Ingolstadt
Bunt, schrill und im Jetzt

Pre-Opening der 25. Ingolstädter Künstlerinnentage mit "Fräulein on the Dark Side of Bass" im brigk macht Lust aufs Festival

29.09.2019 | Stand 23.09.2023, 8:47 Uhr
Olivia Lenz

Ingolstadt (DK) Schwarzlichtbeleuchtung, bunte Musterprojektionen und allerlei Kabel, die Sound- und Lichttechnik vernetzen.

Bereits die aufwendige Raumgestaltung im modernen Ambiente des Gründerzentrums brigk spiegelt das Motto "Digitalisierung trifft Subkultur" wider: Denn hier steigt heuer das Pre-Opening der 25. Künstlerinnentage. Am Samstagabend veranstaltete der Club Independence zu diesem Anlass eine Party, in der das zeitgenössiche Performanceduo "Fräulein on the Dark Side of Bass" verschiedene Kunstarten harmonisieren ließ. Langanhaltend schrille Töne, die von visualisierten Tonwellen begleitet werden, entwickeln sich in den ersten Minuten der Vorstellung in einen sich langsam aufbauenden Beat. Immer wieder leuchten einzelne Glühbirnen auf. Bunte Farbverläufe, die stetig heller werden und sich zu konkreten Mustern entwickeln, machen gespannt auf das, was folgt. Im körperbetonten schwarzen Bodysuit, weißen langen Tüllrock und mit einem Kopfschmuck aus rosa Blumen, wie ihn einst auch Frida Kahlo trug, betritt Fräulein Hahnkamper den Raum und zieht durch ihre Bühnenpräsenz sofort alle Augen auf sich. Es folgt eine kurze Erklärung, warum Reime sachlich, neutral und no-gender sind. Plötzlich gibt es eine Bildstörung im Hintergrund und nach einem lauten Rauschen wird es für einen kurzen Moment ganz still. Mit weicher Stimme trägt die Künstlerin ihre eigene Poesie vor, in der sie der mütterlichen Mondgöttin Europa für Lebensfreude und internationale Freundschaften dankt.

Die geübte Vocalistin, Poetin und Performerin wechselt immer wieder das Genre und zieht so das Publikum in ihren Bann. Bewusst eingesetzte Weiblichkeit trifft hier auf selbstsicheres Auftreten. Auf witzige und lockere Art zeigt sich die Performerin im dadaistischen Varieté. Ihre plötzlich aufwallenden Schimpfereien entschuldigt die Sängerin auf charmante Weise mit ihrem Bühnen-Tourette. Fräulein Hahnkamper ist auf der Bühne ganz im Jetzt und erwartet dies auch von ihrem Publikum. Immer wieder interagiert sie mit Zuschauern und fordert deren Spontaneität heraus. Dazu erzeugt der Bassist und Sounddesigner Bernhard Hollinger auf einem Synthesizer verschiedenste Klangsynthesen, die sich von klaren, zentrierten Lauten bis hin zu verzerrten, schrillen Tiefen und Höhen abwechseln. Den letzten Schliff zum perfekten Gesamtbild gibt die spanischen Künstlerin Kalma aus Berlin mit audioreaktiven Videoinstallationen, die sich den Klängen anpassen. Perfekt aufeinander abgestimmt, improvisieren sie zusammen - und dies ohne sich durch die verschiedenen Kunstarten voneinander abzugrenzen. Ein Gesamtkunstwerk. Das Trio verwirrt, entzückt und bringt das Publikum zum Stauen. Die Mischung aus zauberhafter Poesie, verspielten Geräuschkünsten und elektronischen Klängen lässt dem Betrachter viel Interpretationsspielraum.

Auf der Aftershowparty konnte sich das Publikum beim gespielten Set der DJane Marcella gegenseitig sowie mit den Künstlern unterhalten. Ein gelungener Vorgeschmack auf die diesjährigen Künstlerinnentage.

Programm des Festivals "Der Oktober ist eine Frau" unter www. ingolstadt. de/künstlerinnentage.

Olivia Lenz