Berlin
Bund und Länder streiten über die Milliarden für die Flutopfer

Landesregierungen wollen Fonds Deutsche Einheit anzapfen / Söder: Blockade wird Hilfszahlungen aber nicht verzögern

18.06.2013 | Stand 03.12.2020, 0:00 Uhr

Berlin (DK) Wer zahlt wie viel für die Flutschäden und wie wird das Geld aufgebracht? Bis zu acht Milliarden Euro Hilfe hatte die Kanzlerin in der vergangenen Woche mit den Ministerpräsidenten vereinbart. Der grobe Rahmen steht, doch der Teufel steckt in den Finanzierungsdetails: „Alle Bundesländer sind sich über eine Finanzierung einig“, sagte Bayerns Finanzminister Markus Söder (CSU) gestern gegenüber unserer Berliner Redaktion, nach dem Treffen der Länderressortchefs mit dem Bund in Potsdam.

Doch der Bund hat andere Vorstellungen.

Die Länder wollen, dass ihr hälftiger Vier-Milliarden-Anteil über den Fonds Deutsche Einheit (FDE) gezahlt wird, in den sie jährlich 2,2 Milliarden Euro überweisen, um Schulden aus dem Aufbau Ost zu zahlen. Sie argwöhnen ohnehin, dass der Bund wegen des derzeit niedrigen Zinsniveaus auf die FDE-Einzahlungen der Länder gar nicht angewiesen ist. NRW-Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) kritisierte: „Es ist bedauerlich, dass der Bund sich bisher nicht bereit zeigt, die Zinsgewinne aus dem Fonds Deutsche Einheit in die Finanzierung einzubeziehen.“ Die Bund-Länder-Blockade muss bei einem Spitzentreffen von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble oder der Kanzlerin mit den Ministerpräsidenten in den nächsten Tagen aufgelöst werden.

Der Streit über die endgültige Finanzierung der Hochwasserschäden werde die Hilfszahlungen nicht verzögern, versichert Bayerns Finanzminister Söder. Der Zeitplan ist eng getaktet: Bereits in der nächsten Woche soll das Gesetz im Eiltempo durch den Bundestag, am 5. Juli die Länderkammer den Weg frei machen.

Doch dazu bedarf es erst einer Einigung: Steuererhöhungen, die die SPD zuerst ins Gespräch gebracht hatte, lehnen Kanzlerin und Finanzminister strikt ab. Der Bund hat angeboten, die acht Milliarden Euro mit einer Bundesanleihe vorzufinanzieren. Die Länder würden dann von den günstigen Kreditkonditionen profitieren, die der Bund erhält. Ihren Anteil müssten sie über die nächsten zehn Jahre beim Bund abstottern und dafür nach dem Plan Schäubles auf Umsatzsteueranteile verzichten. „Die Länder verweigern sich dieser gerechten Lösung“, heißt es dazu im Bundesfinanzministerium.

Die Länder machen nun gemeinsam eine andere Rechnung auf: Der Fonds Deutsche Einheit (FDE) könnte umgemodelt werden. Aus ihm werden – von Bund und Ländern – Schulden bedient, die in den neunziger Jahren für Investitionen in die Deutsche Einheit gemacht wurden. Jetzt soll er auch für die Finanzierung der Hochwasserschäden genutzt werden – und zur Vorsorge. „In Zukunft sollten aus dem Fonds Deutsche Einheit auch Hochwasserschutzmaßnahmen finanziert werden. Es geht nicht nur um die Regulierung der Schäden, sondern auch um Prävention“, fordert Bayerns Finanzminister Söder.

Der Fonds Deutsche Einheit könnte wegen des niedrigen Zinsniveaus schneller als geplant – bis zum Jahr 2018 statt 2019 – getilgt werden. Dadurch ergebe sich Spielraum, Tilgungen zu strecken und damit Hochwasserhilfen zu finanzieren. „Diese Zinsüberschüsse sollten zumindest teilweise zur Bewältigung der Flutkatastrophe herangezogen werden“, sagt Baden-Württembergs Finanzminister Nils Schmid (SPD).

Unterdessen will die schwarz-gelbe Koalition die Bedingungen für hochwassergeschädigte zahlungsunfähige Betriebe lockern: Die gesetzliche Insolvenzantragspflicht soll bis zum 31. Dezember ausgesetzt werden. „Mit der vorübergehenden Aussetzung verschaffen wir vielen Unternehmen mehr Zeit, um den Betrieb noch retten zu können“, sagte Marco Buschmann, rechtspolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, im Gespräch mit unserer Berliner Redaktion. Betriebe, die zahlungsunfähig sind, müssen laut Insolvenzordnung binnen spätestens drei Wochen einen Insolvenzantrag stellen, sonst riskieren sie eine Strafe.