Der CDU-Rebell

Kommentar

23.08.2016 | Stand 02.12.2020, 19:23 Uhr

Kaum einer in der CDU hat ein so ausgeprägtes Gespür dafür, wie die Stimmung draußen ist, wie die Basis tickt. Wolfgang Bosbach war mit seiner medialen Omnipräsenz Sprachrohr und Projektionsfläche vieler, die unzufrieden mit dem Kurs von Angela Merkel sind.

Jetzt hat er sich für den Abschied aus der Politik entschieden - auch aus gesundheitlichen Gründen, aber eben nicht nur.

Mit der Rolle des Rebellen, der immer häufiger in Widerspruch mit der offiziellen Linie in Partei und Fraktion geriet, hat er zuletzt immer wieder kokettiert, vor allem aber erkennbar gehadert. Wortgewaltig hat er seine Positionen vertreten, sei es seine Kritik an der Euro-Rettungspolitik oder an der Politik der offenen Grenzen in der Flüchtlingskrise. Bosbach tingelte von Talkshow zu Talkshow, versuchte, sachlich zu argumentieren, verzichtete jedenfalls auf persönliche Angriffe gegen die Kanzlerin. Das zeichnet ihn aus. Als jemand, der auch von denjenigen ernst genommen wird, die damit liebäugeln, ihr Kreuz bei der AfD zu machen, wird er der Kanzlerinnen-Partei fehlen.

Wolfgang Bosbach brauchte zuletzt kein Amt mehr, um sich Gehör zu verschaffen. Als Hinterbänkler unter den beliebtesten Politikern Deutschlands zu sein - das muss ihm erst einmal jemand nachmachen. Großes Bedauern über seinen angekündigten Abschied ist weder aus dem Kanzleramt noch aus der CDU-Zentrale zu vernehmen. Vielleicht liegt darin ein Teil des Problems.