Riedenburg
Bräu aus Leidenschaft

Unternehmer, Stadtrat und Familienvater: Friedrich Riemhofer feiert am Ostermontag seinen 75. Geburtstag

25.03.2016 | Stand 02.12.2020, 20:02 Uhr

Der Bräu und sein Lebenswerk: Friedrich II. Riemhofer hat aus der nach der Familie benannten Brauerei eine moderne mittelständischen Firma gemacht. Am Ostermontag wird er 75 Jahre alt. - Foto: Ammer

Riedenburg (rat) Am 28. März 1941 tobt über Riedenburg ein Gewitter. An diesem Freitag feiert Friedrich Riemhofer seinen 29. Geburtstag. Er ist froh, bei seiner hoch schwangeren Frau Juliane und der kleinen Tochter Walburga zu Hause zu sein. Denn das nationalsozialistische Deutschland führt Krieg.

 In wenigen Tagen wird die Wehrmacht den Balkan überrollen, im Generalstab laufen die Vorbereitungen für den Überfall auf die Sowjetunion im Juni. Riemhofer kennt den Krieg bereits aus eigener Erfahrung. Während einer Wehrübung in Berchtesgaden ist er im August 1939 an die polnische Grenze verlegt worden und am 1. September beim Einmarsch in Polen dabei gewesen. Glücklicherweise kehrte der Bräu und Landwirt Ende 1939 unversehrt heim nach Riedenburg.

Zu seinem 29. Geburtstag macht ihm seine Frau Juliane ein unerwartetes Geschenk. Im Gasthaus zum Schwan am Marktplatz, wo die Familie damals wohnt, bringt sie einen strammen Buben zur Welt. "Ich bin bei Blitz und Donner nach Riedenburg gezogen", sagt Friedrich Riemhofer heute und lacht. Am Ostermontag jährt sich dieses Ereignis zum 75. Mal.

Natürlich wird der ersehnte Stammhalter getauft wie sein Vater. Ab sofort gibt es in der Familie einen Friedrich I. Riemhofer und einen Friedrich II. Riemhofer. Und der wird nicht der letzte Spross mit diesem Vornamen bleiben.

Trotz der schlimmen Kriegszeit verlebt der kleine Friedrich in der malerischen Kleinstadt eine unbeschwerte Kindheit. "Der Vater musste nicht mehr in den Krieg", erinnert sich Riemhofer. Wegen der Brauerei und der Landwirtschaft ist er vom Dienst an der Waffe befreit. "Außerdem hatten wir als Einzige in Riedenburg damals schon einen Traktor." Gleich hinter der Gastwirtschaft, wo heute der Parkplatz ist, liegen die Stallungen. "Wir hatten Kühe, Schweine und drei Pferde. Als Kind war ich in der Landwirtschaft überall mit dabei."

Als im Frühjahr 1945 die US-Armee in Riedenburg einmarschiert, requirieren die GIs natürlich das beste Haus am Platz, den Schwan. Die Familie muss samt Gesinde zwangsweise in ein Häuschen umziehen, das dort steht, wo sich heute das Gasthaus Kini befindet. "Genau dort, wo nun die Stabbogenbrücke ist, führte damals eine Notbrücke aus Holz über die Altmühl", erinnert sich Riemhofer. Denn die ursprüngliche Brücke ist in den letzten Kriegstagen von den Nazis gesprengt worden.

Immerhin muss die Familie in der bitteren Not der Nachkriegszeit dank der eigenen Landwirtschaft nicht Hunger leiden. In der Grundschule tauscht Friedrich die von daheim mitgebrachten Leberwurstbrote gerne gegen die Erbsensuppe ein, die von den Amerikanern als Schulspeisung ausgegeben wird. Nach drei Jahren setzt er seine Schulzeit an Internaten in Fürstenstein bei Passau und in Illertissen fort, wo schon seine Vorfahren den richtigen Schliff erhielten.

"Daheim haben die Eltern keine Zeit für euch und ich muss mich dann mit euch herumärgern", habe ein Lehrer einmal gelästert. Doch Riemhofer besucht das Internat gerne. "Ich war zwar kein guter Schüler, aber ich habe viel Sport getrieben." Bei den Bundesjugendspielen im Jahr 1959 ist er bayernweit der drittbeste Athlet in seiner Altersklasse und erhält eine Auszeichnung. Seine damaligen Leistungen rattert Riemhofer stolz und ohne Zögern herunter: 67 Meter mit dem Schleuderball, über sechs Meter beim Weitsprung und 12,0 Sekunden über 100 Meter. Er bleibt dem Sport bis Mitte der 1970-er Jahre treu, wird mehrfach Kelheimer Kreismeister im Kugelstoßen und Speerwerfen.

