Dietfurt
Bürgermeisterin unter Artenschutz

Well-Brüder aus'm Biermoos überzeugen ihr Publikum und haben sich gut auf Dietfurt vorbereitet

06.10.2017 | Stand 02.12.2020, 17:24 Uhr
Der Stofferl, der Karli und der Michael in Aktion: Die Well-Brüder haben bei ihrem Auftritt in Dietfurt ihr Publikum begeistert. −Foto: Erl

Dietfurt (DK) Die Well-Brüder aus'm Biermoos haben sich gut auf Dietfurt vorbereitet. Stofferl, Michael und Karli wissen zumindest von der Chinesischen Mauer, von der roten Bürgermeisterin und von den sieben Tellern - äh Tälern der Stadt. Ihr Wissen bündeln sie am Donnerstagabend gleich mal in ein Schnaderhüpfel auf einen Ort, wo es sieben Täler und Siebenwurst gibt, wo Bayrisch-China ans nordkoreanische Töging grenzt und wo die rote Carolin regiert. "Dabei san's in Dietfurt so schwarz rundrum, wie des schwärzeste Loch im Universum", witzeln sie zur eingängigen Landlermelodie.

Die Drei sehen sich als Nachfolger der legendären Biermöslblosn und tatsächlich pflegen die drei Brüder aus der großen Familie diese bissig-satirische Blickweise auf die Menschen und auf die Politiker weiter. Und Musik machen können sie sowieso. Stofferl ist ein begnadeter Tausendsassa auf vielen Instrumenten mit Glanzstücken auf der Trompete und an der Harfe. Michael bläst das Tenorhorn samt Tuba dazu oder rührt am Brummtopf und Karli hat neben der Ziehharmonika noch die Gitarre. Natürlich hangeln sich die erfahrenen Mundartkabarettisten in ihren Abenden vor Publikum an einem Handlungsstrang entlang. Leitfaden ist die Historie ihres Heimatortes Hausen bei Rohrbach und die Forschungsergebnisse vom Drexler Toni als Kreisheimatpfleger. Parallelen zu Dietfurt ergeben sich da nicht nur zufällig und ihr Konzept ist offen genug, um laufend ein paar lokale Spitzfindigkeiten einzuflechten. Die Rivalitäten zu Riedenburg und Beilngries geben das passende Futter dazu. Selbstverständlich binden sie auch das Publikum in der abgeteilten Sieben-Täler-Halle mit ein und sparen vorab nicht mit Seitenhieben auf die sachlich-nüchterne Turnhallenatmosphäre. Mehrmals frotzeln sie zur Gaudi der Zuhörer über die "liebevoll herbstlich geschmückte Halle".

Die Leute in den Stuhlreihen sollen aber auch mitmachen und zumindest die Refrains singen. "Des ham ma auch schon in Riedenburg g'macht und die Leute dort ham des hinbracht", stacheln sie an und streuen ihre bittersüßen Spottverse zur bayerischen Schulpolitik ins Publikum. Der besondere Zauber der Drei ist die bewusste Missachtung von Genregrenzen in ihrer traditionell verwurzelten Musik samt dem gekonnten Mix aus bodenständiger Sprache und hintersinnigem Wortwitz.

Heimatpfleger Toni Drexler hatte angeblich erforscht, dass der Komponist Georg Friedrich Händel vor gut 300 Jahren durch Hausen kam. So adaptierten sie eine seiner Barockkompositionen und formen daraus ein wundervolles Konzertstück für Piccolotrompete, Tenorhorn und Ziehharmonika. Ein großartiger klingender Leckerbissen samt artistischen Trompetentrillern. Ihre bayrischen Musikwurzeln harmonieren ebenso gut mit südamerikanischen Rhythmen beim Ché-Guevara-Landler oder bei schottischen Highlandklängen mit Dudelsack. Lieblingsspielwiese aber bleibt ihr weiß-blaues Heimatland samt kribbeligem Spott und peitschender Satire auf die politischen Ewigkeitszustände. Da kommt dann selbst Franz Josef Strauß nicht ungeschoren davon, der nach etlichen schäumenden Weißbieren damals offensichtlich implodiert sein soll. In einem rasanten Rückblick staffieren sie das neue Museum der Bayerischen Geschichte - das Seehofer-Walhall - nach ihren Vorschlägen aus und landen doch wieder beim aktuellen Landesvater und beim vergangenen Wahlergebnis.

Die SPD nehmen sie folglich ebenso wie Luchs, Biber und Wolf ins Artenschutzprogramm auf und erklären den Dietfurtern unter dem Gelächter aus den Stuhlreihen unverblümt, dass damit nun ihre Bürgermeisterin als aussterbende Art besonders geschützt sei. Dass Bayern den drei Freigeistern besonders mit Blick auf die Polit-Affären der Vergangenheit ganz besonders am Herzen liegt, bekräftigen sie natürlich musikalisch. "Macht Bayern oana mies, den fotz ma raus aus dem Paradies", singen sie voller Lebensfreude, bevor sie nach zwei Zugaben zusammen mit dem Publikum ein Lied übers Sterben singen. "Denn wenn man darüber lacht, ist's nicht mehr ganz so schlimm", lautet ihre viel beklatschte Weisheit im Vorfeld von Allerheiligen.