Ingolstadt
"Das ist ganz großes Glück"

Zweijährige fällt aus dem Fenster im zweiten Stock auf Asphalt – und ist unverletzt

01.09.2017 | Stand 02.12.2020, 17:34 Uhr |
Aus diesem Fenster im zweiten Stock ist die Zweijährige heruntergestürzt. Bis zum mit Teer und Asphalt bedeckten Boden sind es etwa acht Meter. Wie durch ein Wunder blieb das Mädchen unverletzt. − Foto: Hammer

Ingolstadt (DK) Es ist der Albtraum jeder Mutter: Während sie nur eine Minute das Zimmer verlässt, stürzt ihr Kind aus dem Fenster. Für eine Frau aus Nigeria ist der Albtraum am Donnerstag wahr geworden. Doch ihre Kleine hatte Riesenglück: Die Zweijährige überstand den Sturz aus acht Meter Höhe unverletzt.

Die Frau ist mit acht weiteren Asylbewerberinnen aus Nigeria in einer dezentralen Unterkunft in der Richard-Wagner-Straße untergebracht. In dem Haus leben insgesamt 18 Kinder. Auf sehr beengtem Raum, wie der DONAUKURIER gestern bei einem Besuch gesehen hat. Die Türe zu Zimmer Nummer 23 ist von der Polizei versiegelt. Hier, in dem winzigen Wohnraum im zweiten Stock, ist es am Donnerstag kurz nach 17 Uhr passiert: Die Mutter hatte nur einen Augenblick das Zimmer verlassen, um auf die Toilette zu gehen. Währenddessen muss das Mädchen, das zusammen mit ihrem ein halbes Jahr alten Brüderchen im Zimmer war, vom Sofa aus aufs Fensterbrett geklettert und durch einen offenstehenden Fensterflügel hinausgestürzt sein.

Als die Mutter wieder ins Zimmer kam, war die Kleine verschwunden. Ihre Mitbewohnerinnen berichten dem DK, sie sei „von Zimmer zu Zimmer gelaufen, um das Kind zu suchen“. Erst, als es sich im Haus nicht fand und die Mutter in ihr Zimmer zurückkehrte, schaute sie aus dem Fenster und sah die Kleine weinend auf dem asphaltierten Boden vor dem Haus liegend.

Das Mädchen wurde mit dem Rettungswagen ins Klinikum gebracht, die Ärzte stellten keinerlei Verletzungen fest. Das Kind blieb zur Beobachtung vorsorglich im Krankenhaus.

Um so etwas unbeschadet zu überstehen, „muss man schon einen sehr, sehr guten Schutzengel haben“, sagt Florian Demetz, der Leiter der Notfallklinik am Ingolstädter Klinikum. Zum speziellen Fall äußerte er sich wegen der ärztlichen Schweigepflicht natürlich nicht. Ganz grundsätzlich sagte er dem DK aber, dass es immer wieder mal vorkomme, dass kleine Kinder Stürze aus großer Höhe wie durch ein Wunder überstehen. Dazu gehöre in erster Linie ganz viel Glück. Bei kleinen Kindern sei jedoch der Körperbau noch deutlich flexibler als bei Erwachsenen. Aufgrund des geringen Gewichts und der Flexibilität der Knochen fallen bei Kleinkindern Verletzungen oftmals viel geringer aus als bei Erwachsenen. In der Regel würden die Patienten bei Stürzen wie diesem aber schwer verletzt. Dass ein Kind völlig unversehrt bleibe, sei die große Ausnahme. Demetz: „Das ist ein ganz großes Glück.“

Die Mutter, erzählen die Mitbewohnerinnen, sei bei ihrer Kleinen im Klinikum geblieben. Und durchlebt derzeit ein Wechselbad der Gefühle. „Sie hat die ganze Zeit geweint“, mache sich Vorwürfe über das, was geschehen sei. Auf der anderen Seite sei sie natürlich überglücklich, dass ihrem Kind nichts passiert sei. Durch die beengten Verhältnisse und die Tatsache, dass es für Kinder in der Unterkunft ohne Garten direkt an der Hauptverkehrsstraße kaum Möglichkeiten zum Spielen gebe, sei es hier für Kinder sehr gefährlich, sagen die Frauen. Die Kleinen wollen schließlich auch mal toben, rennen gerne durchs Haus. „Wir können sie keine Sekunde aus den Augen lassen.“

In den nur wenige Quadratmeter großen Wohnräumen lebt jeweils eine Frau mit ihren Kindern. Zu jedem Zimmer gehört ein winziges Bad mit Toilette – die Tür dazu ist keine zwei Meter von dem Fenster, aus dem am Donnerstag die Kleine gestürzt ist, entfernt, wie wir in dem direkt darunter liegenden Wohnraum sehen. In den meisten Zimmern ist das Bett unmittelbar neben dem Fenster, auch dies ist eine große Gefahrenquelle. Die meisten Rollos an den Fenstern waren gestern heruntergelassen.

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