Dabeisein ist alles! Das olympische Grundprinzip verinnerlichte in der jüngeren Vergangenheit kaum einer mehr als Eric Moussambani. Der Mann aus Äquatorialguinea eroberte bei den Sommerspielen 2000 im australischen Sydney in Windeseile die Herzen der Fans – obwohl er in einem Vorlauf über 100-Meter-Freistil die schlechteste Zeit in der Olympia-Geschichte aufgestellt hatte. Doch das interessierte an jenem 19. September 2000 niemanden.
Das ist aus zwei Gründen bemerkenswert. Zum einen hatte Moussambani erst acht Monate zuvor das Schwimmen erlernt – in einem kleinen 20-Meter-Becken einer Hotelanlage in seiner westafrikanischen Heimat. Zum anderen fand der einstige Nicht-Schwimmer erst nach einem Aufruf im Radio zu Olympia – Moussambani hatte sich als einziger Sportler aus dem Staat zwischen Kamerun und Gabun gemeldet.
Das Training und der Mut scheinen sich auszuzahlen.
Nach achtbaren 40,97 Sekunden kommt Moussambani zur Wende. Er holt noch einmal tief Luft und nimmt die zweiten 50 Meter in Angriff. Doch je länger sein alleiniger Kampf gegen die Uhr dauert, desto mehr schwinden dem Mann mit der blauen Badehose die Kräfte. Moussambani schlägt nur noch wild um sich, eine Kraultechnik ist nicht mehr zu erkennen. Doch auch das verwundert nicht, schließlich gibt der Westafrikaner später zu Protokoll, noch nie zuvor mehr als 50 Meter am Stück geschwommen zu sein.
Die Zuschauer, die von seiner kuriosen Vorgeschichte zu diesem Zeitpunkt noch nichts wissen, haben aber ein feines Gespür und schreien Moussambani regelrecht ins Ziel. Nach 1:52,72 Minuten schlägt er völlig entkräftet an, klammert sich an einer Trennleine fest und wird vom Publikum frenetisch gefeiert. Weil seine Kontrahenten bekanntlich schon vor dem Wettkampf die Segel gestrichen hatten, wird Moussambani sogar als Sieger des Vorlaufs geführt. Zudem stellt er für Äquatorialguinea einen neuen olympischen Rekord auf. Das Halbfinale verpasst er als 71. und damit Letzter aber natürlich deutlich.
„Die letzten 15 Meter waren schwierig für mich. Ich möchte jeden Zuschauer umarmen und küssen – sie haben ungeahnte Kräfte in mir geweckt“, so Moussambani, der von einem englischen Journalisten den Spitznamen „Eric, the Eel“ (dt.: Eric, der Aal) verpasst bekommt und sich im Olympischen Dorf vor Autogrammwünschen nicht retten kann. „Alle wollten mir die Hände schütteln. Alle klopften mir auf die Schultern und sagten: ,Guter Job‘“, erinnerte sich Eric, der Schwimmer.
In eigener Sache
Aufgrund der Corona-Pandemie wird die Welt aktuell von negativen Nachrichten überschüttet. Wir blicken deshalb in unserer Serie auf Geschichten zum Schmunzeln oder Kuriositäten aus der Welt des Sports.
Julian Schultz