Café Kögl schließt: Pilgerziel der Schrobenhausener

14.02.2007 | Stand 03.12.2020, 7:03 Uhr

Aichach/Schrobenhausen (gdr) Bis in die Puppen wurde im Café Kögl einst getanzt. Ostern schließt das Café in der Aichacher Altstadt.

Wenn der Schrobenhausener Walter Hiller das Stichwort Café Kögl hört, dann beginnt er übers ganze Gesicht zu strahlen. "Das waren noch Zeiten", lächelt er. Damals, kurz nach dem Krieg, als es noch kaum Freizeitangebote gab, zog es viele aus Schrobenhausen nach Aichach zu den Tanzabenden ins Café. "Mit dem Fahrrad sind wir immer hingefahren", erinnert sich der Schrobenhausener. Andere wieder kamen mit dem Zug, manche sogar bis von Ingolstadt. "Bei uns traf sich alles", erinnert sich der 74-jährige Ernst Kögl, Konditormeister und langjähriger Inhaber des Cafés.

Wenn an Ostern das Café Kögl schließt, dann geht in der Aichacher Altstadt eine über 100-jährige Ära zu Ende. Die Geschichte des Kaffeehauses begann genau am 28. Februar 1891. An diesem Tag erwirbt Karl Kögl das Geschäft des Konditors Gräf. Einige Jahre später, 1908, entsteht das heutige Eckgebäude mit einem kleinen Café und einer Konditorei mit Wein-, Tabak- und Kolonialwarenhandlung.

20 Jahre später erneuert sein Sohn, Konditor Georg Kögl, das Kaffeehaus und erweitert es. Zur Wahl steht eine Aufstockung, um die Räume in den ersten Stock zu verlegen, oder eine ebenerdige Erweiterung. Hinter dem Köglschen Gebäude, nach dem Pfarrhof zu, war damals die Werkstatt des Schreinermeisters Gottlieb Ratzek. Mit dem Erwerb des benachbarten Werkstätten-Anwesens bot sich Kögl mit einem Anbau eine praktische Lösung zur Erweiterung. Ende der 40er Jahre folgte der Ausbau des Wintergartens.

An die Zeiten, als das Kaffeehaus auch ein Kolonialwarenladen war, kann sich Ernst Kögl noch gut erinnern. Bis nach dem Krieg hätte seine Mutter Dora den Laden noch betrieben. Dann kamen erst mal die Amerikaner und besetzten das Viertel in der Innenstadt. Die ersten sechs Wochen waren die Kögls aus ihrem Haus ausquartiert. Dann durften sie zumindest wieder in ihre Wohnung im ersten Stock zurück.

Das Erdgeschoss mit dem Café beanspruchten die Amerikaner für sich. Sie hatten dort eine Offizierskasino eingerichtet und "eine Art Eisfabrik", erinnert sich der 74-Jährige. Für die drei Kögl-Buben Georg, Ernst und Alarich tat sich eine neue Welt auf. Kannten sie bisher nur Kunsteis, so spendierten die kinderfreundlichen Amerikaner ihnen Eis, das aus Milch gemacht war. "Das war schon etwas besonderes", sagt Kögl und man sieht förmlich, wie er dem Geschmack von damals nachspürt.

Hoch her ging es von Anfang an bei den Tanzabenden, an die sich auch Walter Hiller so gerne erinnert. "Gleich mit 30 bis 40 Gästen in ihrem Bus fuhr die Pöttmeser Musikkapelle vor", erzählt Kögl lachend. Kein Weg war den Gästen zu weit, um nach den Kriegsjahren beim Tanzen Zerstreuung zu finden.

"Es herrschte eine Stimmung wie an Fasching", erinnert sich der 74-jährige Kögl. "Bis in die Puppen" habe seine Mutter Dora noch Platten aufgelegt, wenn die Tänzer nicht nach Hause gehen wollten. Viele Paare lernten sich im Kögl kennen. Auch Hiller bandelte hier erst so richtig mit seiner Marlene an. Inzwischen sind die beiden seit 46 Jahren verheiratet.

Nicht nur den Gästen ist das Café ans Herz gewachsen. Auch den Kögls. Entsprechend schwer fiel der Familie der Entschluss, aufzuhören. Aus Altersgründen wollten Ernst und Carola Kögl nicht mehr weitermachen. Der neue Pächter wird den vorderen Teil zu einem Bistro umbauen.