Ingolstadt
Computerfreak schafft es

12.08.2010 | Stand 03.12.2020, 3:46 Uhr

Liebt Computer: Schon als kleiner Bub saß Dennis Martin stundenlang am PC. Das ging auf Kosten des Lernens, und so schaffte er gerade einmal die Hauptschule. Dennoch hat der 20-Jährige jetzt seine Lehre als Fachinformatiker abgeschlossen. - Foto: Herbert

Ingolstadt (smr) Hauptschule – Restschule, heißt es oft. Wer den Quali nicht schafft, der wird schnell abgestempelt, gilt vielleicht sogar als nicht ausbildungsfähig. Doch Schulnoten sind nicht alles, wie der Fall von Dennis Martin zeigt.

Es grenzt fast an ein Wunder, was dem 20-Jährigen gelang: Dennis Martin hat mit Erfolg seine Lehre als Fachinformatiker für Systemintegration abgeschlossen. Dabei war er ein schlechter Hauptschüler, der nicht einmal den Quali schaffte und sich in seiner Verzweiflung schon um eine Ausbildung als Metzger bemüht hatte – ohne Erfolg. "Schule hat mich einfach nicht interessiert", meint er lapidar. "Statt zu lernen, bin ich ständig am PC gesessen. Computer sind schon seit der ersten Klasse mein Hobby."

Mit einer gehörigen Portion Glück fand der Jugendliche damals eine Lehrstelle in seinem Traumberuf. Nach einem halben Jahr wechselte Dennis (unfreiwillig) den Ausbildungsbetrieb und landete auf Vermittlung von Helga Hieblinger vom IHK-Gremium Ingolstadt-Pfaffenhofen bei der Systec Computer GmbH, einem kleinen IT-Dienstleister. Geschäftsführer Patrick Binner blickte zwar besorgt auf die schlechten Schulnoten, doch er wollte dem jungen Mann eine Chance geben. "Ich hab’ nämlich eine ähnliche Historie aufzuweisen." Binner merkte schnell: "Dennis ist ein ausgefuchster junger Mann – Weltklasse. Und er zeigt auch viel Eigeninitiative."

In der Berufsschule war der Computerfreak der einzige Hauptschüler unter lauter Realschülern und Gymnasiasten. "Die Klassenkameraden waren aber nett zu mir. Die hatten zwar die besseren Noten, aber wenn es um eine technische Frage ging, haben sie dumm geschaut." Der junge Mann gibt aber auch unumwunden zu: "Ich dachte, mich haut es sicher durch, denn meine Noten waren unter aller Kanone. Deshalb hab’ ich alles ganz locker genommen." Trotzdem kam Dennis durch – wenn auch sehr knapp. Thema seiner Projektarbeit war übrigens die E-Mail-Archivierung in Betrieben, unter anderem ging es dabei auch um die Verschlüsselung und Wiederherstellung von Daten.

Der 20-Jährige wurde zwar nicht sofort übernommen in seinem Ausbildungsbetrieb, doch er hat gute Aussichten auf eine Einstellung ab Herbst. "Dennis zeigt viel Eigeninitiative und ist auch top bei Auftritten vor Kunden", erklärt Binner. Der junge Mann selbst blickt optimistisch in die Zukunft. Sein Rat an Jugendliche auf Lehrstellensuche: "Wenn man sich mit einem Thema richtig auseinandersetzt und viel Spaß daran hat, dann kann man wirklich viel erreichen."

Den Standpunkt vertritt Helga Hieblinger ebenfalls: "Auch Hauptschüler schaffen mit Willensstärke, Ehrgeiz und Durchhaltevermögen Abschlüsse in Berufen, die sonst nur von Abiturienten und Schülern mit mittlerem Bildungsabschluss ergriffen werden, wie etwa Fachinformatiker für Systemintegration. Nach wie vor ist es wichtig, die eigenen Stärken zu erkennen, zu eruieren, was einen interessiert und welche Voraussetzungen man mitbringt." Das Beispiel von Dennis Martin bestätige auch die Position der Industrie- und Handelskammer, dass ein guter Hauptschulabschluss in Bayern zu einer Ausbildung in jedem Berufsbild befähige.

Im Hinblick auf den absehbaren Fachkräftemangel in allen Branchen wird es nach Einschätzung von Helga Hieblinger in Zukunft aber immer wichtiger, dass die Betriebe sich bei der Bewerberauswahl nicht nur allein von Schulzeugnissen und Abschlüssen leiten lassen. "Vielmehr sollten sie auch jene Bewerber fördern, deren Talente und Stärken man vielleicht erst auf den zweiten Blick erkennt."