Augsburg
Böse Überraschung beim Techtelmechtel

46-jähriger Monteur wollte Sex und wurde bedroht und beraubt - Entziehungsanstalt und Gefängnisstrafen für vier junge Täter

12.05.2020 | Stand 23.09.2023, 12:00 Uhr
Alfred Haas

Augsburg/Pfaffenhofen - Das Ding, das sich drei junge Männer und eine junge Frau aus der Region leisteten, hätte auch in der ARD-Serie "Heiter bis Tödlich" gedreht werden können.

Allerdings hat in der Schlussszene jetzt die Jugendkammer am Landgericht Augsburg Regie geführt. Unter Vorsitz von Lenart Hoesch schickte das Gericht die Angeklagten relativ humorlos für mehrere Jahre hinter Gitter.

Immerhin mussten sich die jungen Leute wegen schwerem Raub und schwerer räuberischer Erpressung verantworten. Vor Haftantritt geht es jedoch erst in eine Entziehungsanstalt, aus therapeutischen Gründen, wie die Kammer betonte.

Auch beim Aichacher Amtsgericht sind die Angeklagten, bis auf die Frau, alles andere als unbekannt, mit zum Teil entsprechender Hafterfahrung.

Um ihre Drogensucht finanzieren zu können, brauchte das Quartett dringend Geld. Ein Überfall sei wohl das beste Mittel, um schnell flüssig zu werden, glaubten die jungen Leute offenbar. Wer die Idee hatte, konnte vor Gericht nicht eindeutig geklärt werden.

Es war in einer Juninacht 2019, gegen 1 Uhr. Ein 46-jähriger Monteur hatte sich mit der damals 21-Jährigen aus Schrobenhausen zu einem Tête-à-Tête auf dem Parkplatz vor dem Aichacher Freibad verabredet. Aber statt Sex gab es für den Monteur eine böse Überraschung. Auf dem Parkplatz warteten bereits die drei Komplizen der Liebesdienerin, die 50 Euro Vorschuss kassiert hatte, zwei 20-Jährige aus Aichach und ein 26-Jähriger aus dem Landkreis Pfaffenhofen. Der 26-Jährige riss die Fahrertüre auf und bedrohte den Freier mit einem 30 Zentimeter langen Küchenmesser, "Ich stech dich ab, wenn du nicht ruhig bleibst", warnte er den Mann. Die Frau machte sich derweil aus dem Staub. Die anderen beiden Männer versuchten ihr Opfer mit einem Lautsprecherkabel zu fesseln, stellten sich aber so ungeschickt an, dass sie es nicht ganz schafften.

Zunächst fielen ihnen 150 Euro Bargeld in die Hände. Damit nicht genug. Der 46-Jährige musste seine PIN für seine EC-Karte herausrücken. Der 26-Jährige machte sich auf den Weg zum Bankautomaten, nahm aber das lange Küchenmesser mit. Etwas ratlos blieben die anderen zwei zurück. Mit was sollten sie jetzt ihr Opfer in Schach halten? Ein kleines Klappmesser, das sie im Handschuhfach des Autos fanden, musste herhalten. Mit 700 Euro Beute kam der 26-Jährige vom Bankautomaten zurück. 200 Euro hatte er seinen Kumpels unterschlagen und heimlich eingesteckt.

Bevor das Trio wieder verschwand, wurden ihrem Opfer die Augen verbunden. Bis 100 sollte er zählen, bevor er die Augenbinde abnehmen durfte. Dafür versprachen sie, seine persönlichen Dokumente, die schwer wiederzubeschaffen waren, an einer nahe gelegenen Liftfasssäule abzulegen. Das taten sie dann auch.

Er habe während der Tat keine Angst gehabt, schilderte der Monteur dem Gericht. Im Gegenteil, manchmal sei er über die Tölpelhaftigkeit seiner Peiniger sogar amüsiert gewesen. Psychologisch gesehen, sei er "stabiler als viele andere Menschen", begründete er seine Sorglosigkeit. Der 46-Jährige wollte vor Gericht nichts anderes, als sein Geld zurück. Er war auch nicht "sauer" auf die Angeklagten. Nach seiner Aussage stellte er sogar in Aussicht, ein Bier mit ihnen zu trinken.

Das Quartett war umfänglich geständig. Zwei der Täter gaben über ihre Anwälte bereits 350 und 300 Euro an ihr Opfer zurück. Zwei wollen je weiter 500 Euro beisteuern, wenn sie zu Geld gekommen sind. Alle vier entschuldigten sich beim Monteur. Ihre Tat rechtfertigten sie mit ihrer Drogensucht. Auch bei der Tatausführung seien sie "berauscht" gewesen, von Amphetaminen und jeder Menge Alkohol.

Ein Gutachter stellte den Tätern keine günstige Sozialprognose. Er befürchtete, dass sie weiter Straftaten planen, um ihre Drogensucht finanzieren zu können. "Nichts Amüsantes" konnte Staatsanwalt Michael Rauh in der Tat entdeckten. Von einer Affekthandlung könne keine Rede sein. Bei allen vier Tätern sah das Gericht eine "deutliche Reifeverzögerung".

Die 21-Jährige, die als Lockvogel diente, muss zwei Jahre und zehn Monate ins Gefängnis. Einer der 20-Jährigen fünf Jahre und sechs Monate, davon neun Monate Therapie. Der andere fünf Jahre, davon 15 Monate Therapie. Der 26-Jährige, der die tragende Rolle spielte, muss sechs Jahre ins Gefängnis, davon zwei Jahre Therapie. "Es wäre vernünftig, das Urteil schnell anzunehmen, damit Sie rasch die Therapie beginnen können", empfahl Vorsitzender Richter Lenart Hoesch den Angeklagten. Noch im Gerichtssaal nahmen alle vier ihre Strafe an.

PK

Alfred Haas