Pförring
Das steinerne Korsett der Donau wird aufgeschnürt

Renaturierung des Nordufers bei Pförring kommt voran – Mehr Schutz vor Hochwasser

17.10.2014 | Stand 02.12.2020, 22:06 Uhr

Pförring (kue) Die Renaturierung der Donau bei Pförring macht weitere Fortschritte. Bei der sogenannten Vorlandräumung ließ das Wasserwirtschaftsamt nicht nur 11 000 Kubikmeter Erde abtragen, sondern auch das steinerne Korsett des Flusses aufschnüren.

In den Donau-Auen bei Pförring sagen sich nicht nur Fuchs und Hase gute Nacht. Das Wild lebt hier so ungestört, dass sich selbst die scheuen Rehe beim Äsen auf den Donauwiesen von der wachsenden Zahl der Radwanderer nicht aus der Ruhe bringen lassen.

Seit einigen Wochen ist es nun mit der Waldesruhe vorbei: Große Bagger graben auf einem schmalen Streifen entlang der Donau den Wiesenboden auf und verladen die fruchtbare Erde auf schwere Lastwagen. Andere reißen die Steinverbauung heraus, die den Strom seit seiner Begradigung im Jahr 1834 in sein kanalförmiges Bett zwängte. Sie sieben den mitgeführten Kies am Ufer ab und lassen die Wasserbausteine mit lautem Platschen wieder in die Donau fallen.

„Unruhestifter“ ist das Wasserwirtschaftsamt (WWA) Ingolstadt. Nach dem Südufer lässt die Behörde nun auch das Nordufer der Donau unterhalb der Pförringer Brücke auf einer Länge von rund 1,1 Kilometern renaturieren. Dazu werden auf einer Breite von 20 bis 40 Metern rund 11 000 Kubikmeter Oberboden abgetragen. Und abschnittsweise wird die Ufersicherung aus großen Wasserbausteinen entfernt. „Ein Ziel des Ganzen ist, dass die Donau bei Hochwasser auch im Vorland ungehindert abfließen kann“, erläutert Martin Burkhart. „Als großes Plus entstehen auf den neuen Flächen ökologisch wertvolle Weichholz-Auestandorte mit Weidenaufwuchs und offenen Kiesflächen“, sagt der für Gewässerentwicklung zuständige Landschaftsarchitekt.

Die Steine, die über 100 Jahre lang das Flussbett gegen Ausspülungen schützten, werden nicht weggefahren, sondern in unregelmäßigen Abständen zu Buhnen aufgeschüttet, die wie Zungen ins Bett des schnellfließenden Flusses ragen. „In den Kehrwasserbereichen hinter den Buhnen entstehen wunderbare Rückzugsbereiche für viele Wasserlebewesen, vor allem richtige Kinderstuben für Jungfische“, schwärmt Burkhart. Aber nicht nur für Tiere, sondern auch für Menschen entstehe neuer Lebensraum. „Durch die Abflachung des Ufers wird die Donau wieder zugänglicher und erlebbarer“, freut sich Burkhart. Schließlich sei der Fluss so sauber, dass man darin auch wieder bedenkenlos baden könne.

Neben den positiven Auswirkungen auf die Gewässerökologie bringe die Renaturierung auch besseren Hochwasserschutz für die Unterlieger, sagt Burkhart. Denn der Rückhalteraum werde vergrößert, auch wenn das gewonnene Volumen von 11 000 Kubikmetern bei einem Hochwasserabfluss von bis zu 2000 Kubikmeter pro Sekunde relativ gering erscheine.

Fachliche Grundlage der Uferrenaturierung ist das Gewässerentwicklungskonzept Donau zwischen Vohburg und Kelheim, das mit mit der Unteren Naturschutzbehörde und dem Markt Pförring abgestimmt ist. Die Maßnahme diene auch dazu, die Bewirtschaftungsziele der europäischen Wasserrahmenrichtlinie zu erreichen, die den „guten Zustand“ zum Ziel habe, ergänzt Burkhart. „Kaputt machen kann man beim derzeitigen Zustand der Donau ohnehin nichts“, hält er Skeptikern entgegen. Seit dem 19. Jahrhundert seien Korrekturen am Lauf der Donau vorgenommen worden. Aufgrund der korsettähnlichen Versteinung könne der Fluss keine natürliche Gewässerstrukturen wie Steilufer und Tiefenzonen mehr bilden, führt der WWA-Fachmann aus. „Die Hochufer sind trocken und monoton mit Hochstaudenfluren oder Grünland bewachsen“, beschreibt Burkhart die Situation im „Vorland. „Dies alles führte in der Folge zu einem Rückgang gewässer- und auetypischer Tier- und Pflanzenarten.“

Ein weiteres Problem sind für die Fachbehörde „die natürlichen Auflandungsprozesse im Donauvorland, die zu einer Reduzierung der Leistungsfähigkeit des Abflussprofils führen.“ Beidem versuche man mit der Renaturierung zu begegnen.