München
Cavallo Classico: Spannende Sprünge und tanzende Hufe

29.12.2013 | Stand 02.12.2020, 23:15 Uhr

 

München (DK) Perfekt geht anders: Bei der Pferdeshow „Cavallo Classico“ am Freitagabend auf dem Messegelände in München geht fast keine Darbietung vorüber, ohne dass ein Pferd scheut, eine Lektion anders verläuft als geplant oder ein Reiter früher als vorgesehen auf dem Boden landet.

Trotzdem geht das Konzept Unterhaltung auf höchstem Niveau auf – nicht zuletzt wegen des grandiosen 30-köpfigen Symphonieorchesters und der Rockband, die auch ohne Pferdeshow einen Besuch wert gewesen wären. Die Musik ist es auch, die den mehr als 3000 begeisterten Zuschauern über das eher kühle Messeambiente hinweghilft – denn dahin musste der Veranstalter nach dem Totalschaden Anfang Dezember ausweichen. Sturmtief Xaver hatte das große Showzelt zerstört. Erst jetzt konnte der Premierentermin nachgeholt werden. Die Musik von Tschaikowski bis Abba zieht das Publikum direkt hinein in das Geschehen, das von klassischer Dressur bis zum Stuntreiten reicht.

Dabei ist der Beginn eher schwerfällig, zu klassischer Musik läuft eine Herde Jungtiere hin und her, während Showtänzer ihre Nummern zeigen. Der zweite Akt, in dem zwei Springreiter zu einer Mischung aus Hip-Hop und Klassik über Tücher springen, wirkt sogar konzeptionell unentschieden: Hier Reiter mit Goldkettchen zu Hintergrund-Rap, dort graziöse Artisten mit bunten Tüchern, über die die Pferde springen sollen. Das gelingt den Tiere aber kaum, fast bei jedem Sprung streifen die Vorderbeine der Pferde ein Tuch.

Doch das weitere Programm von „Cavallo Classico“ – produziert von den früheren „Apassionata“-Machern Robert Wagner und Bernhard Graf von Ballestrem – entschädigt für diesen eher zähen Start. Da wäre zum Beispiel das Stuntreitteam Les Fils du Vent aus Frankreich – einer der Glanzpunkte des Abends. Die Pferde der wagemutigen Stuntreiter rasen in hohem Tempo durch die Manege, während die muskulösen Männer die meiste Zeit kopfüber neben ihrem Pferd verbringen. Ihre Vorführung ist nicht nur abenteuerlich, sondern auch witzig: Das Publikum lacht, als einer der Reiter sich im Galopp vom Rücken seines Schimmels schwingt, um so zu tun, als laufe er neben ihm her, und im nächsten Moment wieder im Sattel sitzt. Dagegen stockt den meisten der Atem, als ein Reiter sich während des Galopps beinahe in Zeitlupe unter sein Pferd hangelt und auf der anderen Seite seelenruhig auf dessen Rücken klettert.

Genauso spannend ist der Auftritt des bekannten „Flying Frenchman“ Lorenzo, der elf Lusitano-Schimmel gleichzeitig kontrolliert – und zwar ohne Sattel und Zaumzeug. Das schafft er, indem er mit je einem Fuß auf einem von zwei Pferderücken steht, den Rest seiner Herde versucht er mit zwei Peitschen zu dirigieren. Bisweilen entwischt dem Meister ein Pferd. Und einmal muss er sogar absteigen, um zwei Ausreißer auf ihre Plätze zu verweisen. Das Publikum hält gespannt den Atem an, als es dem Akrobaten schließlich beim dritten Versuch gelingt, mit allen Pferden über ein Hindernis zu springen.

Eindrucksvoll ist auch die Vorführung der Garrocha-Künste von Manolo Oliva und seinem Partner. Entspannt und elegant tanzen ihre spanischen Pferde über den Boden, vollführen spontane Wechsel oder drehen sich im Galopp um die eigene Achse. Dabei heben sie ihre Vorderbeine kraftvoll in die Höhe, was die Dressurpferde von Ulla Salzberger & Friends zwar auch beherrschen, aber mit weniger Elan.

Überhaupt erhält die klassische Dressur weniger Applaus als die anderen Vorführungen, was zum einen wahrscheinlich daran liegt, dass man die Nummern schon aus dem Fernsehen kennt, zum anderen aber auch daran, dass nicht alles fehlerfrei verläuft. So wirkt der schwarze Hengst, der seine Gruppe anführt, zeitweise geradezu panisch. Am Ende, als viele Reiter und Pferde noch einmal nach draußen kommen, kann sein Reiter ihn kaum mehr kontrollieren.

Doch das bleibt ein Einzelfall: Grundsätzlich harmonieren die Menschen mit ihren vierbeinigen Partnern. Immer wieder gab es nette Überraschungen wie die rasanten Gespanne vom Bundeskader-Mitglied Wilhelm Wörner, die von putzigen Fjordpferden aus Norwegen gezogen werden. Dabei galoppieren zeitweise mehrere Kutschen in hohem Tempo aufeinander zu, um dann im letzten Moment auf die Seite abzubiegen. Ebenfalls mutig ist der Auftritt der Voltigiergruppe, die auf ihrem Pferd turnen und dabei menschliche Pyramiden bauen oder Saltos vollführen. Nur der letzte Abgang endet für eine Akrobatin auf dem Bauch, was das Publikum aber sofort verzeiht.

In ihrer Freiheitsnummer zeigt Sylvie Wilms auf spielerische Weise mit zwei Pferden, wie weit das Vertrauensverhältnis zwischen Pferd und Reiter gehen kann. Die Pferde folgen ihr auf Schritt und Tritt, steigen auf Kommando in die Höhe oder galoppieren um sie herum. Und legen sich am Ende auf Kommando sogar neben sie auf den Boden.

 

Weitere Vorstellungen heute, Montag (19 Uhr), und morgen, Dienstag (15 und 19 Uhr). Karten unter Telefon (0 89) 54 81 81 81. Infos unter www.cavallo-classico.com.