Riedenburg
Bis zu zehn Rotoren auf den Jurahöhen

CWG stellt Konzept vor: Riedenburg soll Vorzeige-Kommune für die Energiewende werden

28.12.2011 | Stand 03.12.2020, 2:00 Uhr

Hier wird seit dem Jahr 1908 mit regenerativer Energie gesägt: Die CWG-Politiker Karl Freihart (von rechts), Michael Brock, Michael Weber und Konrad Halbig ließen sich von Jung-Sägewerker Tobias Mederer und Chef Norbert Schmid die mit Wasserkraft betriebene Gattersäge erklären - Foto: Rast

Riedenburg (rat) Die CWG plädiert für die Errichtung von bis zu zehn Windkraftanlagen auf den Höhen zwischen Jachenhausen und Keilsdorf. Die Rotoren sollen dazu beitragen, dass Riedenburg bis zum Jahr 2016 zu 100 Prozent mit regenerativer Energie versorgt wird.

Die CWG stellte gestern in Deising ihr detailliertes Energie-Konzept für die Großgemeinde vor. Dessen Ziel lautet: Riedenburg soll schon in wenigen Jahren bayernweit eine Vorreiterrolle bei der Nutzung ökologischer Energien spielen. Zudem soll die Großgemeinde ein Ziel für Energie- und Öko-Touristen werden. Dieses Alleinstellungsmerkmal könne dann in der Werbung eingesetzt werden, erklärte der CWG-Vorsitzende Konrad Halbig.

Der Dritte Bürgermeister berichtete von einem CWG-Ausflug in den kleinen Allgäu-Ort Wildpoldsried. Dort seien die 100 Prozent an regenerativer Energie bereits erreicht – was Scharen an Gästen aus ganz Deutschland in das Besucherzentrum locke.

In Riedenburg sind nach Halbigs Überzeugung ideale Voraussetzungen vorhanden, um ebenfalls zu einer Vorzeige-Kommune in Sachen erneuerbare Energien zu werden. In der Großgemeinde gebe es derzeit zwei Rotoren, sieben Wasserkraftwerke, drei Biogasanlagen, eine Freiflächenphotovoltaikanlage, zahlreiche Solarmodule auf Dächern, Hackschnitzelheizungen und Erdwärmepumpen. Laut Halbig werden in Riedenburg rein bilanztechnisch bereits über 70 Prozent der verbrauchten Energie ökologisch produziert. Der Rest sei bis zum Jahr 2016 ebenfalls zu schaffen. Dann könnten zum Beispiel spezielle Seminare angeboten werden, bei denen das Erfolgsmodell Riedenburg erläutert werde. Davon würde auch die Gastronomie profitieren, so Halbig. Die Tourismus-Referentin Claudia Kleber und der Touristikverein sollten dazu ein Konzept entwickeln.

Der CWG-Fraktionssprecher Michael Weber forderte alle Riedenburger Bürger auf, ihren Beitrag zur Energiewende zu leisten. Nur dann könne der Ausstieg aus der Atomkraft gelingen. Erforderlich seien bessere Isolierungen und der Bau von Niedrigenergie-Häusern. Weber plädierte aber auch für mehr Toleranz gegenüber den Windrädern, die noch gebaut werden müssten. Die CWG hofft, dass in Riedenburg Rotoren auf Genossenschaftsbasis entstehen. Die Bürger könnten sich dann als Investoren einkaufen. „Wenn man das Windrad schon anschauen muss, dann sollte man wenigstens einen Nutzen daraus ziehen“, sagte Weber.

Eine Windkraftanlage koste rund fünf Millionen Euro, ergänzte der CWG-Stadtrat Karl Freihart. Angesichts dieses hohen Kapitalbedarfes sollten sich die örtlichen Banken und möglichst viele Bürger beim Bau von Rotoren engagieren. Theoretisch könnten zwischen Jachenhausen und Keilsdorf zehn Windkraftanlagen verwirklicht werden. Das bedeutet laut Freihart eine Investition von rund 50 Millionen Euro. Wegen der hohen Kosten für Kabel und die Einspeisung der Elektrizität ins öffentliche Netz müssten mehrere Rotoren aufgestellt werden. Andernfalls drohe das Projekt an mangelnder Rentabilität zu scheitern.

Halbig verlangte, das öffentliche Wegenetz für den Bau von Stromtrassen zu nutzen. Hier sei die Kommune gefordert.

Der CWG-Stadtrat Freihart äußerte sich generell enttäuscht über die Passivität der Bundesregierung bei der Energiewende. „Die große Politik liefert nicht“, kritisierte er. Er forderte den forcierten Bau von Hochspannungsleitungen, und bei der Einspeisung von Strom müssten Windkraft- und Biogasanlagen Vorrang genießen. Es könne nicht angehen, dass Windräder vom Netz genommen würden und große Gaskraftwerke derweil weiter Strom produzieren, ärgerte sich Freihart.

Der CWG-Stadtrat aus Thann brach eine Lanze für die Biogastechnologie. Bekanntlich gibt es in Riedenburg drei derartige Anlagen, in Thann, Perletzhofen und die dritte ist dieser Tage in Baiersdorf in Betrieb genommen worden. „Biogasanlagen liefern sicher und kontinuierlich Strom“, erklärte Freihart. Damit könne die Grundlast gedeckt werden. Zudem lasse sich das Biogas gut speichern. Eine Konkurrenz zwischen dem Anbau von Nahrungsmitteln und dem von Energiepflanzen schloss Freihart aus. Er wies darauf hin, dass in den Biogasreaktoren auch beträchtliche Mengen an Gülle landen würden. Die Biogasanlagen in der Großgemeinde sind laut Freihart auch erforderlich, um dem energieaufwendigen „Export“ von Energiepflanzen in andere Regionen einen Riegel vorzuschieben.

Freihart beklagte, dass die Genehmigungsbehörde am Kelheimer Landratsamt noch immer kein grünes Licht für die beiden seit Jahren geplanten Rotoren nahe Jachenhausen gegeben hat. „Im Landratsamt fehlt der Mut, Entscheidungen zu fällen“, rügte der Stadtrat. Der CWG-Fraktionssprecher Weber hofft nun auf einen raschen Sinneswandel bei den Genehmigungsstellen. „In den Dörfern ist die Akzeptanz für die Windkraft da“, stellte er fest. Deshalb sollten Rotoren auch am Rande des Landschaftsschutzgebietes stehen dürfen. Der CWG-Stadtrat Michael Brock fand es „traurig, dass alles so lange dauert“. Die CWG-Politiker äußerten die Hoffnung, dass bis zum Sommer die Voraussetzungen für den Ausbau der Windkraft gegeben sind.

Der Kritik an den Behörden pflichtete der CWG-Beisitzer Roland Hercher bei: „Wir verwalten uns zu Tode“, stellte er fest. Leider blieben zu viele Initiativen im Verwaltungsalltag hängen. Hercher wies darauf hin, dass Riedenburg eine lange Tradition der Nutzung regenerativer Energie nachweisen könne, die bis ins Mittelalter reiche. Danach besichtigten die CWG-Politiker das Deisinger Sägewerk, wo bereits seit dem Jahr 1908 die Wasserkraft genutzt wird.