Bremsweg zu Fuß ermessen

01.10.2008 | Stand 03.12.2020, 5:33 Uhr

Selbst zu Fuß ist das plötzliche Anhalten an einer Linie erstaunlich schwer. - Foto: Klier

Heideck (mkl) "Das ist echt krass!", stellten die Schüler der sechsten Klasse der Volksschule Heideck fest, als sie nach einer Vollbremsung aus dem Auto von Rainer Bienlein stiegen. Er war im Auftrag des ADAC Nordbayern im Rahmen der Aktion "Hallo Auto!" an die Schule gekommen.

Zuvor schon hatte er die fünfte Klasse ebenfalls für das Thema "Anhalten" sensibilisiert. Seit 1997 haben fast 5000 Klassen mit mehr als 110 000 Schülern diesen praktischen Anschauungsunterricht erlebt. Ziel ist es, den Schülern zu vermitteln, dass ein Kraftfahrzeug bei Gefahr nicht abrupt anhalten kann, sondern erst einen gewissen Anhalteweg zurücklegen muss.

Zunächst galt es, die Formel "Reaktionsweg + Bremsweg = Anhalteweg" praktisch zu erarbeiten. Die erste Übung war noch einfach: Aus dem schnellen Lauf heraus musste man nach einer Ziellinie stehen bleiben. Beim zweiten Lauf aber schwenkte Rainer Bienlein unvermittelt die Zielfahne. Jetzt lief während der Reaktionszeit erst die Kausalkette Augen-Gehirn-Nerven-Muskeln ab, bevor die Bremsung begann. Die Strecke, die man während der Reaktionszeit zurücklegte plus des anschließenden Bremswegs ergab den Anhalteweg.

Welchen Weg legt aber ein Auto, das mit 50 Kilometern pro Stunde im Ortsbereich unterwegs ist, bis zum Anhalten zurück? Die Schüler schätzten und markierten die vermutete Stelle. Nur einer hatte richtig vermutet: Aus dieser für uns recht niedrig erscheinenden Geschwindigkeit heraus ist der Anhalteweg rund 26 Meter lang. Ein Strecke also, auf dem man unweigerlich von einem Auto erfasst würde, wenn man einfach auf die Straße laufen würde.

Fast noch eindrucksvoller war die Demonstration der Schutzfunktion des Sicherheitsgurtes. Zunächst einmal überprüfte Bienlein das richtige Anlegen: Der Gurt muss über die Schulter geführt werden, darf aber nicht den Hals einschnüren. Für Kinder unter 1,50 Meter Körpergröße ist deshalb ein spezieller Sitz vorgeschrieben. Aus rund 30 Kilometer pro Stunde heraus bremste Bienlein sein Fahrzeug voll ab. Olli meinte hinterher: "Ich dachte, ich würde nach vorne fliegen!" Zum Glück hielt ihn der Gurt zurück.

Bei Tempo 100 oder auf der Autobahn wäre diese Wucht um ein Vielfaches höher gewesen. Und auch der Airbag kann nur dann richtig schützen, wenn der Sicherheitsgurt angelegt wurde. Deshalb die Mahnung, die alle anschaulich mit auf den Weg bekamen: "Sicherheitsgurte anlegen!" Schade nur, dass einige erwachsene Verkehrsteilnehmer ein schlechtes Beispiel gaben, indem sie sich trotz Straßensperre mit ihren Autos an den Schülern vorbeizwängten.