Das ist der bayerische Exit-Plan

Treffen mit engerer Familie möglich - Besuchsverbot für Pflegeheime und Kliniken ab Samstag gelockert

05.05.2020 | Stand 23.09.2023, 11:55 Uhr
Nach der Kabinettssitzung erläutern Kultusminister Michael Piazolo (von links), Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (beide Freie Wähler), Ministerpräsident Markus Söder, Gesundheitsministerin Melanie Huml und Sozialministerin Carolina Trautner (alle CSU) bei einer Pressekonferenz im Prinz-Carl-Palais die bayerischen Lockerungen der Corona-Regeln. −Foto: Hoppe, dpa

München - Sie war wohl die einschneidenste Maßnahme im Kampf gegen die Corona-Pandemie: Die allgemeine Ausgangsbeschränkung.

 

Seit heute gilt sie nicht mehr - jeder kann nun jederzeit die Wohnung verlassen. Einen "triftigen Grund" braucht es nun dafür nicht mehr. Allerdings gelten weiter das Distanzgebot (anderthalb Meter) und die Kontaktbeschränkung (jeder ist angehalten, die physischen Kontakte zu anderen Menschen, die nicht dem eigenen Hausstand angehören, auf ein Minimum zu beschränken). Statt einer Person außerhalb des eigenen Hausstandes dürfen künftig auch zumindest Mitglieder der engeren Familie (also zusätzlich zu Ehe- und Lebenspartnern die Verwandten in gerader Linie und Geschwister)getroffen und besucht werden. Ansammlungen im öffentlichen Raum bleiben allerdings weiter verboten.

Auch was den Präsenzunterricht an den Schulen angeht, deutet sich eine Rückkehr zur Normalität an (auch wenn Corona weiter bis ins nächste Schuljahr ein beherrschendes Thema bleiben wird). Ab kommendem Montag beginnt der Präsenzunterricht für die "Vorabschlussklassen" (11. Klasse Gymnasium, 9. Klasse Realschule, 8. Klasse Mittelschule) sowie die 4. Klasse Grundschule. Eine Woche später (18. Mai) beginnt der Präsenzunterricht für die 1. Klasse Grundschule, 5. Klasse Mittelschule, 5. und 6. Klasse Realschule sowie 5. und 6. Klasse Gymnasium. Nach den Pfingstferien soll es dann für alle wieder Präsenzunterricht geben - gegebenenfalls allerdings im wöchentlichen Wechsel. Und: "Mit Blick auf abgelaufene Urlaubszeiten bei vielen Eltern soll in den Pfingst- und Sommerferien eine Notbetreuung sichergestellt werden", heißt es aus dem Kultusministerium. An den bayerischen Ferienterminen wird festgehalten.

Erleichterungen werden auch bei der Kinderbetreuung sichtbar: Ab kommendem Montag wird die Notbetreuung ausgeweitet auf Kinder mit Behinderung oder mit drohender Behinderung (Anspruch auf Eingliederungshilfe durch Bescheid festgestellt), Kinder mit hohem Unterstützungsbedarf (deren Eltern einen Anspruch auf Hilfen zur Erziehung haben), Kinder von studierenden Alleinerziehenden sowie auf Hortkinder der vierten Grundschulklasse (an den Tagen, an denen sie die Schule besuchen). Zudem wird ab Montag die Tagespflege geöffnet - zur Betreuung von maximal fünf fremden Kindern gleichzeitig, meist im Haushalt der Tagesmutter. Eine Woche später (25. Mai) wird dann die Notbetreuung auf Vorschulkinder, Geschwisterkinder sowie Hortkinder, die die Grundschule wieder besuchen, ausgeweitet. Auch die Waldkindergärten öffnen dann wieder. Die Großtagespflege wird wieder geöffnet für maximal zehn Kinder. Zudem gilt: Privat organisierte, nachbarschaftliche oder familiäre, wechselseitige Kinderbetreuung in festen Kleingruppen soll ermöglicht werden.

