Pfaffenhofen
Das Jahrhunderthochwasser: Überall brachen die Dämme

12.04.2019 | Stand 23.09.2023, 6:37 Uhr

Pfaffenhofen (DK) Vor genau 25 Jahren brach die größte Hochwasserkatastrophe seit Beginn der Aufzeichnungen über den Landkreis Pfaffenhofen herein.

Nach sintflutartigen Regenfällen und Schneeschmelze kam es am 13. und 14. April 1994 zu verheerenden Überschwemmungen. Doch bei aller Zerstörung: Die Flut war auch die Geburtsstunde der millionenschweren Hochwasserfreilegung an Ilm und Paar.

Am Anfang sind es nur ein paar Pfeile auf meteorologischen Karten: Über Italien hat sich ein eisiges Höhentief festgesetzt, das warme Luft aus dem Mittelmeerraum ins östliche Mitteleuropa strömen lässt. Aus dem Norden pfeift gleichzeitig maritime Kaltluft über Bayern hinweg. Was laut den Aufzeichnungen des Wasserwirtschaftsamts folgt, nennen Wetterkundler "Aufgleitniederschlag": Die leichtere warme Luft gleitet auf die kalte Luft und kühlt ab. Es bildet sich eine dichte Wolkendecke, die sogenannte Nimbostratusbewölkung - und es schüttet. Tagelang. Wie aus Eimern. Das Zentrum des Dauerregens liegt bei Pfaffenhofen. Binnen 24 Stunden werden dort 72 Liter Regen pro Quadratmeter gemessen. Normalerweise regnet es 50 Liter pro Monat.

Es bleibt aber nicht nur bei diesen sintflutartigen Regenfällen im Einzugsgebiet von Paar und Ilm. Zugleich lässt Schmelzwasser die Flüsse weiter anschwellen, weil nach einem Temperatursturz und heftigen Schneefällen am Vortag wieder Tauwetter einsetzt. Und in der Folge bricht ein Jahrhunderthochwasser über den Landkreis Pfaffenhofen herein, während die Nachbarregionen vergleichsweise glimpflich davonkommen.

Die Ereignisse vom 13. und 14. April 1994 sollen als die verheerendste Hochwasserkatastrophe des 20. Jahrhunderts, viele sagen damals auch "seit Menschengedenken", in die Geschichte des Landkreises eingehen. Ein Blick ins Archiv zeigt: Paar, Ilm und Donau sowie viele Bäche treten über die Ufer. Dämme brechen, Ortschaften werden überschwemmt. Vor allem die Städte und Gemeinden im Ilmtal und im Paartal werden schwer von den trüben Fluten getroffen - sogar Gebiete, die als hochwassersicher galten.

Die Wassermassen verwandeln die Flur in eine regelrechte Seenlandschaft. Viele Gebäude stehen unter Wasser, das mancherorts einen Meter hoch steht. Stege und Straßen werden zerstört. Einige Wohnviertel sind nur noch mit dem Boot erreichbar. Es ist aber nicht nur das Wasser selbst. Ausgelaufenes Heizöl verschlimmert die Lage vielerorts. Die Behörden rufen schließlich Katastrophenalarm aus.

Die landkreisweiten Schäden werden auf mindestens 40 Millionen Mark geschätzt - und die Katastrophe löst eine heftige Diskussion zum Thema Hochwasserschutz aus.

Das war damals die Initialzündung für die bis heute anhaltenden Hochwasserschutzbemühungen im Landkreis. Den Grundstein legte die Ilmstudie des federführenden Wasserwirtschaftsamts Ingolstadt, die letztlich eine Kombination aus Rückhaltemaßnahmen im Oberlauf und Hochwasserschutzmaßnahmen innerorts vorschlug. Das Ziel: Die Wassermassen möglichst schadfrei durch die überschwemmungsgeplagten Orte schleusen, ohne die Situation für Ober- oder Unterlieger zu verschlechtern.

Viel wurde seither im vergangenen Vierteljahrhundert gebaut: In Geisenfeld sind die Schutzanlagen ganz, in Vohburg so gut wie fertiggestellt. Auch in Rohrbach und Wolnzach ist die Freilegung weit gediehen, in Manching und Baar-Ebenhausen wird derzeit gebaut. Und für Pfaffenhofen, Ilmendorf und Rockolding sind große Schutzprojekte in Planung. Dass sich all diese Millioneninvestitionen bezahlt machen, zeigte sich 19 Jahre nach dem Jahrhunderthochwasser: Beim Junihochwasser im Jahr 2013 traten wieder die Flüsse über die Ufer. Die Pegelstände erreichten teilweise die Marken der großen Flut von 1994 - trotzdem waren die Schäden nicht annähernd so groß wie vor 25 Jahren.

Michael Kraus