Hilpoltstein
"Da war der Himmel bunt"

Engelbert Simon ist seit 25 Jahren dem Hilpoltsteiner Drachenfest fest verbunden

20.09.2016 | Stand 02.12.2020, 19:17 Uhr

Drachensteigen ist seit 25 Jahren die Leidenschaft von Engelbert Simon. Entdeckt hat er sie nur durch Zufall beim ersten Hilpoltsteiner Drachenfest. 2006 verblüffte er die Besucher mit seinem französischen Cassagne-Rad. Seit 2001 organisiert sein Verein Kiteflyers das Spektakel am Kanal. ‹ŒArch - foto: Tschapka

Hilpoltstein (HK) Eigentlich war es reiner Zufall. Am 19. September 1992 radelte Engelbert Simon am Kanal bei Heuberg, als er plötzlich eine Wiese mit vielen Drachenfans entdeckte. Simon hielt an und fand ein neues Hobby. Seit fünfzehn Jahren organisiert sein Verein Kiteflyers jetzt das Drachenfest.

"Da war der Himmel bunt", erinnert sich Engelbert Simon an seinen ersten Eindruck vom Drachenfest. Simon stieg vom Rad und schaute sich das Spektakel aus der Nähe an. "Das war damals ein Renner", sagt er. Der Nürnberger war sofort fasziniert. Aus ganz Deutschland waren die Leute gekommen und ließen ihre Drachen steigen. Sogar ein "Hamburger Flieger" war da, ein Projekt der dortigen Universität. Der Drachen sah aus wie ein Flugzeug und war eine aerodynamische Studie. Simon plauderte eine Weile mit dem Lenker. "Dann musste er dringend auf's Klo, und ich habe eine halbe Stunde seinen Drachen steigen lassen", erzählt Simon.

Von diesem Moment an ließ ihn das Drachenfliegen nicht mehr los: "Ab da war ich immer dabei." Der gelernte Formenbauer aus Nürnberg kannte sich damals schon gut mit Wind und Aerodynamik aus. Er war früher Modellsegelflieger. Doch dann kamen Frau und Kinder, das Hobby wurde zu teuer. "Das Drachenfliegen ist eigentlich viel billiger", hat sich Engelbert Simon nach seinem ersten Hilpoltsteiner Drachenfest gedacht. Im nächsten Jahr kam er wieder, diesmal mit einem selbstgebauten Sechseckdrachen. Ein Klassiker.

Bis heute hat der inzwischen 60-Jährige rund 30 Drachen selbst gebaut. Angst, dass sie nicht steigen könnten, hatte er nie. "Dazu hatte ich zu viel Ahnung vom Modellfliegen her." Sein Credo: "Alles fliegt." Nur einer seiner Drachen verweigerte sich. "Da hat mir das Design gefallen", erzählt Simon, ein Katzenkopf mit Schnurrbarthaaren. "Der wäre auch geflogen, aber dann hätte ich einen langen Schwanz dranmachen müssen, das wollte ich nicht", erzählt Simon.

Er experimentierte viel herum, vor allem mit Kastendrachen. Bald nähte er sich den ersten selbst. Simon brachte es dabei zu einiger Perfektion. 2004 wurde er deutscher Vizemeister mit einem selbst gebauten Tannenbaum. So etwas gab es zwar schon, "aber der ist mit der Spitze nach unten geflogen". Simon tüftelte so lange herum, bis sein Tannenbaum mit der Spitze nach oben flog. Viele seiner Konsá †truktionen sahen für Laien abenteuerlich aus. Auf dem Hilpoltsteiner Drachenfest musste er einen seiner Drachen etliche Male hochziehen. "Die Leute konnten sich nicht vorstellen, dass sowas auch fliegt", erinnert sich Engelbert Simon schmunzelnd. Genervt hat ihn das nie. "Es hat mir immer Spaß gemacht, ein Publikum zu haben."

Inzwischen war er längst Profi. Das Spiel mit den Elementen, das Beherrschen der Situation begeisterten Simon. Fast jedes Wochenende fuhr er zu einem Drachenfest, nach Wien, nach Lienz, einmal sogar nach Indonesien. "Manche Drachenfeste gingen über mehrere Wochen", sagt Simon. Die Drachen wurden auch immer größer und aufwendiger. Jetzt war das Hobby nicht mehr günstiger als die Modellfliegerei. Das sei wie mit Modelleisenbahnen, "es gibt welche für kleine Kinder und es gibt welche für große Kinder". Simon bevorzugte die zweite Kategorie. "Mir waren meine Drachen immer zu klein." Wie das französische Cassagne Rad, ein fliegendes Rund aus vielen kleinen Dreiecken. Drei Meter Durchmesser hatte das Exemá †plar, mit dem Simon 2006 beim Hilpoltsteiner Drachenfest aufkreuzte. "Sehr klein", wie er meint. Es gebe auch welche mit zehn Metern Durchmesser.

Zu dieser Zeit organisierte längst der Verein Kiteflyers, den Simon mit einigen Gleichgesinnten aus ganz Süddeutschland gegründet hatte, das Drachenfest. "Hilpoltstein ist das Heimatfest", sagt Simon. "Das ist immer ein Magnet." Wie im September 1992, als Engelbert Simon in Hilpoltstein seine neue Leidenschaft entdeckte.

Kornelius Schlehlein, langjähriger Chef der Volkshochschulen im Landkreis, hatte das Drachenfest damals ins Leben gerufen. Zur Premiere bot das Volksbildungswerk wie die VHS damals noch hieß, einen Drachenbaukurs an, der völlig überlaufen war. Die 50 vorbereiteten Drachenrohlinge reichten bei Weitem nicht aus. Dabei herrschte am Sonntag nur "Turnschuhwind", wie Simon eine Flaute nennt.