Schon ab kommendem Samstag, also für den Muttertag, wird das Besuchsverbot in Krankenhäusern, stationären Pflegeeinrichtungen, Intensiv-Pflege-WGs, Altenheimen und Seniorenresidenzen sowie in stationären Behinderteneinrichtungen gelockert: Eine feststehende, registrierte Kontaktperson darf dann unter Einhaltung von Abstands- und Hygieneregeln wieder zu Besuch kommen.

Im Bereich von Handel und Dienstleistung dürfen ab kommendem Montag alle wieder öffnen, die Beschränkung auf 800 Quadratmeter entfällt. Die Öffnung gilt auch für Einkaufszentren ("Malls") und Wochenmärkte. Demgegenüber stehen allerdings Pflichten: Erstens muss Maske (Nase-Mund-Abdeckung) getragen werden. Zweitens muss der Mindestabstand von anderthalb Metern eingehalten werden. Und drittens darf nur ein Kunde pro 20 Quadratmeter Fläche ins Geschäft.

 

Einen Fahrplan gibt es nun auch für die Bereiche Gastronomie, Hotellerie und Tourismus. Voraussetzung sind eingeschränkte Öffnungszeiten, Hygiene-Konzepte, begrenzte Gästezahlen, Abstände - und es herrscht gegebenenfalls eine Reservierungspflicht. Biergärten beispielsweise sind in zwei Wochen (18. Mai) dran, dann darf die Gastronomie im Außenbereich wieder öffnen. Eine Woche später (25. Mai) können dann Speisegaststätten auch im Innenbereich wieder erste Gäste bewirten. Wiederum eine knappe Woche später (30. Mai) sollen touristische Übernachtungsmöglichkeiten in Hotels, Ferienwohnungen und Camping wieder hochgefahren werden. Derlei gilt auch für Schlösser, Seeschifffahrt und Freizeitparks. In den Hotels müssen allerdings Einrichtungen wie Wellness oder Schwimmbad geschlossen bleiben, und überall gilt: Abstand, Hygiene, begrenzter Einlass.

Während Spielplätze für die Kinder ab heute wieder geöffnet sind, bleiben Bolzplätze weiter geschlossen. Im Bereich des Sports dürfen ab kommendem Montag lediglich die Sportler der kontaktfreien Sportarten (Tennis, Leichtathletik, Golf, Segeln, Einzelruderer, Reiten auch in der Halle, Flugsport) wieder loslegen. Fitnesscenter bleiben weiter geschlossen und auch bei Freibädern gehe vor Juni wohl erst einmal nichts, hieß es.

Öffnungen stehen ab kommendem Montag auch für Tierparks und botanische Gärten an - allerdings mit Auflagen: Der Einlass ist beschränkt, es gilt die 20-Quadratmeter-Regel, anderthalb Meter Abstand müssen gewahrt werden, öffnen dürfen nur Außenanlagen, es gibt keine Gastronomie und auch kein Tierestreicheln. Öffnen dürfen dann unter Einhaltung der einschlägigen Regeln auch wieder Bibliotheken, Museen, Galerien, Ausstellungen und Gedenkstätten.

Auch in den Fahrschulen geht es ab Montag wieder los (mit Mund-Nase-Schutz bei der praktischen Fahrschulung und Einhaltung von Abstand in den Theoriestunden). Ebenso in den Musikschulen, da kann wieder Einzelunterricht gegeben werden, auch Zuhause - sofern der Abstand gewahrt bleibt. Über Theater sei vorerst noch keine Entscheidung getroffen worden, hieß es gestern.

Ende des Monats soll mit Blick auf die dann aktuellen Zahlen des Infektionsgeschehens über weitere Maßnahmen beziehungsweise Erleichterungen gesprochen werden.

DK

Alexander Kain