Ingolstadt
Belastung auf Monate hinaus

Nach Schuldspruch im Bauamtsprozess bleiben Behördenleiter und Stellvertreter im Amt

01.09.2014 | Stand 02.12.2020, 22:17 Uhr

Ingolstadt (DK) Offiziell will es keiner sagen, aber der Schuldspruch gegen den Leiter des Hochbauamtes der Stadt Ingolstadt und seinen Stellvertreter hat die Stadtspitze erschüttert. Die beiden Beamten bleiben auch nach der Verurteilung wie gehabt im Amt – und kämpfen für einen Freispruch in zweiter Instanz.

Ein Wochenende mit Barthelmarkt hat nur kurz darüber hinweggetäuscht. Noch immer ist der Schuldspruch gegen den Hochbauamtsleiter und seinen Stellvertreter das Rathausgespräch überhaupt; vom einfachen Kollegen bis hin zur Stadtspitze. Ein offizielles Statement der Stadt zur Verurteilung ihrer beiden Beamten wegen – nach Ansicht des Amtsgerichts – illegaler Absprachen bei der Vergabe der Schulneubauten in der Ochsenschlacht bleibt aber aus: „Es ist ein laufendes Verfahren“, begründet Stadtsprecher Gerd Treffer das anhaltende Schweigen. Bis das Urteil nicht rechtskräftig sei, werde wie bisher kein Kommentar zu dem Fall abgegeben. Nur einer: „Selbstverständlich wird es keine personellen Veränderungen geben.“ Das heißt, der Hochbauamtsleiter (38) und sein Stellvertreter (56) bleiben im Amt und gehen wie bisher ihrer Arbeit nach.

Die dürfte in den kommenden Wochen und Monaten nicht nur wegen der vollen Auftragsbücher des Hochbauamtes fordernd bleiben. Immerhin soll die Behörde unter anderem den Bau des Museums für Konkrete Kunst in der Gießereihalle, die Theatersanierung samt Bau und Umbau von Ausweichspielstätten sowie die drängenden Schulsanierungen (Reuchlin, Katherl) stemmen; allesamt Millionenprojekte. Als quasi fortwährende Erinnerung an den Gerichtsprozess muss auch weiter am Schulzentrum Südwest gebastelt werden. Nachdem die neue Mittel- und die Realschule – mit der heftigen juristischen Begleiterscheinung – stehen, wartet das Apian-Gymnasium auf seinen Neubau.

Hinzu kommt für die Amtsführung die mutmaßlich noch einmal gestiegene (seelische) Belastung durch das weiterhin laufende Gerichtsverfahren und die – aus ihrer Sicht – ungerechtfertigte Verurteilung. Noch im Gerichtssaal hatten die Angeklagten und ihre Verteidiger am Freitag angekündigt, das Urteil (Geldstrafen über rund 25 000 Euro) so nicht akzeptieren zu wollen. Alle Anwälte hatten in ihren Plädoyers einen Freispruch gefordert; auch die der drei ebenfalls angeklagten Architekten. Sie werden Rechtsmittel einlegen.

Anwalt Arne Gietl, der den stellvertretenden Amtsleiter verteidigt, wollte den Schriftsatz mit der Berufung gestern Abend im Amtsgericht einwerfen, sagte er dem DK. Ob es dann zu einem neuen Tatsachenprozess am Landgericht kommt, ist offen. Bis einen Monat nach Zustellung des schriftlichen Urteils durch das Amtsgericht kann der Anwalt (und seine Kollegen) den Antrag noch in eine Revision – und entsprechend umgekehrt – umwandeln. Dann würde die Entscheidung des Amtsgerichts vom Oberlandesgericht München auf Rechtsfehler überprüft werden.

Im Hochbauamtsprozess ergeben sich möglicherweise Anknüpfungspunkte: So lehnte Amtsrichter Christian Veh kurz vor dem Urteilsspruch einen umfangreichen Beweisantrag von Anwalt Gietl mit den Worten, dieser sei „zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich“, ab. Gietl wollte zahlreiche städtische Beamte (bis hin zu Kulturreferent Gabriel Engert) als Zeugen hören, um die Glaubwürdigkeit der Kronzeugin anzuzweifeln. Die ehemalige Mitarbeiterin des Bauamtes hatte den Fall ins Rollen gebracht. Sie sei „zu 100 Prozent glaubwürdig“, sagte der Richter.

Veh gestand in seiner Urteilsbegründung aber auch ein, man könne über die rechtliche Bewertung des Falles durchaus diskutieren. Viele Monate, vielleicht sogar Jahre werden ins Land gehen, bis das Urteil – welcher juristischen Instanz dann auch immer – rechtskräftig werden dürfte.