einer so guten Ranking-Platzierung, wie sie jetzt schon Pfaffenhofen hat?

Pöpsel: Unternehmen haben in einer sozialen Marktwirtschaft die Aufgabe nachhaltig zu wirtschaften, Gewinne zu erzielen, um weiter investieren zu können und fair mit ihren Mitarbeitern umzugehen. Sie haben nicht die Verpflichtung, in Kindergärten oder Grünanlagen zu investieren. Das obliegt der Stadt oder der Gemeinde.

Was halten Sie von der Wirtschaftskraft des Mittelstands im Kreis Pfaffenhofen und welchen Einfluss auf den Landkreisvergleich wird sie künftig wohl haben – wagen Sie eine Prognose?

Pöpsel: Der Mittelstand und nicht die Großunternehmen sind in Deutschland das Rückgrat der Wirtschaft. Das ist auch im Landkreis Pfaffenhofen so. Wie gut es der mittelständischen Wirtschaft geht, ist aber abhängig von der Lage der allgemeinen Konjunktur. Und hier sind Prognosen – das wusste schon Karl Valentin – bekanntlich immer dann besonders schwierig, wenn sie in die Zukunft gerichtet sind.

In Pfaffenhofen ist in rund drei Wochen Landratswahl. Im Wahlkampf wird die gute Platzierung im Focus-Money-Ranking freilich immer wieder thematisiert und so mancher träumt davon, den Landkreis sogar auf Rang eins zu hieven. Glauben Sie, dass das kurz- oder mittelfristig zu schaffen ist?

Pöpsel: Der Einfluss der Politik auf die Wirtschaft wird gerne überschätzt – insbesondere von den Politikern. Fakt ist: Der Landkreis Pfaffenhofen profitiert seit Jahrzehnten von der Nähe zu den Wirtschaftsräumen München und Ingolstadt. Die boomende Konjunktur – insbesondere auch im Automobilsektor – kommt dadurch auch unserem Landkreis stark zugute. Die Politik kann nur die Rahmendaten setzen.

Was raten Sie denn den Entscheidern in Unternehmen und Politik des Kreises Pfaffenhofen, um in den kommenden Jahren vielleicht doch noch die Bestplatzierung im Ranking Ihres Magazins erreichen können?

Pöpsel: Ich denke, es gibt Wichtigeres, als im Focus-Money-Ranking den ersten Platz zu erreichen. Die Politik muss dazu beitragen, dass Stadt und Kreis nicht über ihre Verhältnisse leben – also nicht mehr ausgeben, als sie einnehmen – und die Menschen in der Region sich wohl fühlen. So schafft sie die Rahmendaten, dass die Wirtschaft weiter wachsen kann und junge, gut ausgebildete Menschen in die Region zuziehen. Ob Pfaffenhofen dann Erster oder Zehnter von mehr als 400 Landkreisen in ganz Deutschland wird – es ist auf jeden Fall eine Top-Platzierung, die sich die Menschen in der Region erarbeitet haben.