München
Das Retro-Ufo ist gelandet

13.11.2013 | Stand 02.12.2020, 23:26 Uhr

Neuer Anbau im alten 50er-Jahre-Stil: Das Glasgebäude wurde jetzt mit der Premiere von „Blind Date“ eingeweiht - Foto: Metropoltheater

München (DK) Man kommt um die Ecke und erstarrt – war hier nicht immer das Metro-poltheater? Fremd und geheimnisvoll erleuchtet grüßt stattdessen ein gläserner Wirtsraum, brechend voll mit Menschen. Ein Neubau? Nein, unaufgeregt, patiniert und harmonisch passt der Bau sich der Gegend an.

Die riesigen, gewölbten Glasfronten erstrahlen in perfekter 50er-Jahre-Anmutung, wie das Theater selbst, das früher mal ein halb vergessener Kinosaal war. Kann es sein, dass man diesen gläsernen Gebäudeteil jahrelang übersehen hat?

Nein. Das Metropoltheater hat vor einigen Wochen seinen neuen Anbau in Betrieb nehmen können, nun wurde darin erstmals eine Premiere gegeben. „Blind Date“ stand auf dem Programm: ein Drei-Personenstück, basierend auf dem gleichnamigen Film Theo van Goghs, jenes niederländischen Regisseurs, der 2004 auf offener Straße von einem Islamisten ermordet wurde. Seine Story aus dem Jahr 1996 spielt in Bars, Restaurants, auf der leeren Fläche eines Autoscooters und beschränkt sich auf wenig Personal: Eine Steilvorlage für ein Kammerspiel – und das perfekte Stück für den neuen Anbau, der das Restaurant-Bühnenbild in kultigem 50er-Jahre-Flair schon mitbringt.

Am Premierenabend wird aber auch gleich die Problematik des Konzeptes offenbar, das theatereigene Restaurant in die Kunst mit einzubringen: Wenn man bei der tragisch eingefärbten Paartherapie-Anordnung eines schuldhaft verwaisten Elternpaars so entspannt Rotwein trinkt und der Raum unverdunkelt bleibt, entsteht eine gefährliche Lässigkeit, gegen welche die Schauspieler (Elisabeth Wasserscheid, Paul Kaiser und Hubert Schedlbauer) anzuspielen haben. Regisseur und Theaterleiter Jochen Schölch ist wichtig, dass hier bei aller Gemütlichkeit kein Boulevard geboten wird, schließlich leisten sich er und die Kollegen den Luxus dieses Privattheaters, um etwas realisieren zu können, was die Kunstszene ansonsten vermissen lässt: „Neues Erzähltheater, das nicht didaktisch sein soll.“ Schenkelklopfer spielt man anderswo. Hier gibt es Herzensangelegenheiten der Künstler, die hier – so der Regisseur Thomas Flach – „experimenteller, widerspenstiger und schräger“ sein dürfen als anderswo. Wenn nebenbei Dauerbrenner generiert werden, wie der seit vielen Jahren gespielte „Black Rider“-Abend – umso schöner.

Dass dieses Konzept seit nunmehr 15 Jahren realisierbar und finanzierbar ist, wird durch einen hohen Grad an Selbstausbeutung und die breite Sympathie eines Publikums getragen, welches sich für sein Theater auch finanziell einzusetzen bereit ist. Was haben die Metropolisten nicht schon alles in Szene gesetzt – Kulturaktie, Theaterschirm, Stuhlpatenschaften – oder jetzt die „AnBausteine“, mit welchen die neue Spielstätte realisiert werden konnte. Drei Viertel der Bausumme von 390 000 Euro hat man so in vier Jahren über Sponsoren und Spenden zusammengekratzt.

Das Architekturkonzept hatte der Bezirksausschuß-Mitglied und Architekt Werner Lederer-Piloty vor 15 Jahren im Gespräch einmal auf eine Serviette skizziert – eine Spontan-Idee, die Flach und Schölch keine Ruhe gelassen hat und deren vollendete Umsetzung jetzt wie ein großes Geschenk zum 15-Jahres-Bestehen des Hauses erscheint. Eine zart schillernde Theaterseifenblase, wahr geworden in Freimann.

Die nächsten Vorstellungen sind am 19./20./24./29./30. November 2013.