Laimerstadt
Das letzte Bier ist eingeschenkt

01.01.2009 | Stand 03.12.2020, 4:22 Uhr

Vor etwa einem halben Jahrhundert: Das alte Gasthaus in Laimerstadt auf einer Aufnahme um 1960. Knapp 20 Jahre später musste das Gebäude einem Neubau weichen.

Laimerstadt (DK) Mit dem Jahr 2009 ist in Laimerstadt eine zwei Generationen währende Wirtshaustradition zu Ende gegangen: Das Gasthaus Weiß hat nach fast 50 Jahren für immer die Tür geschlossen.

Stammtischler, Gäste und auch die Laimerstädter und Rieder Vereine haben damit ihre Vereinsgaststätte verloren. Der Trend zur Schließung der alten Dorfwirtschaften, der schon viele andere Orte getroffen hat, machte auch vor Laimerstadt nicht Halt.

Seinen Anfang hatte das Gasthaus Weiß am 1. Oktober 1960. Damals zogen Barbara und Michael Weiß sen. aus Buch nach Laimerstadt und übernahmen die Wirtschaft von der Familie Rehm. Es handelte sich um eine gemütliche Dorfwirtschaft, in der einiges los war. So gehörten zum Jahresplan zahlreiche Bälle, wie der Feuerwehr- oder der Sportlerball und viele andere Faschingsvergnügungen. Jedes Jahr führten die Laiendarsteller aus Laimerstadt und Ried auch ein Bauerntheater auf. Gemütlich ging es auch in der Wirtsstube zu, wo sich die Herren des Dorfes regelmäßig zum Kartenspiel trafen.

Neubau vor 31 Jahren

Im Jahr 1966 heiratete Sohn Michael jun. die Wirtstochter Marianne Eichenseer aus Baiersdorf. Barbara und Michael Weiß übergaben das Wirtshaus an das junge Paar. Zwölf Jahre lang verdienten Marianne und Michael ihr Geld mit dem alten Gasthaus und einer kleinen Landwirtschaft. Im April 1978 rissen sie das Gebäude schließlich komplett ab und bauten eine neue Gastwirtschaft mit Saal und integriertem Wohnhaus, das im Oktober des gleichen Jahres fertig gestellt wurde. Während der Bauzeit ging es mit dem Gasthausbetrieb natürlich weiter: in einer riesigen Holzbaracke auf dem Parkplatz. "Das war eine schöne Zeit, und es kamen viele Gäste, weil es drinnenn sehr gemütlich war", erinnert sich Marianne Weiß.

Als nach einem halben Jahr die neue Gastwirtschaft fertig war, fand im Oktober gleich der erste Ball zur Eröffnung statt, ein Blumenball des Obst- und Gartenbauvereins Laimerstadt/Ried. Viele weitere Veranstaltungen sollten folgen. Besonders die wilden Weiberfaschingsbälle machten das Wirtshaus weit über die Landkreisgrenzen hinaus bekannt.

Zum festen Programm gehörte bald auch die Barbara-Feier Anfang Dezember, am Namenstag von Mutter Barbara Weiß. Weil 1986 die damalige Vereinsgaststätte des Schützenvereins Am Limes Laimerstadt/Ried, das Gasthaus Zum Roten Schwan in Ried schließen musste, erklärte sich Michael Weiß sofort bereit, an sein Wohnhaus und über den Garagen einen neuen Schützenstand anzubauen und den Mitgliedern des Schützenvereins damit eine neue Bleibe zu bieten.

Somit hatte auch der Schützenverein nach allen anderen Vereinen im Gasthaus Weiß in Laimerstadt sein Vereinslokal gefunden. Vereinsfeste, Jahresversammlungen, Weihnachtsfeiern, Seniorennachmittage, Jubiläumsfeiern, Vorstandssitzungen und Vereinsschießen fanden in den folgenden Jahren zuhauf statt. Höhepunkte waren auch die Schützensektionsmeisterschaft im Jahr 1993 und die Schützenmarktmeisterschaft im Jahr 2007.

Alljährlich hielt auch Bürgermeister Adam Dierl im Gasthaus seine Bürgerversammlungen ab. Seit einigen Jahren fungierte das Gasthaus dann auch als Wahllokal. 1992 wurde auf dem Parkplatz vor dem Wirtshaus ein großes Zelt aufgestellt. Darin feierte sowohl die Krieger- und Soldatenkameradschaft Laimerstadt/Ried ihre Fahnenrestaurierungsfeier, als auch – drei Jahre später – der Schützenverein sein 25-jähriges Bestehen.

Bis 2002, als der FC Laimerstadt sein neues Vereinsheim baute, waren alle Vereine im Gasthaus Weiß untergebracht. Barbara Weiß hat davon nichts mehr mitbekommen. Sie war 1991 im Alter von 78 Jahren gestorben. Ihr Mann Michael sen. lebte bis 2006 und konnte immerhin noch seinen 95. Geburtstag feiern.

Doch nun ging die Ära der gemütlichen Dorf- und Vereinswirtschaft zu Ende. Die 68-jährige Marianne und ihr zwei Jahre älterer Mann Michael Weiß können den Wirtshausbetrieb aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr fortsetzen. "Es gab Höhen und Tiefen, schönere und auch manchmal wenig schönere Zeiten", resümieren die Wirtsleute. "Aber irgendwann muss eben mal Schluss sein."

Lösung in Sicht?

Nun müssen sich die Stammtische und Vereine eine neue Bleibe suchen. Viele hoffen auf eine Lösung mit dem Vereinsheim des FC Laimerstadt. Der Schützenverein Am Limes kann im jetzigen Schützenstand vorübergehend den Schießbetrieb aufrecht erhalten, so dass die Rundenkämpfe und Vereinsschießen weiter dort austragen werden.

Bei vielen Bürgern wird das Ende der traditionsreichen Wirtschaft eine große Lücke hinterlassen. Denn dass das Gasthaus Weiß die Laimerstädter und Rieder Ortsgeschichte mitgeprägt hat, steht zweifellos außer Frage.