Mit 18 Jahren beginnt er eine Brauerlehre im heimischen Betrieb. "Das war eine Selbstverständlichkeit. Ich habe schon als Elfjähriger in der Brauerei mitgeholfen." Die Ausbildung schließt er 1961 bei der Gesellenprüfung in Regensburg als Jahrgangsbester ab. Doch der ehrgeizige junge Mann will wissen, wie an anderen Braustätten gearbeitet wird. Er beginnt ein Praktikum in der Brauerei Deil in Osterberg bei Illertissen. Dort vervollkommnet der Riedenburger nicht nur seine Handwerkskunst, sondern er lernt auch Ursula kennen, die junge, attraktive Tochter des Bräus. Einige Jahre später wird er sie heiraten.

Nachdem er den Braumeistertitel an der Doemens-Schule in München mit Bestnoten erworben hat, steigt er mit Feuereifer in der heimischen Brauerei ein. Die Landwirtschaft ist 1952 verpachtet worden. Es wird ein neues Sudhaus gebaut, der Gär- und Lagerkeller erweitert, die Kapazität der Füllerei von 4000 auf 10 000 Flaschen pro Stunde erhöht. Die Brauerei Donhauser in Hemau wird samt Gaststätten übernommen, ein großes Bierzelt angeschafft. Die brauereieigenen Gasthöfe werden mit viel Geld modernisiert. Den Schwan übernimmt die jüngere Schwester Christl mit ihrem Mann.

Die 1970-er Jahre sind eine spannende Zeit für Riedenburg. Denn der Durchstich des Main-Donau-Kanals steht vor der Tür. Die Familie zählt zu den größten Grundstücksbesitzern in der Stadt, viele Flächen wechseln den Eigentümer und Riemhofer führt beinhart und mit einer Portion Bauernschläue die Verhandlungen. So bleibt der Ruf in die Kommunalpolitik nicht aus. Dem Stadtrat gehört der CSU-Mann von 1978 bis 2002 an. "Ich bin schon vom Vater politisch geprägt worden." Denn Friedrich I. war zweimal Riedenburger Bürgermeister, von 1948 bis 1952 und von 1956 bis 1964. Außerdem fungiert Friedrich II. 26 Jahre als Aufsichtsrat bei der Raiffeisenbank. Er ist viele Jahre Vize-Vorsitzender beim TV Riedenburg und bei der Verkehrswacht.

Stolz ist Riemhofer auf die drei Kinder Wolfgang, Christa und natürlich Friedrich III., der inzwischen als Braumeister, Unternehmer und Kommunalpolitiker keine Scheu vor seines Vaters großen Fußstapfen zeigt. Somit ist sichergestellt, dass die 175-jährige Tradition, die Urahn Simon Riemhofer 1841 mit dem Kauf des Gasthofes Schwan in Riedenburg begründet hat, in der mittlerweile siebten Generation fortgesetzt wird.

Freilich bleiben in einem Leben, das nun ein Dreiviertel Jahrhundert währt, Schicksalsschläge nicht aus. Im August 1999 stirbt völlig unerwartet Ehefrau Ursula im Alter von nur 52 Jahren. "Es war ein Sekundentod", sagt Riemhofer noch heute erschüttert. Seit vier Jahren ist Riemhofer wegen einer schweren Krankheit an den Rollstuhl gefesselt. Es ist eine Strafe für den geselligen Mann, dass er seine kleine Wohnung kaum noch verlassen kann. Über Jahrzehnte ist der Bräu ein gern gesehener Gast an den Riedenburger Stammtischen gewesen, immer bestens informiert und nie um einen spöttischen Spruch verlegen.

Die Brauerei hat er bereits vor zwölf Jahren in die Hände von Friedrich III. gelegt. Mit einer typischen Riemhofer-Weisheit begründet er diese Entscheidung: "Man muss mit warmen Händen übergeben und nicht mit kalten." Der Rat des Seniors ist immer noch gefragt, aber aus dem Tagesgeschäft hält er sich heraus. "Ich habe mir nur den Titel des Qualitätsprüfers gesichert", erzählt er grinsend. Doch leider könne er dieser Aufgabe wegen seiner Erkrankung kaum noch gerecht werden, bedauert er - und zeigt resigniert auf eine Batterie gefüllter Mineralwasserflaschen neben dem Küchentisch. Sein Wunsch für die kommenden Jahre lautet schlicht und dennoch sibyllinisch: "Gott gebe allen, die mich kennen, zehnmal mehr als sie mir gönnen."

Friedrich II. Riemhofer feiert am Ostermontag mit seinen vier Geschwistern, den Kindern und anderen Familienmitgliedern. Gratulanten sind am Dienstag ab 9 Uhr bei einem Weißwurstfrühschoppen auf dem Brauereigelände willkommen.