Riedenburg
"Demokratie lebt vom Mitmachen"

Landtagsabgeordnete aus vier Parteien berichten an der Staatlichen Realschule von ihrer Arbeit

20.03.2015 | Stand 02.12.2020, 21:31 Uhr

„Der Landtag sind wir!“ hieß es diese Woche an der Staatlichen Realschule Riedenburg. Dabei lernten die Schüler praxisnah, wie Gesetze verabschiedet werden. Die Landtagsabgeordneten Rosi Steinberger (im Vordergrund, von rechts), Hubert Aiwanger, Johanna Werner-Muggendorfer und Martin Neumeyer (stehend) berichteten aus ihrem politischen Erfahrungsschatz - Foto: Rast

Riedenburg (rat) Ein Zeichen gegen die Politikverdrossenheit ist an der Staatlichen Realschule Riedenburg gesetzt worden. An dem Projekt „Der Landtag sind wir!“ nahmen etwa 60 Zehntklässler teil. Begeistert erlebten die Schüler, wie in der Praxis Politik gemacht wird.

Um der Aktion die nötige Realitätsnähe zu geben, kamen am Montag sogar vier Landtagsabgeordnete in die neu gebaute Bildungseinrichtung: Johanna Werner-Muggendorfer (SPD), Rosi Steinberger (Grüne), Hubert Aiwanger (FW) und Martin Neumeyer (CSU). Die vier Parlamentarier kennen und schätzen sich. Von einer bissigen Debatte, wie bisweilen im Münchener Maximilianeum zu erleben, konnte also nicht die Rede sein, als sie sich den Fragen der Schüler stellten.

Zuvor hatten sich die Jugendlichen ausgiebig dem Thema Verbraucherschutz gewidmet. In Sitzungen von Arbeitsgruppen und Fraktionen, wie sie auch im echten Prozess der politischen Willensbildung üblich sind, wurde eine Gesetzesänderung erarbeitet. Konkret wurde beschlossen, die Zahl der in Bayern tätigen Lebensmittelkontrolleure von 500 auf 600 zu erhöhen und eine 50-köpfige Spezialeinsatztruppe aufzubauen. Zudem wurden nach Betriebsgröße gestaffelte Strafen in Höhe von bis zu 750 000 Euro bei Verstößen verabschiedet. Unstrittig bei den jungen Leuten war zudem, Lebensmittelsünder im Internet anzuprangern und Läden, die sich vorbildlich verhalten, mit einem gut sichtbaren Smiley-Symbol zu adeln.

Schulleiter Thomas Dachs begrüßte das Projekt in seinem Haus: „Denn Demokratie lebt vom Mitmachen.“ Nur politisch interessierte Menschen könnten in der Gesellschaft etwas bewegen. Christine Gschwendtner, Lehrerin für Deutsch, Geschichte und Sozialkunde, hatte „Der Landtag sind wir!“ nach Riedenburg geholt. Die Schüler seien lebhaft bei der Sache gewesen, berichtete die Pädagogin. Gschwendtner bedauerte, dass es nicht möglich sei, den Landtag gemeinsam mit den Schülern jedes Jahr zu besuchen. Um einen Ausgleich zu schaffen, habe man die Politiker eben in die Schule geholt.

Etwas verwunderlich war schließlich, dass das neue Gesetz zum verschärften Verbraucherschutz von der SPD eingebracht und dann mit der CSU-Mehrheit verabschiedet wurde. Das sei in der Praxis undenkbar, meinte Johanna Werner-Muggendorfer. Im Landtag würde die CSU mit ihrer Mehrheit einen SPD-Antrag erst ablehnen und ihn nach einer Schamfrist als eigene Erfindung verkaufen. „Das ist schon frustrierend“, gab die SPD-Abgeordnete zu. Aber in der zur Daueropposition verdammten bayerischen SPD gehörten derlei Rückschläge eben zum Geschäft. Sie hoffe, dass sie zu ihren Lebzeiten noch einmal eine bayerische Regierung ohne CSU-Beteiligung erleben werde, sagte die 64-Jährige.

Neumeyer wies darauf hin, dass schließlich der Wähler über die Mehrheitsverhältnisse im Landtag entschieden habe. „Wenn der Bürger mit unserer Politik zufrieden ist, dann wählt er eben wieder CSU.“ Zu denken gibt dem Abensberger Christsozialen aber, dass bei der Europawahl im vergangenen Jahr 65 Prozent der Berechtigten erst gar nicht zur Urne gegangen sind. Das müsse sich unbedingt ändern.

Dass Reibereien bei den politischen Diskussionen in den Parlamenten einfach dazugehören, betonte Aiwanger. Der Bundes- und Landesvorsitzende der Freien Wähler forderte die Schüler auf, unbedingt einmal einer politischen Debatte beizuwohnen. Kritik an dem von den Schülern verabschiedeten Gesetz übte Rosi Steinberger: „Das war mutlos. Wir Grüne wären beim Verbraucherschutz weitergegangen.“ Steinberger ist in ihrer Fraktion für dieses Thema zuständig.

Einig waren sich die vier Abgeordneten, dass sie in ihren politischen Ämtern im Kleinen Dinge für die Menschen verbessern können. So beschäftige sich der Petitionsausschuss mit den alltäglichen Problemen an der Basis.