Hohenwart
"Bio ist nicht nur, dass man nicht spritzt"

Landwirt Peter Großmann erklärt Mitarbeitern von Hipp, wie bei ihm Gelbe Rüben angebaut werden

17.10.2019 | Stand 23.09.2023, 9:02 Uhr
Ortstermin auf dem Rübenacker: Peter Großmann (rechts) erklärt Mitarbeitern von Hipp und auch dem Grundbesitzer Ignaz Graf zu Toerring-Jettenbach, wie bei ihm Karotten angebaut und geerntet werden. −Foto: Lodermeyer

Englmannsberg (PK) Wie kommt die Gelbe Rübe vom Feld ins Hipp-Glas? Um sich einmal anzusehen, wo die Karotten für die Babynahrung eigentlich wachsen, und welche Probleme ein Landwirt bei seiner Arbeit letztlich hat, waren gestern gut zwei Dutzend Mitarbeiter aus der Hipp-Produktion zu Peter Großmann und seinen Söhnen Mathias und Georg nach Englmannsberg gekommen. "Das war ein Wunsch unserer Mitarbeiter", erklärt Jens Gehl vom Agrarmanagement des Babynahrungsmittelherstellers. "Sie wollten einfach einmal sehen, wo die Karotten herkommen, warum sie ungleich sind und warum manchmal auch Erde dran ist."

 


Peter Großmann aus der Nähe von Dachau ist einer der Karottenlieferanten für Hipp und nutzte gestern die Gelegenheit, um den Mitarbeitern aus Pfaffenhofen die Feldarbeit und die Rahmenbedingungen zu erklären. "Wir haben festgestellt, dass die Karotten am besten auf einem Boden wachsen, wo noch nie Karotten angebaut waren", erklärt Großmann. Daher versucht der Landwirt seine Fruchtfolge auf den Feldern so zu rotieren, dass für die Karotten immer ein passender Fleck gefunden wird. "Die Gelbe Rübe mag den sandigen Boden hier", erklärt Großmann die Entscheidung, warum er heuer auf einem Feld bei Englmannsberg Gelbe Rüben angebaut hat. Seit zehn Jahren hat er die Felder dort von der Familie Graf Toerring gepachtet, seit 25 Jahren liefert Großmann bereits Gemüse an die Firma Hipp. "Gerade bei der Babynahrung gibt es strenge Grenzwerte für Nitrat", erklärt Großmann. Bevor überhaupt irgendwo angebaut wird, untersuchen die Landwirte daher den Boden, ob es überhaupt passt.

 

Dazu komme, dass Hipp Wert auf Bioqualität legt und auch Großmann selbst ebenfalls nur Biokost verkaufen will. Daher sind Gifte und auch chemische Dünger tabu. "Man muss alles tun, dass die Pflanze ohne Chemie gesund wächst. Bio ist dabei nicht einfach nur, dass man nicht spritzt", erklärt Großmann. "Im Biobereich bauen wir die Karotte beispielsweise auf einem Damm an." Diese Dämme ziehen Großmann und seine zwei Söhne Mathias und Georg sowie die Mitarbeiter im Frühjahr ein, einige Tage später kommen die Karottensamen. "Die erste Welle Unkraut können wir etwa zwei Wochen später abflammen", erklärt Großmann. Hier gelte es den richtigen Zeitpunkt zu erwischen, denn die Gelbe Rübe darf zu der Zeit noch nicht zu stark gewachsen sein: "Die Karotte darf nicht mit abgeflammt werden." Später wird das Unkraut auf dem Feld maschinell entfernt - und per Hand. Allein heuer haben sie 250 Arbeitsstunden pro Hektar für diese Handarbeit gebraucht, erzählt Großmann. "Einen Hektar so zu bewirtschaften kostet 3000 Euro; würden wir das Unkraut chemisch vernichten, wären es 100 Euro", sagt Großmann. "Bio ist teurer und muss auch teurer sein, weil wir es nicht anders schaffen." Zudem werde es immer schwerer, für die Handarbeit genug Helfer zu bekommen. "Früher waren unsere Hilfsarbeiter aus Polen, jetzt kommen sie aus Rumänien - aber auch dort geht es wirtschaftlich bergauf", sagt Großmann. "Die Personalfrage wird immer schwieriger."

Die Ernte selbst geht mit einem Vollernter über die Bühne. Erst wird mit einem Roder das Kraut abgeschnitten, mit dem Vollernter - wie auch bei der Kartoffel - werden die Rüben aus dem Boden gezogen. Die Feldfrüchte kommen dann aber noch nicht direkt zu Hipp. In einem Lager sortieren die Landwirte die Rüben schon einmal vor, beispielsweise kommen krumm gewachsene Rüben gar nicht nach Pfaffenhofen. Wie die Hipp-Mitarbeiter erklären, kann die Produktion solche verwachsenen Karotten nicht annehmen: Womöglich ist in Falten oder Knicken sonst Reste, die sonst in der Maschine lande und die Arbeit so erschwere. Daher sollen die Karotten auch nicht verdreckt - also direkt vom Feld - zu Hipp kommen.

Die Gelegenheit sich die Arbeit auf dem Gelberübenfeld anzusehen nutzte gestern auch Ignaz Graf zu Toerring-Jettenbach. "Das Gut Englmannsberg ist ja seit etwa 400 Jahren im Besitz der Familie Graf Toerring", erklärt er. Auf seinem Grund seien ihm sowohl Bioanbau als auch Regionalität wichtig, erklärt er.

Bei Karottenkuchen und gewürzten Karottenstücken zogen die Beteiligten gestern schließlich ein positives Fazit. "Es ist gut, wenn man einmal direkt vor Ort spricht. Natürlich kann man schon mal geschimpft kriegen, wenn gschlampert gearbeitet wird. Aber nach heute gibt es sicher mehr Verständnis für die Probleme und Umstände des jeweils anderen", sagte Großmann.

Claudia Lodermeyer