Dollnstein
Den Blick für alte Bausubstanz schärfen

17.08.2010 | Stand 03.12.2020, 3:46 Uhr |

Das Anwesen Papst-Viktor-Straße 11 in den 30-er Jahren des vorigen Jahrhunderts (linkes Bild) und heute.? Repro: be

Dollnstein (EK) "Dollnstein, die verspielte Riesenchance". So titelte der Architekt Johannes Geisenhof in der Zeitschrift "Das Jurahaus", Heft 1997/98, seinen Beitrag über den Abbruch zahlreicher alter Jurahäuser im Ort in den Jahrzehnten davor.

"Es hätte ein zweites San Gimignano sein können – aber diese Chance ist vertan. Das tor- und türmereiche steinerne Dollnstein an der Altmühl hat seinen mittelalterlichen Kern selbst zerstört", urteilt Geisenhof. Dem Autor ist Recht zu geben. Durch seinen Beitrag hat er aber sicher auch daran mitgewirkt, dass nicht auch noch die letzten Reste der alten Bausubstanz im Markt abgebrochen wurden. Allen voran gilt dies für das jetzt vorbildlich sanierte und für das Ortsbild prägende Gebäude der Vorburg aus dem Jahr 1445.

 
Dass es aber doch noch eine erstaunliche Anzahl alter Jurahäuser gibt, die noch ganz erhalten sind oder wenigstens – nicht in jeden Fall sofort auf den ersten Blick erkennbar – große Teile ihrer jahrhundertealten Bausubstanz bewahrt haben, zeigt Gerald Neuber in einer anlässlich des Burgfestes der Burgfreunde Dollnstein konzipierten Ausstellung in der renovierten Vorburg.

In akribischer Arbeit und mit großer Sachkenntnis hat Neuber diese alte Bausubstanz erfasst, zum Teil auch "wiederentdeckt", und in einen heutigen Katasterplan eingezeichnet. Damit zeigt er, wie sich vor allem in den ältesten Siedlungsbereichen – im Inneren Markt um das Ensemble Burg, Marktplatz, Kirche, im Äußeren Markt um den ehemaligen Meierhof – nicht nur die mittelalterliche Siedlungsstruktur erhalten hat, sondern in vielen Häusern in unterschiedlicher Deutlichkeit ihre alte Bauweise noch heute zu erkennen ist. Neuber verdeutlicht dies, nach Ortsstraßen geordnet, mit Fotografien aus jüngster Zeit.

Wo alte Aufnahmen vorhanden sind, stellt er diese den neuen Fotos gegenüber und schärft durch diese Vergleichsmöglichkeit den Blick des Betrachters für die erhaltene alte Bausubstanz in "neuen" Gebäuden. Genau dies will auch das "Rätsel für Dollnsteiner und solche, die es werden wollen", erreichen. Der Betrachter soll mit Hilfe von Fotos kaum beachtete, versteckte Winkel und Objekte im Ort identifizieren und lokalisieren.

Ein großes Anliegen ist es Neuber, aufzuzeigen, dass der Wert solcher alter Objekte nicht nur in ihrem äußeren Aussehen und damit ihrem Beitrag für das Ortsbild besteht, sondern dass sie in ihrer erhaltenen Substanz auch Informationen über die Vergangenheit enthalten: über die Bautechniken in vergangenen Jahrhunderten, über die Sozialstruktur und über das Wirtschaftsleben ihrer einstigen Bewohner. Er veranschaulicht dies an einem aktuellen Beispiel: dem eben sanierten Bau der Vorburg. Im "Altmühlzentrum Burg Dollnstein", das darin zurzeit eingerichtet wird, sollen diese Aspekte in einer eigenen "Führungslinie" veranschaulicht werden.

Von selbst versteht es sich, dass Neuber die einzelnen Bauten in die Gesamtheit der Ortsentwicklung einbettet. Aus der in der Merowingerzeit im 7./8. Jahrhundert hier entstandenen Einzelhofsiedlung wurden durch Teilung die beiden ältesten Höfe gebildet: der zur Burg gehörige Bauhof nördlich der Altmühl und der seit 1007 dem Kloster Bergen gehörende Abteßmaierhof ("Meierhof") südlich des Flusses.

Wohl noch vor der Jahrtausendwende entstanden durch Abtrümmerungen von den Althöfen und durch Rodungen neue Bauerngüter. Seine endgültige, bis heute im Inneren und Äußeren Markt sichtbare Form erhielt der Altortbereich dann mit der Marktwerdung 1387 und der daran anschließenden Überformung und Befestigung des nördlichen Siedlungsteils. In mehreren Plänen verdeutlicht die Ausstellung auch diese interessante und von Neuber anlässlich der 1000-Jahr-Feier im Jahr 2007 erforschte Entwicklung.

Die Ausstellung im Touristikbüro in der Vorburg, das nur durch das Burgtor zugänglich ist, ist noch bis zum Ende der Sommerferien von Montag bis Freitag von 9 bis 11 Uhr und von 15.30 Uhr bis 17.30 Uhr zu besichtigen. Der Eintritt ist kostenlos.

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