München (DK
Blonde Prinzessin und brünettes Miststück

Fernsehserien wie "Sturm der Liebe" bedienen sich nach wie vor bekannter Klischees – Modernes Frauenbild Fehlanzeige

23.10.2014 | Stand 02.12.2020, 22:05 Uhr

München (DK) Ein tiefer Blick in die Augen, dann ein Kuss. Im Hintergrund die Schnulzballade „You light up my life“. Es könnte nicht perfekter sein. Niklas und Julia, das Traumpaar der Telenovela „Sturm der Liebe“, das Traumpaar, das sich gefunden hat. Doch der Zuschauer ahnt es schon: Das Glück währt nicht lange, das Böse lauert schon im Hintergrund. Und in diesem Fall heißt es Patrizia. Dass das Böse weiblich und meist dunkelhaarig ist, ist kein Einzelfall in Fernsehserien: Unvergessen bleibt wohl Joan Collins in ihrer Paraderolle als Biest Alexis in Denver Clan.

Telenovelas, Soaps und Serien würden das Klischee von der bösen aber schönen Intrigantin seit Jahren nutzen, erklärt „Sturm der Liebe“-Chefautor Peter Süß. „Die dunkle, fiese Schwiegermutter aus dem Märchen ist so tief in uns verwurzelt, dass wir es gar nicht komisch finden, wenn das Böse immer weiblich ist.“ „Sturm der Liebe“ setzt seit der ersten Sendung auf Stereotypen: Da ist die romantische, oft blonde Heldin und ihr gut aussehender und im Beruf erfolgreicher Traummann. Aktuell sind das Julia Wegener, gespielt von Jennifer Newrkla, und Niklas Stahl, gespielt von Jan Hartmann. Deren böse, dunkelhaarige Kontrahentin ist Patrizia Dietrich (Nadine Warmuth). Wie jedes anständige Serienbiest ist sie sich für keine Intrige zu schade – um ihre Ziele zu erreichen, geht sie über Leichen, zerstört Familien und bringt Paare auseinander. Und das sehr erfolgreich: „Sturm der Liebe“ ist ein Exportschlager und läuft bereits in über 20 Ländern von Mexiko bis Litauen. Pro Folge rund um das Fünf-Sterne-Hotel „Fürstenhof“ schalten am Nachmittag etwa zwei Millionen Zuschauer ein.

„Ob Bitch, Girl next Door oder Material Girl – am Anfang steht immer ein archetypisches Frauenbild“, sagt Süß über die „Traumfrau“ jeder Staffel. Die waren im Beispiel von „Sturm der Liebe“ zwar in den meisten Staffeln sogar dunkelhaarig, „allerdings wird das Bild verfeinert und mit den Typen gespielt“, gibt Süß zu. Und: „Frauen bleiben in den veralteten Machtstrukturen“, kritisiert Maya Götz vom Internationalen Zentralinstitut für das Jugend- und Bildungsfernsehen in München.

So auch bei „Sturm der Liebe“: Aktuelles Traumpaar sind Sternekoch Niklas und Zimmermädchen Julia. Davor waren es Geschäftsführer Leonard und Konditorin Pauline – während dem Mann stets eine Position in der Chefetage eingeräumt wird, sind die Frauen meist nur kleine Angestellte. Götz würde Frauen lieber in Vorbildrollen sehen, „auch mal eine Chemielaborantin oder eine Handwerkerin“, sagt sie. „Die Serie festigt das Frauenbild und kann die Zukunftsperspektive von Mädchen beeinflussen. Wer sie sieht, denkt, so muss das sein und verhält sich unterbewusst auch so“, erklärt sie. Sie würde sich mehr der sogenannten „CSI-Effekte“ wünschen: Wie in den USA sei auch in Deutschland die Zahl von Studienanfängerinnen im Fach Forensik nach dem Start der amerikanischen Polizeiserie nach oben geschossen.

Dennoch ist an Telenovelas und Soaps nicht alles zu verurteilen: Eine Generation, die sonst kaum eine tragende Rolle spielt – nämlich Frauen zwischen 50 und 60 Jahren – bekommt in Serien wie „Rote Rosen“ und „Sturm der Liebe“ weitaus mehr Raum. „Die ,golden girls’ hatten letztendlich auch nur Mädchenprobleme – und darauf kommt es an, um das Publikum zu erreichen“, so Süß.