Dem Tod ein Schnippchen schlagen

26.02.2009 | Stand 03.12.2020, 5:10 Uhr

Steht als Flori im "Brandner Kaspar" in Ingolstadt auf der Bühne: David Zimmerschied. - Foto: Rössle

Ingolstadt (DK) "Es geht mir total ans Herz", sagt Dominik von Gunten: "Die Art und Weise, wie in Franz von Kobells Geschichte mit dem Schrecken vor dem Tod umgegangen wird und mit dem menschlichen Nichtverstehenkönnen der Vergänglichkeit, finde ich einfach grandios."

Kobells Ururgroßneffe Kurt Wilhelm bearbeitete und inszenierte in den 70er Jahren die Geschichte vom "Brandner Kaspar" für das Residenztheater in München, wo sie 900 Aufführungen erlebte. Jetzt steht das Stück in Ingolstadt auf dem Spielplan. Kommende Woche ist Premiere, diesen Sonntag gibt es dazu einen Theaterfrühschoppen.

Regie führt Dominik von Gunten, der – obgleich Schweizer – sofort einen ganz direkten Bezug zu dem Stück hatte. "Ich habe mich gefragt, ob das die alpenländische Verwandtschaft ist. Aber das ist wohl ein Klischee, denn ich bin im Flachland geboren. Ich hatte allerdings stets eine Affinität zu solchen gewachsenen Geschichten. Als Kind habe ich gern Walliser Alpensagen gelesen. Da gab es oft Querverbindungen z. B. zu griechischen Mythen, wo die Götter auf eine bestimmte Art dargestellt werden: göttliche Hoheit verbunden mit menschlichen Schwächen." Auch bei Kobell gibt es diesen Moment, in dem der Brandner Kaspar plötzlich realisiert, dass der unüberwindbare Tod sich eine Blöße gibt, die er für sich nutzen kann. "Das ist etwas, was keiner von uns erleben wird, aber sich vielleicht jeder wünscht – einen Spielraum. Gewöhnlich steht man dieser Macht ja ohnmächtig gegenüber."

Allerdings hatte Dominik von Gunten auch Probleme mit dem Stück: "Ich finde es zum Teil sehr ausufernd." Etwa ein Drittel hat der Regisseur deshalb gestrichen, Passagen oder Dialoge aus dem Roman über den Tegernseer Büchsenmacher eingefügt und die soziale Komponente stärker berücksichtigt. In seiner Fassung wird der Brandner Kaspar beispielsweise erst zum Wilderer, als ihm der Bürgermeister die Lebensgrundlage entzieht.

Ein wichtiges Thema war natürlich der Dialekt. Das Stück spielt in der Tegernseer Gegend. Die Schauspieler müssen deshalb Oberbairisch – und vor allem einheitlich sprechen. "Der Kern des Ensembles ist seit Dezember damit beschäftigt, sich dem Idiom anzunähern", erklärt Dominik von Gunten. Titeldarsteller Nik Neureiter "lebt seit langer Zeit in Innsbruck, entstammt dem Grenzgebiet und wohnt eigentlich näher am Spielort als wir". Während der Proben wird sehr genau auf die oberbairische Mundart geachtet. "Unsere Souffleuse Ulrike Deschler korrigiert ständig. Sie hat die genaueren Ohren", erklärt der Regisseur, für den das Stück – wie er lachend zugibt – "fast ein ethnologisches Projekt" ist. Manchmal muss er zum bairischen Wörterbuch greifen, wenn die "echten" Bayern loslegen.

Der Tod allerdings kommt aus Österreich: Richard Putzinger gibt den Boanlkramer ganz Kärntnerisch. "Der Tod ist im Himmel wie auf Erden völlig unbeliebt. Er ist ein Gastarbeiter in dem Betrieb. Und eigentlich müsste es den Bayern in der Seele guttun, wenn der Tod, gegen den man kämpft, ein Österreicher ist", meint Dominik von Gunten verschmitzt.

Und wie sieht der Himmel aus? "Das verrate ich nicht", kommt es sofort. Nach einer kurzen Pause fügt er an: "Die Himmelsbilder im Stück sind ja eigentlich Vororte des Paradieses, werden beschrieben als eine Art Kanzlei, wo es extrem menschelt." Und auch, wenn der Brandner Kaspar einen Blick auf die Herrlichkeit erhaschen darf, für den Regisseur steht fest: "Das Paradies muss ein Geheimnis bleiben."

Am Sonntag findet um 11 Uhr ein Theaterfrühschoppen im Foyer statt. Premiere ist am Freitag, 6. März, um 19.30 Uhr im Großen Haus. Kartentelefon (08 41) 30 54 72 00.