Neuburg
Das Verschwinden der sechs Opferlämmer

11.01.2010 | Stand 03.12.2020, 4:21 Uhr

Neuburg (szs) Sechs tote Opferlämmer sind verschwunden, aus einem Schlachtbetrieb im Landkreis. Das Amtsgericht sah es gestern als erwiesen an, dass ein 66-jähriger Mitarbeiter die Tiere verkaufte, ohne die vorgeschriebene Fleischbeschau abgewartet zu haben – und verurteilte ihn zu einer saftigen Geldstrafe von 5600 Euro.

Die gestrige Verhandlung war eine Fortsetzung: Ein erster Gerichtstermin fand bereits vor einem halben Jahr statt. Damals konnte man aber kein Urteil fällen, aus Mangel an Zeugen. Gestern waren deshalb deren drei geladen: der Geschäftsführer, dessen Frau und der Tierarzt.

Am 8. Dezember 2008 war viel los auf dem Hof eines Schlachtbetriebs im Landkreis: 28 Großtiere sollten an diesem Tag von sechs Metzgern geschlachtet werden. Die Zeit drängte, denn die Kunden brauchten das Fleisch noch am selben Tag für ein islamisches Opferfest und waren teilweise von weit her angereist. Bis in den Abend hinein schlitzte und zerteilte man deshalb, die sechs Opferlämmer kamen als letzte dran.

Die Erlaubnis zur Schlachtung lag vom Tierbeschauer bereits vor – nur die Fleischbeschau hatte noch nicht statt gefunden: Deswegen hätten die Schafe noch nicht verkauft werden dürfen. Genau dies geschah aber offensichtlich trotzdem, denn: "Die Lämmer waren weg und die Kunden auch", wie der Geschäftsführer des Betriebes aussagte.

Dieser hatte die sechs Schafe selbst geschlachtet und scheinbar einen Fehler beim Stempeln gemacht, weswegen er sich eine deftige Standpauke von Staatsanwalt Franz Burger anhören durfte. Den Kunden habe er verboten, das Fleisch aus den Kühlräumen mitzunehmen, bevor der Fleischbeschauer sein OK für den Verkauf gegeben habe, erinnerte sich der Geschäftsführer. Dennoch wurden die Schafe abtransportiert: "Ohne Stempel und ohne Begutachtung", wie Staatsanwalt Burger zusammenfasste.

Die Kunden hatten auf eine Mitnahme gedrängt, sollte doch das Fest noch am Abend stattfinden. Bezahlt haben sie beim Angeklagten. Er habe sich mit dem Tierarzt gestritten, weil der "nach 19 Uhr die doppelte Fleischbeschaugebühr" verlangte: rund 13 Euro pro Tier. Vergeblich wartete der Veterinär später auf einen Anruf, die Schafe doch noch zu begutachten – und wunderte sich am nächsten Morgen über deren Verschwinden aus dem Kühlhaus.

"Sie haben das Geschäft vermittelt, sie haben das Geld entgegen genommen, sie waren verantwortlich", erklärte der Staatsanwalt trocken und forderte 80 Tagessätze zu je 70 Euro Strafe. Richter Gerhard Reicherl folgte der Forderung.