Schrobenhausen
Spuren eines Friedhofs

01.01.2009 | Stand 03.12.2020, 4:22 Uhr

Schrobenhausen (SZ) Kurz nachdem die damalige bayerische Regierung die Verordnung erlassen hatte, wurde ihr Inhalt allen ansiedlungswilligen Personen bekannt gemacht. Das beschleunigte den Ansiedlungsprozess ungemein. Der einzige Haken bestand darin, dass sich die einwanderungswilligen Familien den Platz ihrer Ansiedlung nicht selbst aussuchen konnten. Sie wurden auf die zu kolonisierenden Flächen ihrer früheren Heimat verteilt.

Das Anderssein der Mitglieder dieser Glaubensrichtung führte damals zu Konflikten mit den großen Konfessionen. Zum Beispiel gab es Ärger mit staatlichen Stellen, vor allem hinsichtlich jener kirchlichen Belange, die durch staatliche Gesetze geregelt waren. Obendrein bereitete beiden Seiten die Schulpflicht Probleme. Die Mennoniten wollten ihre Kinder in ihrem Sinn erzogen wissen. Das machte die Sozialisation im staatlichen und kirchlichen Sinne der damaligen Zeit schwierig.

Die übliche Kleinkindtaufe kam für Mennoniten nicht in Frage, nur Erwachsene wurden getauft. Starb ein Kleinkind, wurde ihm aus diesem Grund das Begräbnis auf einem christlichen Friedhof verwehrt. Traditionell bestatteten die Mennoniten ferner ihre Toten gerne auf dem eigenen Hof. Deshalb existieren nur wenige mennonitische Friedhöfe. Dessen ungeachtet ist neben dem Forsthof bei Bergen im Wald auch heute noch eine dieser seltenen Grabstätten als Eckfläche einer Wegkreuzung zu finden.

Die Spuren des eigentlichen Friedhofes sind leider mittlerweile derart verwischt, dass er ohne Kenntnis der Örtlichkeit nicht mehr als solcher erkannt werden kann. Ab 1813 hatte es hier aber gleichwohl Beerdigungen gegeben, wie der Regensburger Hermann Hage herausgefunden hat, der 2009 eine Dissertation zu den Mennoniten verfasst hat. Die Gedenkschrift auf einem Grabstein: "Ruhestätte der Familie Oesch, Besitzer des Forsthofes 1827 – 1889" beweist das.

Die Mobilität der Mennoniten war sogar innerhalb ihrer eigenen Gemeinden immens. Dafür gibt es mehrere Gründe: zum einen die mangelnde religiöse Anbindung an die übrige Bevölkerung, zum anderen die Suche nach besseren wirtschaftlichen Möglichkeiten. Denn genau deshalb waren die Mennoniten ja einst nach Bayern gezogen.

Ende des 19. Jahrhunderts schienen die USA und Kanada genau diese gesuchten Grundlagen zu bieten. Die Mennoniten orientierten sich dementsprechend zunehmend Richtung Übersee.

Doch die deutschen Behörden waren den Auswanderungsgesuchen von Mennoniten nicht gerade wohlgesonnen. Folgendes Beispiel von Hermann Hage macht das deutlich: Im Jahre 1851 beabsichtigten die Familien Gascho, Ingold, Pechler und Schanz aus Probfeld/Karlskron nach Kanada zu emigrieren. Die Familie hielt ihre Reisepässe bereits in Händen, als sie die Dokumente wieder zurückgeben musste.

Als Argument dafür wurde angeführt, dass der Sohn der Familie, Joseph Gascho, seinen Militärdienst noch nicht absolviert hatte. Im gleichen Atemzug wurde Joseph im Alter von 21 zum Dienst eingezogen. Familie Gascho musste ohne ihren Sohn nach Kanada auswandern.

Der bayerische Staat musste Joseph Gascho dementsprechend die gesamte Militärzeit über ernähren, ohne einen einzigen Nutzen davon zu haben. Denn nach Ablauf des Militärdienstes bestand für Joseph Gascho ja überhaupt kein Anlass mehr, in Bayern zu bleiben. Seine Familie lebte schließlich bereits in Kanada. ? Ende