Buchnov (DK) In den USA ist Harold Apter ein erfolgreicher Drehbuchautor, hat Folgen für Serien wie "Golden Girls". "Der Sentinel - Im Auge des Jägers", "Mission Erde - Sie sind unter uns" und "Walker, Texas Ranger" geschrieben. Für eine neue tschechische Mini-Krimiserie, die auf Arte zu sehen ist, fungiert Apter als Showrunner.
"Das tschechische Fernsehen hat mich im Rahmen eines Schreibwettbewerbs zur Ausbildung von Drehbuchautoren zu einer Masterclass nach Prag eingeladen. Der beste Plot sollte dann gedreht werden. ,Mord im Böhmerwald' hat gewonnen", sagt der Serien-Profi im Arte-Interview. "Wir haben aber alle Autoren, deren Projekte für interessant befunden worden waren, eingeladen, das Drehbuch mit uns zu entwickeln. Als Showrunner habe ich mich vor allem mit der Erzählstruktur und den Figuren befasst, war aber auch insgesamt für die Serie einschließlich Dreharbeiten zuständig."
Über acht Folgen erzählt "Mord im Böhmerwald" ("The Lynching") die Geschichte des jungen Bloggers und Dokumentarfilmers Lukas. Der kommt aus Prag ins böhmische Buchnov, die Heimat seiner Großmutter, um dort einen Film über einen Lynchmord zu realisieren, der wenige Monate zuvor auf dem Marktplatz der Kleinstadt begangen wurde. Ein junger Roma namens Denis wurde quasi vor den Augen aller ermordet. Der mutmaßliche Täter Jiri, ein geistig zurückgebliebener junger Mann, den Lukas aus seiner Kindheit kennt, wurde aus Mangel an Beweisen freigesprochen. Lukas will die Wahrheit herausfinden, doch alle hüllen sich in Schweigen und weisen ihn ab. Nur Helena, die Tochter der Bürgermeisterin und eines Arztes, gibt sich ihm gegenüber bald schon offen. Die 17-Jährige soll angeblich von Denis vergewaltigt worden sein und erwartet ein Kind. Und dann ist da noch die dubiose Apothekerin Magda, die in einer alten Fabrik einen Internet-Medikamentenhandel betreibt, den ihr Neffe Pavel managt.
Je mehr Lukas recherchiert, um so tiefer dringt er ein in dieses Soziotop. Hinter der bürgerlichen Fassade tun sich Abgründe auf: Fremdenhass, Missbrauch, miese Geschäfte. In dieser vermeintlich heilen Welt ist nichts in Ordnung. "Mord im Böhmerwald" richtet den Fokus auf soziale Verhältnisse, die an der Spaltung der tschechischen Gesellschaft Anteil haben. So ist diese Serie brisant und spannend zugleich.
Im Gegensatz zur meist temporeich inszenierten Produktionen aus der "westlichen" Welt, setzt man hier auf Ruhe und Langsamkeit, erzählt eher bedächtig. Die Milieuzeichnung ist intensiv und man nimmt sich viel Zeit für die Figuren. Aus dem sehr frischen Emsemble ragt Matej Andel als Lukas, die zentrale Figur der Serie, heraus.
Mord im Böhmerwald, Arte, Donnerstag, ab 21 Uhr, (4 Folgen), am 8. August die restlichen 4 Folgen.
Volker Bergmeister
