Boulevard in Prachtbesetzung

"Schwiegermütter und andere Bosheiten" in der Komödie im Bayerischen Hof in München - Traditionsbühne kämpft mit Corona-Folgen

04.08.2020 | Stand 02.12.2020, 10:50 Uhr
Spritzige Inszenierung: Simone Rethel spielt die Schwiegermutter und ist der Star des amüsanten Abends - neben Anna Lena Class, Susu Padotzke und Michael von Au (von links). −Foto: Predieri

München - Mit zwei prall gefüllten Koffern kommt er von einer Dienstreise wieder nach Hause, verschwitzt, abgehetzt und restlos ausgelaugt.

Und die Wiedersehensfreude mit seiner Frau hält sich auch in Grenzen. Zickig gibt sie sich und reichlich abweisend. Denn das Traumpaar von einst ist übereingekommen, sich zu trennen. Henrike und Bernhard haben sich auseinander gelebt. Doch bevor es zu Bernhards Auszug aus dem gar nicht mehr so trauten Heim kommt, gibt es noch einen Aufschub: Henriettes beste Freundin Claudine will an diesem Abend ihren neuen Lover Uwe, ihren Traummann schlechthin, als ihren Zukünftigen vorstellen. Zu dumm nur, dass Henriette vor einigen Jahren eine Affäre mit Uwe hatte, die beide nun kräftig zu vertuschen versuchen. Natürlich vergebens.

Der Zoff nimmt seinen Lauf, um letztlich ins allseitige Happyend zu münden. Und weil das alles für ein Boulevardstück immer noch nicht genügt, lässt der Autor Alexander Olig auch noch Bernhards Schwiegermutter auftauchen, die ja schon längst einmal wieder nach dem Rechten sehen möchte. Klar, dass sie das Ehe-Schlamassel ihrer Tochter und des Herrn Schwiegersohn schon längst vorausgesehen hat.

Ein bisschen dick aufgetragen ist das ja alles, aber in Pascal Breuers spritziger Inszenierung, in der all die Überraschungseffekte entweder wie Knallbonbons aufploppen oder wie hübsche Regie-Apercus hingetupft sind, ist's eine Freude, diese Verwicklungen zu verfolgen, zumal das Stück gut gebaut ist und die Pointen sprudeln wie prickelnder Sekt. Und da sich die Schauspieler in Corona-Zeiten nicht zu nahe kommen, geschweige denn küssen dürfen, weichen die Protagonisten hier auf zahlreiche pfiffige Alternativen aus.

Nach viermonatiger Corona-Zwangsschließung wagt sich die Komödie im Bayerischen Hof mit diesem witzigen und besetzungsstarken Stück wieder aus der verordneten Spielpause, um den drohenden finanziellen Ruin abzuwenden. Denn staatliche oder städtische Subventionen bekommt das einzige noch existierende Boulevardtheater Münchens nicht, da es - im Gegensatz zu den meisten Privatbühnen - in den vergangenen Jahren bei den dafür zuständigen Kulturreferaten und -institutionen keinen Antrag auf finanzielle Unterstützung gestellt hat. Das rächt sich nun, da die Komödie am Münchner Promenadeplatz nun auch auf keiner Subventionsliste steht und dies - wie Theaterleiter Thomas Pekny befürchtet - das Ende des Traditionshauses bedeuten könnte, in dem seit fast sechs Jahrzehnten immerhin die berühmtesten Protagonisten der leichten Muse aufgetreten sind.

Diesen drohenden Verlust gilt es durch Spenden, vor allem jedoch durch regen Besuch zu verhindern, zumal diese Neuinszenierung mit einer Prachtbesetzung aufwartet: Allen voran Michael von Au als der ebenso gestresste wie um das weitere Eheglück reichlich linkisch bemühte Bernhard, der mit trockenem Witz die verfahrene Situation wieder ins Lot bringen möchte. Dazu Susu Padotzke als dessen griesgrämige Gattin, die, vom Ehealltag zermürbt, zu neuen Ufern streben will, die sich freilich noch nicht abzeichnen. Und herrliche Studien von Hochzeitsaspiranten liefern Anna Lena Class als Henriettes quirlige Busenfreundin und Uwes hinschmelzend verliebte Braut in spe im ebenso flippigen wie wunderschönen Outfit (von Ulrike Schuler), während Pascal Breuer den Filou Uwe, der alle Frauen um den Finger wickelt, als unwiderstehlichen Charmeur ideal verkörpert.

Doch der Star dieses amüsanten Boulevardabends ist zweifellos Simone Rethel. Eine teuflisch verschmitzt lächelnde und herzerfrischend hintertriebene Schwiegermutter. Mit aufgesetzter Fröhlichkeit schleicht sie voll Neugierde im Wohnzimmer umher oder spioniert von der Treppe aus (Bühnenbild: Thomas Pekny), damit ihr ja nichts entgeht. Und stets taucht sie natürlich zur unrechten Zeit auf, um ihre Kommentare und Lebensweisheiten wie Giftpfeile abzuschießen. Eine hinreißende schauspielerische Leistung und ein erfrischender Komödiensommerspaß.

DK


ZUM STÜCK
Theater:
Komödie im Bayerischen Hof
Regie:
Pascal Breuer
Bühne:
Thomas Pekny
Kostüme:
Ulrike Schuler
Dauer:
1 Stunde, 30 Minuten
Bis 6. September, Montag bis Samstag 19.30 Uhr; Sonn- und Feiertag: 18 Uhr
Kartentelefon:
(089) 29 28 10