Ingolstadt
"Da kommt eine Lücke auf uns zu"

Stadt setzt im Wettbewerb um Nachwuchskräfte auf ein Bündel von Maßnahmen Handlungsstrategie vorgestellt

24.07.2017 | Stand 02.12.2020, 17:44 Uhr

Ingolstadt (DK) Nachwuchssorgen in vielen Betrieben und Verwaltungen - wird es in der Arbeitswelt von morgen noch genügend Fachkräfte geben? Die Stadtverwaltung nimmt die demografische Entwicklung ernst und will mit einem ausgefeilten Handlungskonzept einem Personalengpass entgegenwirken.

Ingolstadt und sein Umland gehören zu den Boomregionen der Republik, doch als Kehrseite der Medaille wird hier auch schon länger in vielen Branchen ein eklatanter Fachkräftemangel beklagt. Den großen Technikunternehmen fehlen Ingenieure, aber auch Verkaufspersonal mit Detailkenntnissen für anspruchsvollere Kundenberatung ist knapp, und Verwaltungen müssen sich überlegen, wo sie in einer Welt mit immer komplexeren Anforderungen künftig hinreichend qualifiziertes Personal hernehmen wollen.

Weil sich in den kommenden zehn Jahren die kopfstarke sogenannte Babyboomer-Generation in den Ruhestand verabschieden wird, zieht gerade in den wirtschaftlich starken Landstrichen ein Problem herauf, das auch Kommunalverwaltungen nicht ignorieren dürfen. Die UDI-Fraktion hatte Ende Mai vor dem Hintergrund bereits jetzt offener Stellen in der Stadtverwaltung, insbesondere im Baureferat, in einem Antrag ein Konzept zur Nachbesetzung von "Stellen an neuralgischen Punkten der Verwaltung" eingefordert. Die neue siebte Fraktion rennt damit allerdings im Rathaus offene Türen ein, denn OB-Referent Christian Siebendritt, für alle Organisationsfragen verantwortlich, hat jetzt im Finanzausschuss "Handlungsstrategien zur Sicherung des Fachkräftepotenzials" vorgestellt.

Die Stadt befinde sich in der Nachwuchswerbung "in einer gewissen Konkurrenzsituation" mit der Wirtschaft, hat Siebendritt vor den Stadträten eingeräumt, und ohne konsequentes Gegensteuern sieht er deutliche Probleme heraufziehen: "Die Zukunft lässt nichts Gutes erwarten; da kommt eine Lücke auf uns zu!"

Gerade mit (bisher war das jedenfalls so) kapitalkräftigen Großunternehmen vor der Haustür, das weiß man im Rathaus nur zu gut, muss eine Kommunalverwaltung besonders ausgeschlafen sein, um im Werben um junge Leute nicht völlig ins Hintertreffen zu geraten. Ziel aller Bemühungen kann laut OB-Referent deshalb nur sein, sich auf dem Arbeitsmarkt auch als öffentlicher Arbeitgeber möglichst gut darzustellen - und dieses Versprechen dann auch zu halten.

Siebendritt nennt in seinem Handlungskonzept drei Säulen, auf denen die Stadt ihr künftiges Personaltableau stützen will: Gewinnung neuer Kräfte, Motivierung vorhandener Mitarbeiter, sich möglichst lange oder gar dauerhaft an die Stadt zu binden, und Ausnutzung aller technischen und organisatorischen Möglichkeiten, Arbeit effizienter zu erledigen und somit da und dort auch mit weniger Personal auszukommen.

Bei der Rekrutierung von Nachwuchs setzt die Verwaltung laut OB-Referent auf Jobportale und Ausbildungsmessen ebenso wie auf die Dienste von Personalberatern, die natürlich vor allem für die Besetzung von Führungspositionen tätig werden. Ein Weg, junge Leute am Ende der Schullaufbahn für sich einzunehmen, bestehe auch darin, viele Praktikumsplätze anzubieten. Dies habe sich zum Beispiel auf dem Sozialsektor in den städtischen Kindertagesstätten ganz gut angelassen. Die Verwaltung will laut Siebentritt künftig auch noch mehr Werkstudenten einsetzen und für öffentliche Verwaltung und Dienstleistung begeistern. Der Eindruck des Cheforganisators: "Da ist schon der eine oder andere hängen geblieben."

An der Bezahlung - früher oft als unterdurchschnittlich wahrgenommen - könne es übrigens kaum noch liegen, so Siebendritt, wenn junge Leute dem öffentlichen Dienst skeptisch gegenüberstünden. Man sei da im Vergleich zu vielen Wirtschaftsbranchen inzwischen "fast gleichwertig", liege dank Zulagen und Sonderzahlungen vielfach bereits "bei fast 14 Monatsgehältern". Hinzu kämen attraktive Arbeitszeitmodelle (über 700 an der Zahl) und fortschrittliche Gestaltung der Arbeitsabläufe durch Digitalisierung. Auf diesem Sektor sei man in Ingolstadt "im Vergleich zu anderen Städten sehr, sehr weit vorangekommen".