Eichstätt
Bilder des Jenseits in der Malerei

Professorin Friederike Wille sprach über Bilder des Jenseits Wintervortragsreihe endet heute

01.02.2017 | Stand 02.12.2020, 18:43 Uhr

Eichstätt (buk) Eigentlich haben kunsthistorische Abende in der Wintervortragsreihe immer verlässlich ein größeres Publikum angezogen. Warum dies am vergangenen Donnerstag nicht der Fall war, bleibt unerklärlich. Zum einen dürfte das Thema des Vortrags von großem Interesse gewesen sein, zum anderen erwies sich die Referentin als informativ und unterhaltsam zugleich.

Professorin Friederike Wille aus Berlin sprach zum Thema "Grenzen überschreiten mit Malerei. Bilder des Jenseits in der Zeit Dantes" - bedauerlicherweise vor nur 20 Zuhörern im Kapuziner-Hörsaal.

Es gehe um nichts Geringeres als um die Grenzen der Welt, wie die Referentin in einem erhellenden Eingangskapitel vorausschickte: Hier zeigte sie "Mappa mundi"-Darstellungen aus dem 13. und 14. Jahrhundert - Weltkarten, welche das damalige geografische Wissen abbildeten: Diese waren nicht genordet, sondern geostet und bezogen neben geografischem auch Heilswissen mit ein. Der Erdkreis war vom Wasser umgrenzt; in diesen Grenzbereich schickt Dante in seinem berühmten Werk Odysseus, der von der Neugier, der "curiositas", getrieben die Welt hinter der Sonne erkunden will - als eine verdammte Figur, die im Inferno nach Erkenntnis strebt. Dabei sei nach Dante die Welt von Licht, also unscharf, begrenzt. Später wird Dante selbst, so die weiteren Ausführungen der Referentin, zur von Künstlern gemalten Figur, welche Grenzen überschreitet.

Dabei sei das 14. Jahrhundert "eine Schwellenzeit zwischen Spätmittelalter und Frühneuzeit, in der vieles in Bewegung gerät", erklärte Wille. Dies sei schon im Jahr 1305 der Fall gewesen, als der florentinische Maler Giotto di Bondone (1266-1337) an die Hauswand eines Bankiers in Padua das "Jüngste Gericht" malte. Dabei gelang es ihm, die Zone, die das Jetzt vom Später, das Diesseits vom Jenseits trennt, künstlerisch äußerst diffizil zu gestalten. Ein Fenster in dieser Wand lässt etwa die goldene Aura der Sphäre Gottes in diffusem Gegenlicht scheinen.

Im unteren Bereich aber thront Satan, der in realistischer Darstellung die Seelenkörper auffrisst und danach wieder ausscheidet - ein aus heutiger Ansicht reichlich unappetitlich wirkender Kreislauf, der unter Zeitgenossen aber seine furchteinflößende Wirkung nicht verfehlte. Während der Himmel auf diesem Fresko fern und hoch scheint, findet sich der Betrachter auf Augenhöhe mit den Verdammten, welche Höllenqualen erleiden. An den Seitenwänden der Kapelle finden sich die Allegorien von Tugenden und Lastern, deren Bezüge die Dozentin verständlich erklärte.

Anschließend stellte Friederike Wille, als Gegenpol zur Monumentalmalerei, eine um 1360 entstandene Handschrift der "Göttlichen Komödie" vor, in der Dante Vergil durch die Hölle führt und aus sicherer Entfernung Luzifer beobachtet. Auch für den Abschluss ihres Vortrags hatte Wille das richtige Gespür: So folgten apokalyptische und eschatologische Darstellungen des Camposanto von Pisa - zehn Meter hohe und 14 Meter breite Monumentalfresken, auf denen das Thema Tod oft drastisch abgebildet wird, beispielsweise mit Leichen in verschiedenen Verwesungszuständen.

Am heutigen Donnerstag hält Professor Michael Schwarze aus Konstanz den letzten Vortrag der Reihe mit dem Titel: "Im Grenzbereich: Dantes Göttliche Komödie". Die Veranstaltung beginnt um 18.15 Uhr im Hörsaal 209 des Kapuzinerklosters.