Dem Badverein den "Schwarzen Peter" zugeschoben

31.03.2017 | Stand 02.12.2020, 18:23 Uhr

Zu "Verein geht für Schutterbad in Vorleistung" (EK vom 27. März):

Bau und Unterhalt eines Schwimmbades gehört zu den freiwilligen Aufgaben einer Gemeinde. Nach dem Ersten Weltkrieg wurde im Rahmen der Notmaßnahmen in Wellheim das öffentliche Freibad errichtet, um einerseits Arbeitslosigkeit zu mildern und andererseits die Lebensqualität der Bevölkerung im ländlichen Raum zu fördern. Nach nun fast 100 Jahren soll die Verantwortung des Freibades Zug um Zug an einen Verein übergeben und als geschlossene Einrichtung betrieben werden. Die Kommune will sich den Weiterbetrieb eines öffentlichen Bades nicht mehr leisten.

Die Region 10 gilt als eine der herausragenden Boomregionen Deutschlands. Die niedrigste Arbeitslosigkeit und hoher Lebensstandard sollten eigentlich auch die allgemeine Lebensqualität fördern, sollte man meinen. Doch das Gegenteil soll stattfinden.

Unter der Überschrift Tourismus werden entlang der Altmühl und des Radlhighways jedes Jahr Millionen Euro in Erhalt bestehender und neu gebauter Einrichtungen investiert. Wellheim ist zwar auch Mitglied des Naturparks Altmühltal. Doch was ist mit Touristen in Wellheim? Zum Beispiel verschwitzte Radfahrer werden am Eingang des Freibades wie unerwünschte Gäste abgewiesen. Ebenso geht es Einheimischen, die nicht Mitglied im Verein sind und an einem heißen Sommertag daheim zum Baden gehen möchten. Das Freibad in Wellheim ist auch eine der wenigen verbliebenen Stätten, wo sich Jung und Alt in Genügsamkeit treffen und Geselligkeit erleben kann.

Der Betrieb über den Badeverein sollte eine Übergangslösung sein. Ziel war es, sich Zeit zu verschaffen und sich so um das Freibad zu kümmern, dass es wieder auf Stand gebracht wird und es jedermann offen steht. Jetzt darauf abzuzielen, dass ein gemeinnütziger Verein den Unterhalt und Betrieb eines Freibades eigenständig bewerkstelligen soll, kann nicht gut gehen. Ehrenamt kann die Marktgemeinde beim Betrieb und Unterhalt des Bades unterstützen, aber nicht die wirtschaftliche Verantwortung einer solchen Anlage übernehmen.

Ich habe das Gefühl, anstatt ein Problem nachhaltig zu lösen, wird es an den Badeverein abgeschoben. Wenn es dann nicht mehr funktioniert, hat der Vorstand des Badevereins den "Schwarzen Peter" in der Hand. Wer glaubt, ehrenamtliches Engagement und die Gemeinschaft eines gemeinnützigen Vereins kann als Lösung für die Bewältigung öffentlicher Aufgaben herhalten, geht meines Erachtens einen Irrweg.

Das Verschwinden der Dampfeisenbahn im Urdonautal sollte eine Lehre sein. Damals hat sich die Marktgemeinde zusammen mit den Nachbargemeinden und Landkreis sehr stiefmütterlich verhalten und den damaligen Verein hängen gelassen. Eine einzigartige Einrichtung ist auf Nimmerwiedersehen verschwunden. Das Wellheimer Freibad ist eine besondere Einrichtung und dessen Erhalt wird ein wesentlicher Gradmesser für eine erfolgreiche Politik sein.

Erwin Wörle

Wellheim