Ingolstadt
"Da wackelt der Schwanz mit dem Hund!"

Die Koalition hält: CSU verhilft den Freien Wählern zu umstrittenen Donautunnel

29.10.2015 | Stand 02.12.2020, 20:37 Uhr

Die Planungen können weiterlaufen: FW-Fraktionschef Peter Springl zeigt bei Gerolfing den möglichen Verlauf der Straße zum Tunnel unter der Donau hindurch. Das Prestigeprojekt drohte, die Rathauskoalition mit der CSU zu spalten. Gestern gab es eine Mehrheit im Stadtrat. Arch - foto: Rössle

Ingolstadt (DK) Auf weiteren Krach wie im Sommer hatte die CSU gestern Nachmittag keine Lust, auf eine Regierungskrise ebenfalls nicht. Deshalb ließ die Mehrheitspartei im Stadtrat ihren Koalitionspartner mit dessen Tunnelplan unter der Donau gewähren. Obwohl der hoch umstritten ist, bleibt die Trasse frei.

Der Fraktionschef der Freien Wähler wollte seinen Antrag gar nicht begründen, weil ihn ja ohnehin alle im Stadtrat bestens kannten und alles dazu gesagt war. Damals im Juli, kurz vor der Sommerpause. Peter Springl wollte, so sagte er, lieber auf das antworten, was ihm von SPDler Manfred Schuhmann (und anderen, sogar CSU-Leuten) als Ablehnung entgegengeworfen wurde. Doch zu einer Erwiderung auf „Irrsinn“ (Schuhmann) oder „Mumpitz“ (Petra Kleine, Grüne) kam der FW-Chef nicht. Der eigene Fraktionsfreund Markus Reichhart bremste ihn kurioserweise aus, indem die Rednerliste (ohne Springl darauf) geschlossen wurde. Es war ja eigentlich schon alles gesagt. Vor allem das Negative über den geplanten FW-Korridor zwischen Gerolfing und Zuchering mit dem Tunnel im Auwald unter der Donau hindurch.

„Was soll dieser Antrag hier“, platzte es aus Schuhmann heraus. Im Juli waren die Freien Wähler an einer Blamage vorbeigeschrammt, als einige CSUler in der Sitzung die Unterstützung verweigerten und das Prestigeprojekt der FW zu scheitern drohte. Der beliebte Ruf „Zurück in die Fraktionen“ rettete damals den Tag, die Koalition aber verkrachte sich. Nun also kam alles auf Wiedervorlage. Die Gegner waren besser munitioniert – wie eben Manfred Schuhmann, der aus den vorgelegten Gutachten herauslas: Das Ingolstädter Trinkwasser (mit Tiefbrunnen in Gerolfing und Buschletten) sei bei den Tunnelarbeiten hoch gefährdet, das Wasserwirtschaftsamt schließe einen Tunnel ebenfalls aus. Und dazu die Kosten: 161 Millionen Euro allein für die Betonröhre, noch ohne die Zufahrten, seien genannt. „Ein Projekt, das für Ingolstadt nicht geht, es geht einfach nicht“, klagte Schuhmann.

Das alles wollten die Befürworter gestern nicht hören. Sie kannten es ja schon. „Eine interessante Rede“, meinte CSU-Boss Joachim Genosko zu Schuhmann. „Die aber erst in 30 Jahren gehalten werden sollte.“ Man werde es selbst gar mehr erleben, sollte der Tunnel kommen. Es werde nur die Trasse frei gehalten, „damit wir uns später nicht den Vorwurf machen lassen müssen, wir hätten etwas verpasst“, sagte Genosko. „Die Gustav-Adolf-Straße lässt grüßen.“ Sie war als (breite) Anbindung aus dem Süden zur dritten Donaubrücke geplant gewesen, später aber zugebaut.

Doch nicht einmal in den eigenen Reihen sind alle davon überzeugt. Zuvorderst die Gerolfinger Stadträte Hans Achhammer und Markus Meyer. Der jüngste Stadtrat könnte eine Fertigstellung vielleicht noch im Amt erleben, will es aber gar nicht. „Ein völlig schiefes Kosten-Nutzen-Verhältnis“, sagte Meyer. Quasi werden Millionen Euro für ein paar Autos am Rande von Ingolstadt verbuddelt. Achhammer, sogar Sprecher der CSU in Planungsfragen, wollte seine „Schnapsidee“ aus dem Juli nicht mehr wiederholen, aber sein „Irreal – wir legen uns da auf einen Korridor fest, der so nie kommen wird“ reichte.

Am heftigsten stemmte sich Manfred Schuhmann („eine aberwitzige Diskussion“) dagegen: „In 30 Jahren fließt die Donau dort auch noch vorbei.“ Sein Appell („Leute, das ist ein Irrsinn, ein Irrweg“) verhallte an der CSU/FW-Koalitionsmauer, die mit den vier Mitgliedern der Bürgergemeinschaft sowie FDP und Republikaner gestärkt war. 29:18 Stimmen für die Trasse zählte OB Christian Lösel (CSU), der sich nicht an der Diskussion beteiligte.

Schuhmann hatte erkannt: „Es geht hier um den Koalitionsfrieden. Der Schwanz wackelt mit dem Hund! Das müssen Sie von der CSU vertreten.“